ORFORD, MARTIN - The Old Road
Mehr über Orford, Martin
- Genre:
- Progressive Rock
- Label:
- Inside Out / SPV
- Release:
- 07.11.2008
- Grand Designs
- Power And Speed
- Ray Of Hope
- Take It To The Sun
- Prelude
- The Old Road
- The Time And The Season
- Endgame
Der Ausnahmemusiker und Prog-Meister zelebriert seinen Schwanengesang – ein herber Verlust für die Progwelt!
Martin Orford ist für alle Zeiten verbunden mit drei Namen: JADIS, IQ und Giant Electric Pea Records. Für ihn ist das alles jedoch jetzt vorbei. Schon 2006 hat er bei JADIS den Hut genommen, 2007 kehrte er IQ den Rücken, und nun lässt er auch sein kleines, aber sehr feines Proglabel sterben. Das Interessante und Schockierende daran ist, dass er als Grund die Internetpiraterie im Allgemeinen angibt. Und ich dachte immer, dass gerade Progger das Original haben wollen würden? Ist eine CD nicht mehr als nur Töne, ist nicht ein Booklet und die visuelle Umsetzung eines Werkes gerade bei Progressive Rock ein essentieller Teil des Gesamtwerkes? Ich möchte keine Buchausgabe der FLOWER KINGS, TRANSATLANTIC, das fantastische Cover von IQs "Dark Matter" oder die Linernotes von JADIS' "Medium Rare" missen. Downloads können das Gefühl nicht ersetzen, das man hat, wenn man eine neue CD erworben hat, aufreißt und in den Player schiebt, bei den ersten Tönen das Cover betrachtet, und während der nächsten Minuten das Booklet genießt.
Offensichtlich irre ich mich. Was für junge Bands eine einzigartige Chance ist, die Kunde ihrer Existenz zu verbreiten, ist der Fluch sobald man aus der Eigenproduktionsphase heraus in die Kommerzialität emporgestiegen ist (und komme mir bitte keiner mit "Scheiß-Kommerz", von irgendwas muss der Künstler ja auch leben). Nun zieht Martin Orford die Konsequenzen, und erst in den kommenden Jahren werden wir Fans wirklich begreifen, was für ein Ausnahmekünstler da das Handtuch geworfen hat.
Den Beweis dafür tritt Orford noch einmal mit "The Old Road" an. Zu diesem Zweck hat er ein paar Kollegen geholt, die aus dem Album ein All-Star-Projekt machen; Nick D'Virgilio von SPOCK'S BEARD ist genauso dabei wie Gary Chandler von JADIS, Steve Thorne und John Wetton von ASIA und KING CRIMSON. Dass mit einem solchen Ensemble die instrumentale Seite keine Wünsche offen lässt, ist sicher keine Überraschung. Speziell Nicks Drumming ist wie immer über jeden Zweifel erhaben, und dass die Herren alte Hasen sind, erkennt man schon daran, dass jegliche selbstverliebte Eskapaden fehlen. Zwar klingen einige Teile wie eine Jamsession, doch bleibt immer der rote Faden erhalten und der Song im Mittelpunkt.
Stilistisch verharrt "The Old Road" natürlich in den heimischen Gewässern und damit auch bei gebremster Härte, aber das überrascht wohl ebenfalls niemanden. Das Eröffnungslied 'Grand Designs', das bereits opulent und passend betitelt auf die nächsten 65 Minuten einstimmt, klingt ein wenig wie MARILLION zu ihren besten Zeiten, oder frühe GENESIS, nur mit ordentlicher Produktion und ohne Gabrielsche Verrücktheiten; beim Beginn von 'The Time And The Season' denkt man unwillkürlich an Mark Kelly; und in der Mitte von 'Endgame' darf sogar einmal die "Seasons End"-Zeit der Briten durchschimmern. 'Take It To The Sun' ist dramatisch wie zuletzt auf ARENA-Scheiben, und 'Out In The Darkness' könnte als Melange aus IQ und JADIS treffend beschrieben werden.
Das Highlight des Albums ist allerdings der Titeltrack, der trotz über acht Minuten viel zu schnell zu Ende ist. Bombastische Attacken, melancholische Lyrik untermalt von ebensolchen Klängen, und dann doch wieder losgerockt. Prädikat: Brillant. Hat er möglicherweise seine beste Komposition erst jetzt, am Ende seines langen, produktiven Weges geschaffen? Das mag jeder selbst entdecken und entscheiden, Fakt ist, dass dieses Album zeitlos ist, schön, traurig und dennoch positiv. Wenn die Tage jetzt kürzer werden und es draußen stürmt und heult, kann man sich mit "The Old Road" von innen wärmen lassen.
Ich werde die Hoffnung nicht aufgeben, dass Martin Orford irgendwie doch weitermacht. MARILLION haben es vorgemacht, wie man Musik in Eigenverantwortung zusammen mit den Fans erfolgreich machen kann. Vielleicht könnte Martin da mal anrufen, so dass wir demnächst Orford unter Racket Records bekommen können?
Anspieltipps: Grand Designs, Power And Speed, Ray Of Hope, Take It To The Sun, Prelude, The Old Road, Out In The Darkness, The Time And The Season, Endgame (ups – das sind ja alle….)
- Redakteur:
- Frank Jaeger