OSBOURNE, OZZY - Ordinary Man
Mehr über Osbourne, Ozzy
- Genre:
- Hard Rock / Heavy Metal
- ∅-Note:
- 7.00
- Label:
- Sony Music
- Release:
- 21.02.2020
- Straight To Hell
- All My Life
- Goodbye
- Ordinary Man
- Under The Graveyard
- Eat Me
- Today Is The End
- Scary Little Green Men
- Holy For Tonight
- It's A Raid
- Take What You Want
Ein modernes (Hard) Rock-Album - als Karriereabschluss?
Der Madman ist zurück - OZZY OSBOURNE beehrt uns mit seinem ersten Studioalbum seit unglaublichen zehn Jahren. Daher ist die Erwartung natürlich unfassbar. Wie kann "Ordinary Man" in dieser Diskographie bestehen? Das unscheinbare Cover hat nicht allzu viel Aussagekraft. Die Gästeliste macht stutzig, doch dazu später mehr. Natürlich steht man vor der Frage: Erleben wir ein Album auf dem Niveau des letzten BLACK SABBATH-Drehers, der ja wirklich großartig war? Kommt Ozzy zurück auf sein Niveau der Achtziger Jahre? Oder knüpft er an die eher durchwachsenen Alben des neuen Jahrtausends an? Wir wagen uns einfach durch das Album durch, das ich erst seit heute Morgen kenne.
Nun, den Opener 'Straight To Hell' kennen viele sicher schon. Normal bedient auf diesem Album ja Produzent Andrew Watt den Sechssaiter, aber für diesen Song konnte er niemand geringeren als Slash für die Gitarrenarbeit gewinnen. Ich persönlich finde das Riffing des Openers schon ziemlich Iommi-mäßig geil, und Ozzy singt genauso grandios wie vor vier oder gar fünf Jahrzehnten. Ein starker Einstieg, und sicher einer der besten Ozzy-Songs des neuen Jahrtausends (wenn man die "13"-Songs übergeht). Duff McKagan spielt auf allen Titeln den Bass, und da nicht nur GUNS 'N ROSES-Musiker ok sind, darf Chad Smith (RED HOT CHILI PEPPERS) die Felle verdreschen. Mit 'All My Life' folgt ein recht belangloser Popsong. Das hätte so auch auf "Down To Earth" gepasst. Die Herren Smith und McKagan waren übrigens bei fast allen Songs auch als Songwriter involviert. 'Goodbye' überzeugt mit einer schönen Strophe, kann aber vom Refrain her nicht punkten; zumindest in den ersten zwei Minuten, denn dann geht noch mal richtig die Post ab. Es gibt flotten Metal mit fuzzigen Gitarren. Beim Titelsong spielt niemand geringeres als Sir ELTON JOHN auf dem Piano. Geboten wird also - wenig überraschend - eine Ballade. Auch hier hat sich Slash noch einmal als Gitarrist eingebracht. Die von Elton John gesungenen Parts sind schon faszinierend. Ozzy hat über die Jahre ja einige wirklich hörenswerte Duette veröffentlicht. Wenn man sich vom Gedanken löst, dass hier tatsächlich der Godfather of Metal am Mikro steht, ist es ein sehr schöner Popsong zweier deutlich alternder Legenden, mit einem der legendärsten Gitarristen der Rockgeschichte als Solist.
