PARADISE LOST - Obsidian
Auch im Soundcheck: Soundcheck 05/2020
Mehr über Paradise Lost
- Genre:
- Doom Metal / Death Metal / Gothic Metal
- ∅-Note:
- 8.00
- Label:
- Nuclear Blast
- Release:
- 15.05.2020
- Darker Thoughts
- Fall From Grace
- Ghosts
- The Devil Embraced
- Forsaken
- Serenity
- Ending Days
- Hope Dies Young
- Ravenghast
- Hear The Night
- Defiler
Ein kreatives und abwechslungsreiches Werk echter Originale.
Nachdem mich die Herren Holmes, Mackintosh, Aedy, Edmondson und Co. in den späten Neunzigern mal eine Weile lang fast verloren hatten, als sie der ihnen einst eigenen doomigen Schwere mehr und den Rücken kehrten, läuteten sie spätestens zehn Jahre später mit "Faith Divides Us - Death Unites Us" eine höchst willkommene Zeitenwende ein. Das Album positionierte die Band wieder mit beiden Füßen fest im Death'n'Doom, allerdings ohne die gruftige Melancholie ganz aus dem Repertoire zu streichen, welche das Quintett aus Halifax seit "Shades Of God" zunehmend zu ihrem Markenzeichen entwickelt hat.
In dieser Wohlfühlzone für die Fans hat sich die Truppe seither häuslich eingerichtet und "Obsidian" ist das nunmehr bereits fünfte Studioalbum dieser neuen Ära, mit welchem die Briten ihren Status zementieren und den allermeisten Erwartungen gerecht werden sollten, ohne sich zu sehr zu wiederholen oder in eine vorhersehbare Routine zu verfallen. Denn auch wenn die Trademarks inzwischen unverrückbar zu stehen scheinen, so ist das Songmaterial letztlich sowohl zu abwechslungsreich als auch zu stark und packend, um der Band hier Stagnation vorwerfen zu können.
Eröffnet wird das Album zunächst balladesk, poetisch und zartfühlig von gezupften Gitarren und Nick Holmes' nachdenklicher Stimme, zu denen alsbald eine einsame, elegische Violine tritt, bevor das Streicherquintett einsteigt und sich die Dichte der Stimmung langsam aufbaut, und über ein orchestrales Arrrangement mit schönen Backing Vocals schließlich in einem wuchtigen Doomriff kulminiert, mit dem Nick ins Growlen übergeht. Der Sound ist eindringlich und heavy, dabei aber doch so klar und differenziert, dass in entspannteren Zwischenstücken auch der Bass massiv glänzen kann oder im Solopart die patentierten Trauerweiden von Greg Mackintosh sich im Wind wiegen.
Die Wailing Guitar darf dann nach dem eindrucksvollen Ende des hochdynamischen Openers auch direkt 'Fall From Grace' übernehmen, das eine genau inverse Songstruktur aufweist, indem es sich zunächst und überwiegend als schleppende, grimmige Doom-Death-Walze präsentiert, die jedoch im Refrain eine so fragile wie erhabene Anmut entwickelt. Wiederum völlig anders gepolt ist 'Ghosts', das sich zuerst drum'n'bassig tanzbar eingroovt, bevor eine Italo-Western-arige Sologitarre einsteigt und Nick Holmes ein paar Passagen sprechsingt, und sich dann ein geschmeidiger Doomrocker in der Tradition der "Draconian Times" vor uns entfalten darf. Orgel, Gitarre, Synthesizer, der vertrackte Rhythmus und der hier teils recht entrückte Gesang lassen 'The Devil Embraced' ein wenig sperriger wirken, doch 'Forsaken' fängt den Hörer direkt wieder ein, indem es sich gesanglich einschmeichelnder und klanglich geschmeidiger anlässt, doch auch hier haben wir einige unerwartete Wendungen und fordernde Passagen zu entdecken.
Da es sich bereits abzeichnet, wie vielseitig und unterhaltsam PARADISE LOST auf diesem sechzehnten Studioalbum zu Werke geht, möchte ich die Rezension nicht zu einem allzu ausführlichen Track-By-Track-Review ausarten lassen, denn ihr könnt es euch denken, dass das Album an dieser Stelle nicht nachlässt, sondern weiterhin die typischen Stilelemente des Quintetts für uns bereit hält. Seien es Doom-Death-Härte bei 'Serenity', hintergründig-entrücktes Schwelgen bei 'Ending Days', ein wenig 70s-Hammond-Pathos bei 'Hope Dies Young' oder zum Schluss doomige Kathedralenepik bei 'Ravenghast': PARADISE LOST setzt auf "Obsidian" Treffer um Treffer, und präsentiert sich auch über dreißig Jahre nach Bandgründung als kreativ starkes Original, das wir nicht missen möchten.
- Note:
- 8.00
- Redakteur:
- Rüdiger Stehle