PINK FLOYD - The Endless River (CD + DVD)
Mehr über Pink Floyd
- Genre:
- Ambient / Artrock
- ∅-Note:
- 7.50
- Label:
- Parlophone Records
- Release:
- 07.11.2014
- Things Left Unsaid
- It's What We Do
- Ebb And Flow
- Sum
- Skins
- Unsung
- Anisina
- The Lost Art Of Conversation
- On Noodle Street
- Night Light
- Allons-Y (1)
- Autumn '68
- Allons-Y (2)
- Talkin' Hawkin'
- Calling
- Eyes To Pearls
- Surfacing
- Louder Than Words
- Anisina (Video)
- Untitled (Video)
- Evrika (a) (Video)
- Nervana (Video)
- Allons-Y (Video)
- Evrika (b) (Video)
- TBS9 (Audio)
- TBS14 (Audio)
- Nervana (Audio)
Der wahrscheinliche Schlussakkord in der Diskographie der Briten.
Exakt zwanzig Jahre nach dem letzten Studioalbum gibt es noch einmal brandneue Musik von PINK FLOYD. Wie toll! Moment mal, "brandneu"? Das kann man so nun nicht behaupten, stammt das Material doch von den Aufnahme-Sessions zur letzten Scheibe "The Division Bell". Auch wenn sie noch zusammengefügt und arrangiert werden mussten, ihren Ursprung haben die Songs eben vor 20 Jahren. Entsprechend hoch sind auch die Parallelen zu diesem Rundling, wenngleich "The Endless River" bis auf die Nummer 'Louder Than Words' ein reines Instrumental-Album ist. Der selbstkritische Text zu diesem Stück stammt übrigens aus der Feder von David Gilmours Ehefrau Polly Samson. Selbstkritisch deshalb, weil auf die zurückliegenden Bandquerelen Bezug genommen wird ("we bitch and we fight, diss each other on sight").
Und doch gibt es einen entscheidenden Unterschied und das ist die generelle musikalische Ausrichtung auf dieser Scheibe. Nachdem man den Auftakt 'Things Left Unsaid' noch für ein Intro halten kann (später bekommt man mit, dass es ein ziemlich typisches Stück für dieses Album ist), erinnert das folgende 'It's What We Do' etwas an den Beginn von 'Shine On You Crazy Diamond', entwickelt sich aber nicht wie dieses in einer dramatischen Weise weiter, sondern bleibt in gemächlich dahintreibendem Schwelgen verhaftet. Es geht sehr beschaulich und sphärisch zu auf diesem Album, noch deutlich mehr als auf "The Division Bell", welches ja auch schon das bis dato schwelgerischste Werk PINK FLOYDs war. Diese wohl tatsächlich letzte Scheibe ist vielmehr eine Aneinanderreihung der übrig gebliebenen Sounds aus der 1994er Zeit, es sind kaum echte, abgeschlossene Songs auszumachen. Neben 'Louder Than Words' hinterlassen noch die instrumentalen 'Anisina' (das kurz die Melodie von 'Comfortably Numb' aufgreift) und 'Allons-Y (1)' mit deutlichem 'Run Like Hell'-Zitat den nachhaltigsten Eindruck. Dennoch, diese gemächlichen, teils meditativen Klangflächen erfüllen sicherlich am ehesten den Zweck, den PINK FLOYD-Nostalgikern (ich gebe es gerne zu, ich bin selbst einer) noch eine Träne aus dem Knopfloch zu zaubern. Seien wir ehrlich: Darüber hinaus wird es nicht dazu taugen, jemanden von der musikalischen Klasse dieser Band zu überzeugen, der/die nicht eh schon tief in das Schaffen der Briten eingetaucht ist. Dabei fällt es kaum ins Gewicht, dass die Scheibe eine reichliche dreiviertel Stunde instrumentale Musik am Stück bietet, denn von PINK FLOYD ist man längere Instrumental-Passagen gewohnt. Es ist eher die Tatsache, dass man nur wenig echte Songstrukturen und wirkliche Spannungsbögen ausmachen kann. Stattdessen gibt es doch recht viele sphärische Momente, in denen luftig-leicht Ton an Ton und Klang an Klang gereiht wird, während auf Kontraste und das unbeirrte Hinarbeiten auf Kulminationspunkte in der Musik weitgehend verzichtet wird. Das macht die Scheibe eher ungeeignet für extensive Dauerrotation, es ist vielmehr was für's Herz und das gelegentliche Wiederaufflammenlassen eines längst verloren geglaubten Gefühls. Ein Schwelgen und Versinken in dieser Platte ist vor allem dann möglich, wenn der Zugang zur Band über Jahre hinweg gereift ist.
Das Album ist im Übrigen zu verstehen als Reminiszenz an Rick Wright, der 2008 verstarb und sich auf "The Division Bell" maßgeblich mit einbrachte. Auf den Weg gebracht wurde es somit vom Duo Gilmour/Mason. Eigentlich müßig zu erwähnen, dass Roger Waters keine Aktie an "The Endless River" hatte - auf ständige Nachfragen auf Facebook reagierte er entsprechend genervt und bissig: "Some people have been asking [...] about a new album I have coming out in November. Errhh? I don't have an album coming out, they are probably confused. […] I have nothing to do with Endless River. Phew! This is not rocket science people, get a grip." Kommt schon Leute, nehmt Euch zusammen! Die Reaktion ist verständlich, wenn man bedenkt, dass Waters die Band bereits 1985 verließ und auch noch ein juristischer Streit um die Namensrechte folgte, in dessen Folge Gilmour und Mason unter dem Banner PINK FLOYD weitermachen durften. Waters trat zwar 2005 einmalig zusammen mit den alten Kollegen beim Benefizkonzert "Live 8" auf, ansonsten hatte er mit PINK FLOYD aber nichts mehr zu tun, auch wenn er eine gemeinsame Reunion nicht mehr ausschließen wollte.
Was man von PINK FLOYD aber in jedem Fall erwarten durfte, ist eine wertige Aufmachung des 15. Studioalbums. In der Edition mit zusätzlicher DVD bzw. Blu-ray gibt es einiges für das Fanherz. Das Booklet in Buchform sowie die beigelegten Postkarten sind optisch sehr ansprechend gestaltet, während auf der DVD sechs Videos (darunter auch "non-Album-Tracks" wie das straff psychedelisch vorwärts rockende 'Nervana' und eine instrumentale, ausschweifende Version von 'Wearing The Inside Out' unter dem Titel 'Evrika') und drei Audiotracks enthalten sind.
Wenn man "The Endless River" so in seiner Gesamtheit betrachtet, werden zwei Dinge deutlich. Erstens ist tatsächlich kein weiteres PINK FLOYD-Album mit neu komponiertem Material zu erwarten. Zweitens taugt die Scheibe auch nicht als finaler Höhepunkt eines grandiosen Musikschaffens, es ist eher ein leises Outro, eine sanft verklingende Weise. Dennoch artet das bei dieser Band beileibe nicht in Fahrstuhlmusik aus, sie schaffen es auch mit dieser Ausrichtung ein gutes und zumindest stellenweise packendes Album zusammenzustellen. Ich persönlich möchte 'Anisina' und 'Louder Than Words' nicht mehr missen, stelle "The Endless River" aber natürlich nicht auf eine Stufe mit Großtaten wie "Dark Side Of The Moon" oder "Wish You Were Here". Die Zeiten sind nun mal vorbei. Kommt schon Leute, nehmt Euch zusammen!
- Note:
- 7.50
- Redakteur:
- Stephan Voigtländer