'Under The Graveyard' kursiert ja schon seit Monaten im Netz. Hier gibt es ein klares Alternative-Flair, das sicher nicht allen Altfans gefällt. Der Gesang von Ozzy ist aber erste Sahne und kann vielleicht auch den einen oder anderen Metaler hier erreichen. Mit Mundharmonika (!) geht es in 'Eat Me' los, es folgt alerdings kein Country-Song, eher denke ich beim Bass und den Riffs an Stoner-Rock/-Metal mit einer Mini-Prise Southern Rock. Die SPIRITUAL BEGGARS wabern durch meinen Kopf, während das Riffing und das sehr akzentuierte Schlagzeugspiel begeistern. 'Today Is The End' erinnert dagegen eher an klassisches Ozzy-Material, wobei man nicht an die ersten drei bis fünf Alben denken sollte, aber schon gerne an das Neunziger-Material. Der mehrstimmige Gesang ist aber untypisch. Man muss dem Altmeister attestieren, dass er auch im Alter noch enorm mutig agiert und nicht nur das abliefert, was bestimmte Hardcore-Fans hören wollen. Am Gitarrensound des Songs hätte man in meinen Ohren trotz eines guten Solos aber noch feilen können. Die 'Scary Little Green Men' holzen dagegen ordentlich nach vorne, ein kraftvoller Song mit Ohrwurm-Refrain, der unbedingt ins Live-Set sollte. Dass Tom Morello, bekannt von RAGE AGAINST THE MACHINE und AUDIOSLAVE, hier Gitarrenparts beiträgt, habe ich zwar gelesen, aber nicht bewusst herausgehört. Ich mag sein sehr groovebetontes Spiel und hätte mir etwas mehr Eigenständigkeit von seinem Gastbeitrag gewünscht. 'Holy For Tonight' ist ein düsterer Popsong, wie ihn Ozzy schon etliche Male veröffentlicht hat, insgesamt finde ich den Track aber doch etwas öde. Dass für die letzten Songs ausgerechnet Post Malone, der vom Alter her Ozzys Enkel sein könnte, dazu kommt, mag für viele Traditionalisten eine Herausforderung sein. Die meisten Metalheads dürften ihn nicht mal vom Namen her kennen; der Grammy-Award-Gewinner und mehrfache Billboard-Chart-König ist im Pop aber natürlich schon sehr wichtig. 'It's A Raid' ist ungewöhnlich, aber kein Popsong, es ist ein treibender Rocker, natürlich sehr modern arrangiert und produziert. Malone fällt aber kaum auf in diesem Track. Für den letzten Song ist dann auch noch Travis Scott dabei, wobei dieser wird klar von Malone dominiert wird - Interpret ist offiziell Post Malone featuring Ozzy Osbourne und Travis Scott. Dabei hat Ozzy einen starken Gesangspart beigesteuert, aber vom Klangkontext her ist es ein moderner, stimmig arrangierter Popsong - mit Hard 'n' Heavy hat die Ballade nichts mehr zu tun. Aber 'Take What' You Want' ist wirklich gelungen und könnte mit etwas Glück auch in den Charts ordentlich abräumen.
Insgesamt bleibt ein etwas zwiegespaltenes Album. Zwar gibt es einige richtig starke Tracks, die entweder durch Originalität und Abwechslungsreichtum punkten können (dann aber den Metal-Kosmos komplett verlassen) oder die durch fette Riffs überzeugen. Ozzy thront mit sehr souveränem Gesang über allen Tracks. Andererseits fehlen mehrmals auch die zündenden Songideen. Ein bisschen mehr Geld für Songwriter wäre gut angelegt gewesen und Gitarrenhelden der Marke Randy Rhoads / Jake E. Lee / Zakk Wylde / Gus G fehlen dieser Scheibe auch immer wieder - obwohl es ein paar feine Riffs gibt. Die Gastbeiträge von Slash und Tom Morello überzeugen leider nicht, dafür können die Genrefremden Herren Post Malone und Elton John punkten. Letztlich wird das Album sicher in meine Sammlung wandern, zum Neupreis brauche ich es aber eher nicht, dafür ist das Songmaterial nicht stark genug. Notentechnisch reicht es knapp noch zur 7, aber wenn ich eine Tendenz angeben müsste, würde sie eher leicht nach unten gehen.
Anspieltipps: Straight To Hell, Eat Me, Scary Little Green Men, Take What You Want.
- Note:
- 7.00
- Redakteur:
- Jonathan Walzer