PERIPHERY - Periphery V: Djent Is Not A Genre
Mehr über Periphery
- Genre:
- Progressive Metal
- ∅-Note:
- 8.50
- Label:
- 3DOT Recordings
- Release:
- 10.03.2023
- Wildfire
- Astropos
- Wax Wings
- Everything Is Fine!
- Silhoutte
- Dying Star
- Zagreus
- Thanks Nobuo
- Dracul Gras
Djent ist tot! Es lebe der Djent!
Nachdem ich erstmal etwas Zeit brauchte, um zu realisieren, dass der Albumtitel kein nerdiger Scherz sein soll, sondern nerdige Realität, muss ich einräumen: Warum auch nicht! Wer sein letztes Album "Hail Stan" taufte, kann sein neues Album natürlich auch "Djent Is Not A Genre" nennen. Man muss sich halt auch mal frei machen können von bisherigen Konventionen, wer braucht schon griffige oder tiefsinnige Albumtitel, genau!
Das lustige dabei ist, dass der Titel tatsächlich einen tieferen Hintergrund hat. Denn PERIPHERY, beziehungsweise Gründungsmitglied/Gitarrist Misha Mansoor, galt stets als einer der Protagonisten, der den vom MESHUGGAH-Gitarristen Fredrik Thordendal als "Djent" benutzen Begriff, um einen bestimmten Gitarrensound/eine bestimmte Gitarrentechnik zu umschreiben, weitergetrieben hat und quasi ein Genre damit schuf, in dem er alle Bands, die diesen Sound benutzten, in eine Genre-Schublade definierte. Ob "Djent" so tatsächlich seine Ursprünge gefunden hat, ist streitbar, zumindest ist es eine urbane Legende.
PERIPHERY selbst galt/gilt stets als Speerspitze dieser "Bewegung" und wer jetzt denkt, dass die Band sich mit dem Albumtitel davon lösen möchte, der hat sich geirrt, denn "Djent Is Not A Genre", ist paradoxerweise (auch) eine heftige Djent-Walze geworden. Meine Interpretation des Albumtitels ist aber, dass PERIPHERY nicht darauf reduziert werden wollen, denn so war die Musik der Amerikaner, spätestens seit "Periphery III: Select Difficulty" (2016), stets vielfältiger und dynamischer geworden, weniger Metalcore, mehr Progressive Metal - und "Periphery V", das wird bereits nach einem Durchlauf klar, ist mit Sicherheit die größte Wundertüte geworden.
Der Opener 'Wildfire' hält, was der Name verspricht: wild und ungestüm und mit mächtig Feuer unterm Hintern, tritt er eine heftige Reise vom derben Stakkato-Gewitter, über einen riesigen Refrain, bis zur Electro-Jazz-Einlage inklusive Saxophon an. Beeindruckend vorgelegt! Wenn ich 'Atropos' höre, spielt vor meinem inneren Auge immer das krasse Video ab, das den Track gekonnt visualisiert. Man muss sich auf eine rasante Abfahrt gefasst machen, der Song entwickelt sich stetig weiter und gehört zu den intensivsten Tracks des Quintetts. Eine ganz andere Kerbe schlägt darauf 'Wax Wings' ein, der Song hat fast einen Alternative-Metal-Vibe und besticht durch aufgelockerte Grooves, offenes Gitarrenspiel, einem epischen Enden und einem sowieso überragenden Spencer Sotelo am Gesang.
Schwindelig wird mir hingegen immer noch, wenn der härteste Song des Albums und nebst 'CHVRCH BVRNER' (2019) vielleicht sogar der gesamten Diskografie ertönt: 'Everything Is Fine!' ist mal richtig garstig, ohne jedoch abzustumpfen. Gänzlich neue und sanftere Töne werden gekonnt mit dem poppigen 'Silhoutte' und dem eingängigen, fast balldesken 'Dying Star' angestimmt, Gänsehaut inklusive. Man staunt selbst als langjähriger Kenner der Band nicht schlecht, wie enorm die musikalische Bandbreite der fünf Musiker ist. Es folgt die zusammen mit 'Wildfire' veröffentlichte Single 'Zagreus', die wieder in bekanntere Gefilde zurückführt. Abgeschlossen wird das Album nochmal mit zwei Überraschungen und zwar den Longtracks 'Thanks Nobuo' (11:16) und 'Dracul Gras' (12:21) - ich sag nur so viel: dass PERIPHERY Longtracks nicht nur wollen, sondern auch können, haben sie schon regelmäßig unter Beweis gestellt, zuletzt mit 'Reptile' vom letzten Album.
PERIPHERY hat sich über die fast 20-jährige Karriere zu einer Band entwickelt, die absolut stilprägend und auch tonangebend ist, so setzt ein neues Album die Messlatte stets etwas höher, wenn es um modernen Progressive Metal geht. Mit "Djent Is Not A Genre" steht dass wohl abwechslungsreichste Werk ihrer Diskografie in den Startlöchern. Die Spielfreude und der Spielwitz sind dabei ebenso wichtig, wie das ausgeklügelte Songwriting, die Liebe zum Vertrackten, aber auch zum Eingängigen. Und zum Djent.
- Note:
- 8.50
- Redakteur:
- Jakob Ehmke