ORPHAN HATE - Blinded By Illusions
Mehr über Orphan Hate
- Genre:
- Thrash/Death/Metalcore
- Label:
- Plainsong Records
- Release:
- 09.05.2008
- Walk Straight
- 24/7 Liar
- Circus
- King's Misery
- No Matter What...
- Evil A
- Homeless
- This Child
- Etude No.
- Passion
- The Spine (I've Never Had)
- Nothing's What It Seems
- Pull Out Some Hope
- Fragrance
Argh, nicht schon wieder! Ob die Bezeichnung "female fronted metal" nur für schwanzgesteuerte Individuen kreiert wurde, die wissen müssen, ob sie bei einer Band auch was "zum gucken" haben, weiß ich nicht, es wäre aber zumindest nicht gänzlich aus der Luft gegriffen. Während die Unterscheidung, ob eine Band nun Thrash oder Black Metal spielt, ja durchaus Sinn macht, ist es doch vollkommen Rille, ob da ein Er oder eine Sie am Mikro steht. Im hier vorliegenden Fall macht solch eine Kategorisierung erst recht keinen Sinn, denn wir haben es hier nicht mit einem NIGHTWISH- oder WITHIN TEMPTATION-Abklatsch zu tun, sondern mit einer irgendwo zwischen modernem Thrash, stampfendem Melodic Death und aggressivem Metalcore angesiedelten Combo, die zudem mit Sina Niklas eine Sängerin in ihren Reihen hat, die alles andere als typischen Frauengesang zum Besten gibt (wenn man damit die Chanteusen der oben genannten Bands verbindet). Also, die u. a. von Labelseiten hier und da gern mal ins Spiel gebrachte Bezeichnung "female fronted metal" ist doof. So, das musste mal raus ...
Also gut, wenn wir einmal bei den Vocals sind, dann sei an dieser Stelle betont, dass Sängerin Sina, die seit 2004 zum Line-up gehört, unheimlich vielseitigen und ausdrucksstarken Gesang auf die eh schon guten und wild vorwärts gehenden Songs draufsetzt. Neben aggressivem Schreien und Growlen umfasst ihre Bandbreite auch klasse Clean Vocals, die stellenweise beinahe hypnotisch wirken. Damit braucht sie wahrlich keinen Vergleich mit ähnlich ausgerichteten Bands zu scheuen, egal ob mit männlichem oder weiblichem Brüllwürfel.
Während ORPHAN HATE wie erwähnt im modern gewandeten Thrash/Death Metal verwurzelt sind, auch corige Sachen in ihren Sound integrieren und bislang hauptsächlich als Liveband in Erscheinung traten, stellen sie nun unter Beweis, dass sie auch auf Platte einen bleibenden Eindruck hinterlassen können. Die Produktion entspricht den heutigen Standards, die Songs kommen kraftvoll und energiegeladen daher, veredelt durch furioses und doch schön melodisches Gitarrenspiel, explosives Drumming und natürlich den starken und variablen Gesang. Alles in allem ein druckvolles und zugleich abwechslungsreiches Vergnügen - genau so muss eine Metalscheibe klingen.
Die Berliner heben sich aber vor allem in einem Punkt vom grauen Mittelmaß ab: Sie haben Songs am Start, die schon nach dem zweiten Hördurchlauf hängen bleiben und absolut ansteckend wirken. Das Zusammenspiel der verschiedenen Stilelemente aus dem Thrash-, (Melodic-)Death- und Core-Bereich funktioniert perfekt - die Songs kommen homogen und zugleich sehr gradlinig daher. Auch die Lyrics sind alles andere als lieblos dahingeschludert, die allesamt aus der Feder von Sängerin Sina stammenden Texte setzen sich auf anspruchsvolle Art und Weise mit zwischenmenschlichen und gesellschaftlichen Themen auseinander und runden die Scheibe gut ab.
Ach, und eh ich es vergesse: "Blinded By Illusions" ist tatsächlich erst das Debütalbum der hoch talentierten Berliner Combo, wenngleich man natürlich einschränkend festhalten muss, dass ORPHAN HATE als Band schon seit zwölf Jahren existieren und bereits auf zwei Eigenproduktionen und ein Demo zurückblicken können. Dennoch, da dürfte das Ende der Fahnenstange noch lange nicht erreicht sein. Wir dürfen gespannt sein und harren in Vorfreude der Dinge, die da noch kommen mögen.
Anspieltipps: Walk Straight, Circus, No Matter What..., Homeless
- Redakteur:
- Stephan Voigtländer