ORPHANED LAND - All Is One
Auch im Soundcheck: Soundcheck 06/2013
Mehr über Orphaned Land
- Genre:
- Oriental Metal
- ∅-Note:
- 9.00
- Label:
- Century Media (EMI)
- Release:
- 21.06.2013
- All Is One
- The Simple Man
- Brother
- Let The Truce Be Known
- Through Fire And Water
- Fail
- Freedom
- Shama Im
- Va Benaye
- Our Own Messiah
- Children
Unverwechselbar - und doch mit nicht unwesentlichem Kurswechsel
Auch wenn ORPHANED LAND eine Band ist, die man dem Wortsinne nach definitiv als progressiv bezeichnen muss, so ist die Progressivität im Sinne von anspruchsvollem Gefrickel und vertrackten Songstrukturen auf diesem Album ein deutlich weniger prägender Bestandteil als zuvor. Die Komplexität wurde zurückgeschraubt, wodurch den Songs leichter zu folgen ist. Selbst Sänger Kobi Farhi hat zugegeben, dass es ihnen dieses Mal wichtig war, möglichst wenig komplex zu agieren. Diese griffigere Struktur sorgt auch für den durchaus intendierten Effekt, dass man die Songtexte besser und schneller versteht. Es spricht ja schon direkt aus dem Albumtitel "All Is One", dass die Botschaft dieses Mal nicht verpackt werden, sondern plakativer wirken und unmittelbar aufnehmbar sein sollte.
Dennoch gibt es natürlich Konstanten. Opulent, bis ins Bombastische hineingleitend, ist die musikalische Ausgestaltung. So werden acht klassische Streicher und ein 15-stimmiger Chor in Szene gesetzt - auch dies ist ein Indiz dafür, warum die Songs harmonischer, eingängiger und stellenweise auch melancholischer ausgefallen sind. Vor allem aber sorgt es dafür, dass das symphonische, orchestrale Element mehr an Bedeutung gewinnt, was in solchen Momenten etwa Assoziationen zu älteren THERION-Werken aufkommen lassen kann ('Shama'im' - vor allem die Gesangslinien). Die gesangliche Vielseitigkeit, auch dies ja ein Markenzeichen von ORPHANED LAND, wurde reduziert - es gibt weniger Frauengesang ('Through Fire And Water'), auch Kobi Farhis Growling ('Fail') wird kaum noch eingesetzt, stattdessen dominieren seine allerdings wunderbaren, immer irgendwie leicht schwermütig wirkenden Clean Vocals. Es gibt generell weniger stilistische Schlenker nach rechts und links, so dass es zu verstehen wäre, wenn mancher die Platte als zu gleichförmig empfindet oder sich am starken folkloristischen Einschlag (da, wo die Verknüpfung mit harten Metal-Riffs oder kraftvollem Gesang fehlt) stört. Oder um in Schubladen zu sprechen: Der Oriental Metal weicht zunehmend dem Oriental Rock.
Dass es weniger vertrackte Strukturen gibt, macht die Songs zwar nachvollziehbarer und in gewisser Weise eingängiger, als progressives Prunkstück kann man "All Is One" aber sicherlich nicht (mehr) bezeichnen. Während man früher verschiedenste Stilistiken wie auch aus dem Death und Doom Metal ausbalanciert und komplexer Songstrukturen miteinander verwoben hat, spricht nun die Musik noch direkter zum Hörer. Genau diesen Effekt wollte man vermutlich auch erreichen. Und das funktioniert, weil in den überwiegenden Fällen die Songs griffig, die Hooklines prägnant und die Melodien mitreißend sind. Auf das Wesentliche runtergebrochen, ist dieses Album sicherlich das fokussierteste, direkteste Werk der Israelis und läuft nicht Gefahr sich in etwas zu friemeligen Parts zu verlieren, was auf dem Vorgänger "The Never Ending Way Of ORwarriOR" manchmal der Fall war. "All Is One" ist demgegenüber ein Album, das sich schlüssiger und strukturierter anhört – bei aller möglichen Kritik also durchaus eine runde Sache. Man schippert jedoch zunehmend in ruhigeren Gewässern, härtere Ausbrüche sind seltener geworden, bis auf den eröffnenden Titelsong und das mit dem sporadischen Growling versehene 'Fail' hält sich das insgesamt sehr in Grenzen.
Mit "All Is One" schlagen die Israelis also einen Weg hin zu einer flüssiger und nachvollziehbarer aufgebauten Platte ein, was möglicherweise dem einen oder anderen Anhänger komplexerer Strukturen in der Musik von ORPHANED LAND etwas sauer aufstoßen könnte. Doch weit gefehlt, davon zu sprechen, dass man sich selbst limitiert. Der vertonte Stil und auch die Nachhaltigkeit der transportierten Botschaft sind nach wie vor einzigartig. Man sollte die Platte nicht als zu "poppig" verdammen, immerhin waren einschmeichelnde, sehr harmonische Passagen und "große" Melodien auch auf dem Erfolgsalbum "Mabool" und dem nachfolgenden "The Never Ending Way Of ORwarriOR" ein prägender Bestandteil. Dies wurde weiter ausgebaut, mit dem herausragenden 'Brother' an der Spitze. Es handelt sich jedenfalls um eine logische Entwicklung, die nicht mit der Vergangenheit der Band bricht.
Anspieltipps: Brother, Fail
- Note:
- 9.00
- Redakteur:
- Stephan Voigtländer