PARADISE LOST - Over The Madness (2-DVD)
Mehr über Paradise Lost
- Genre:
- Gothic Metal
- Label:
- Century Media
- Release:
- 23.11.2007
20 Jahre PARADISE LOST - ein Ereignis, dessen Eintreten vor wenigen Jahren noch auf riskanten Vermutungen fußte. Die einstigen Wegbegründer der Verquickung von Gothic und finsterem Metal durchwanderten insbesondere zur Jahrtausendwende ein anhaltendes Karrieretief, welches sich kurioserweise erst dann wieder zu lichten schien, als die Band auf Fans und Kritiker hörte und Stil und Ideen wieder ihrer kompositorischen Frühphase anpasste. Es ist demnach also auch kaum abzustreiten, dass die Band auf eine ziemlich bewegte Geschichte zurückblicken kann: Zunächst als Pioniere gefeiert und in den Olymp gehoben, anschließend mit wachsender Experimentierfreudigkeit und Mainstream-Annäherung fallen gelassen wie eine kalte Kartoffel und schließlich wieder gemeinsam mit den verbliebenen Fans in die rechte Spur gelenkt.
Insofern dürfte Stoff genug für eine aufschlussreiche, unterhaltsame und vor allem umfassende Dokumentation vorhanden sein, die sich einige Monate vor dem Vollzug des Jubiläums nun als DVD-Doppeldecker ankündigt. Verteilt auf zwei Silberlinge lassen die vier Briten ihre Laufbahn Revue passieren, wobei der Hauptteil des Ganzen der Dokumentarfilm "Over The Madness" darstellt. Seltsamerweise ist dieser gleich in zwei Varianten enthalten, nämlich normal und ungeschnitten, was jedoch eigentlich völlig unerheblich ist, da es keine Grundlage für das Erfordernis einer Zensur gibt. Davon abgesehen ist das Resultat der semi-cineastischen Retrospektive auch bedauerlich mager und bei weitem nicht so informativ, wie man es hätte erwarten können. Wegbegleiter und Kollegen wie Barney Greenway und Cristina Scabbia kommen im Dialog-lastigen Streifen zu Wort und berichten ebenso wie die Bandmitglieder über Erfahrungen, Rückschläge und Wendepunkte in der Karriere des Gothic-Metal-Quartetts. Allerdings ist niemand bemüht, an spezifischen Punkten etwas mehr in die Tiefe zu gehen, die Berichte sind arg oberflächlich, die Kommentare hingegen meist nur Lobhuldigungen aus dem Bekanntenkreis, die zwar sicher angebracht sind, an dieser Stelle jedoch nicht zweckmäßig sind.
Darüber hinaus hätte man sich in den gegebenen Passagen der chronologischen Aufarbeitung mehr Live-Material und dergleichen gewünscht. Die diesbezüglichen Ausschnitte sind relativ kurz und oft der Schere zum Opfer gefallen, was angesichts der quantitativen Einschnitte sowieso unverständlich ist. Fokussiertes Begleitmaterial aus dem Studio und von den Bühnen hätte hier wie die sprichwörtliche Faust aufs Auge gepasst und die Doku gehörig aufgewertet. Hätte ...
Leider ist auch die zweite DVD eine kleine Enttäuschung: Hier bekommt der Zuschauer die Interviews, die bereits für den Film verwendet wurden, noch einmal in Gesamtlänge zu sehen, was die Intention der Dokumentation jedoch im Grunde genommen ad absurdum führt. Auch das fehlende Live-Material wird nachgeholt, allerdings in Form eines unspektakulären Rehearsal-Mitschnitts aus dem griechischen Thessaloniki. Wenn damit die Karriere einer der bedeutsamsten Gruppen der gesamten Metal-Szene aufgearbeitet sein soll - nun, prickelnd ist diese Vorstellung jedenfalls nicht.
Insgesamt bleibt das digitale Doppelgespann daher auch weit hinter den hohen Erwartungen zurück und büßt in diesem Sinne auch an Aktualität ein, da die Aufnahmen der Interviews auch schon etwas älter sind. "Over The Madness" bietet nur kurzzeitig Befriedigung, verliert jedoch seinen Reiz, sobald sich die grundsätzlichen Inhalte in den Interviewsequenzen wiederholen und offensichtlich wird, dass das Ganze eher Schnellschuss als umfassender Karriererückblick ist. Bei zwei Dekaden weitestgehend erfolgreicher Businesszugehörigkeit hätte man sich von den innovativen Briten definitiv mehr wünschen können!
- Redakteur:
- Björn Backes