ORPHANED LAND - Unsung Prophets And Dead Messiahs
Auch im Soundcheck: Soundcheck 01/2018
Mehr über Orphaned Land
- Genre:
- Gothic Metal
- ∅-Note:
- 7.50
- Label:
- Century Media / Sony
- Release:
- 26.01.2018
- The Cave
- We Do Not Resist
- In Propaganda
- All Knowing Eye
- Yedidi
- Chains Fall To Gravity
- Like Orpheus
- Poets Of Prophetic Messianism
- Left Behind
- My Brother's Keeper
- Take My Hand
- Only The Dead Have Seen The End
- The Manifest - Epilogue
Faszinierende Musikalität und Detailverliebtheit, aber nicht der magische Sog einer "Mabool".
Seit langer Zeit hat es mir diese Band aus Israel angetan, hat sie sich mit ihrer einzigartigen Mischung aus Doom Metal, klarem wie extremerem Gesang beiderlei Geschlechts (neben Stimmwunder Kobi Farhi ist Shlomit Levi die weibliche Stimme und Tompa Lindberg der Growler), orchestralen Arrangements, orientalischer Folklore mit entsprechender Instrumentierung und progressivem Songwriting doch eine sehr eigene Nische geschaffen. Dazu kommt außerdem das sympathische Auftreten im Rahmen ihrer mitreißenden Konzerte und der unermüdliche künstlerische und menschliche Einsatz für ein friedliches Miteinander der abrahamitischen Religionen. Ja, an sich fällt es schwer, ORPHANED LAND nicht zu mögen, und so rennt die Band bei mir erstmal auch mit ihrem erst sechsten Studioalbum "Unsung Prophets & Dead Messiahs" offene Türen ein, das sich selbstversändlich wieder mit Geschichten aus Judentum, Christentum und Islam befasst.
Schon beim ersten Hördurchlauf wird klar, dass ORPHANED LAND sich in jeglicher Hinsicht treu geblieben ist. Einmal mehr gelingt die Synthese aus orientalischen und metallischen Klängen hervorragend; und auch das vielseitige Instrumentarium verschmilzt galant zu einem Teppich warmer, verzaubernder, schwelgerischer Klänge, die den Hörer mit sich nehmen in die Welt des nahen Ostens und ihn dort mit seiner Schönheit aber auch mit seinen Konflikten und seinen schicksalhaften Verwicklungen konfrontieren. Gerade mit einem ruhigen Stück wie 'All Knowing Eye' und dessen gefühlvoller Interpretation mit zweistimmigem Klargesang und fein gezupfter Bouzouki, das sich metallischer Klänge weitgehend enthält, klingt das hervorragend; aber auch mit dem traditionell-liturgisch klingenden 'Yedidi' mit seinem hebräischen Gesang oder dem orchestral-bombastischen 'Like Orpheus' bei dem BLIND GUARDIANs Hansi Kürsch als Gastsänger zu hören ist. Die stilistische Bandbreite reicht dabei von zartfühligen Balladen über orientalische Folksongs und breitwandige orchestrale Epen bis hin zu harten, extemmetallischen Attacken wie in 'Only The Dead Have Seen The End Of War'.
Alles also in bester Ordnung im verwaisten Land? Nun, ja! "Unsung Prophets & Dead Messiahs" ist ein Album voller wunderschöner Melodien, detailverliebter Arrangements und faszinierender Musikalität. Man merkt dem Album stets an, wie viel Hingabe in ihm steckt, und wie kreativ die Musiker sich sowohl ihrer Musik als auch ihren Texten widmen. Daher bin ich mir sehr sicher, dass die meisten Freunde der Band, die ihr seit den doomigen Anfängen bis heute die Treue gehalten haben, auch mit dem neuen Werk glücklich werden dürften. Der Grund warum es bei mir dann doch nicht für richtige Euphorie reicht, ist im Endeffekt, dass das gut einstündige Album mit seinen dreizehn Stücken zum einen hier und da doch ein wenig langatmig geworden ist, und dass es ihm in genau diesen Momenten nicht gelingt eine solche unwiderstehliche Dynamik zu entfesseln, wie dies sein großer Vorgänger "Mabool" im Jahre 2004 geschafft hat.
Wo "Mabool" den Hörer eben wie eine Sintflut mit sich riss, wo es kein entkommen aus diesem mantrischen Sog gab, in den sie dich zog, da driftet das neue Album für den allzu metallisch sozialisierten Fan dann doch hier und da zu sehr in beschaulichere World-Music-Bereiche. Das ist nicht schlimm, aber für mich nimmt es dem Album doch phasenweise die magische Anziehungskraft, welche die Band in ihren besten Momenten hat. Dennoch bin ich mir absolut sicher, dass die Scheibe keinen getreuen Anhänger der Israelis enttäuschen wird; denn einzelne Songs wie das sehnsuchtsvolle und hochemotionale 'Take My Hand' sind nach wie vor ganz großes Gefühlskino. Von daher bin ich auch zuversichtlich, dass das Album noch weiter wachsen kann, wenn man ihm Zeit und Hingabe widmet.
- Note:
- 7.50
- Redakteur:
- Rüdiger Stehle