POGUES, THE - LIVE At The Town And Country Club In London (DVD)
Mehr über Pogues, The
- Genre:
- Folk & Punk
- Label:
- e-m-s
- Release:
- 16.03.2006
- Metropolis
- Broad Majestic Shannon
- If I Should Fall From Grace With God
- Rainy Night In SoHo
- Thousands Are Sailing
- Fairytale Of New York
- Lullaby Of London
- Dirty Old Town
- London Calling
- Turkish Song Of The Damned
- Fiesta
- Irish Rover
- Worms
- Rudi - A Massage To You
- Wild Rover
- Dokumentation und Interviews (55 Min.)
Fetzige Pub-Musik in zweifelhafter Qualität
Der Hauptfilm schildert ein Konzert der irischen "Folk-Punk"-Band POGUES am St-Patricks-Tag 1988 in Londons Town and Country Club. Höhepunkt des Konzerts ist jedoch eindeutig die Darbietung von Joe Strummers 'London Calling', dem Klassiker von THE CLASH. Die Doku von 1989 beschäftigt sich mit der Band und ihren Mitgliedern an sich.
Filminfos
O-Titel: The Pogues LIVE (GB 1989)
Dt. Vertrieb: e-m-s (16.03.2006)
FSK: keine Altersbeschränkung
Länge: ca. 60 Min.
Regisseur: Bill Magra (Konzertfilm und Doku)
Musik: The Pogues, Kristy McColl, Joe Strummer u. a.
Inhalte
Alle Credits sind auf der Innenseite der Box angegeben. Ein Booklet ist nicht enthalten.
Während die Band eintrifft und die Bühne betritt, erklingt der Song 'Metropolis'. Das Konzert wird mit einer schnelle Anheizernummer eröffnet: 'Broad Majestic Shannon'. Dabei fällt bereits auf, dass der Sänger Shane McGowan erstens keine Hoffnung auf den ersten Preis in einem Schönheitswettbewerb gewinnen dürfte – seine Vorderzähne stehen auseinander – und zweitens bereits angetrunken ist. Seine Artikulation ist nicht gerade die verständlichste.
Zwischen den Songs wird immer wieder Joe Strummer, Gitarrist der CLASH, mit Kommentaren eingeblendet. Er charakterisiert die einzelnen Mitglieder der Band auf seine recht unverblümte Weise. Er hält Shane McGowan schlicht und ergreifend für den "besten Songwriter des Jahrhunderts". Dann ist es für ihn selbst Zeit, auf die Bühne zu gehen – aber erst nach den ersten acht Stücken. Weitere Statements kommen von Producer Steve Lillywhite.
Nach den Liedern 'If I Should Fall From Grace With God', 'Rainy Night In Soho' und 'Thousands Are Sailing' (von Philip Chevron), in dem es um die unzähligen irischen Emigranten geht, betritt Kirsty McColl – mit Achtziger-Jahre-Fönfrisur - als Sängerin die Bühne. Zusammen mit McGowan stimmt sie 'Fairytale Of New York' an, während künstlicher Schnee rieselt. Eine ebenso schöne Ballade ist 'Lullaby of London', ebenfalls von McGowan geschrieben.
Der erste Teil der Show endet mit dem Klassiker 'Dirty Old Town', den ein gewisser Ewan McColl geschrieben hat. Ob der mit Kirsty verwandt ist, weiß ich nicht. Wie schon eingangs geschrieben, bildet das anschließende 'London Calling' den fetzigen Höhepunkt des Konzerts. Der stampfende Rhythmus reißt die vollgepackte Arena des Clubs zu wildem Tanz hin und lässt sie den Refrain mitgrölen. Strummer selbst schreit enthusiastisch mit.
Danach geht es aber nicht langsam weiter, vielmehr legen die Musiker noch einen Zahn zu! Das Stück heißt 'Turkish Song Of The Damned' und verschmilzt türkische Melodien mit schnellen Rhythmen, nur um dann in einem superschnellen Finale zu enden. Kirsty McColl singt hier mit.
Das Stück 'Fiesta' ist von den Bläsern geprägt. Nach einem Zeitlupenprolog startet die Band in einen osteuropäischen Polkarhythmus, der ganz schön in die Beine geht. Zugleich gerät das Bühnenbild etwas außer Kontrolle: Schnee rieselt und der Sänger versprüht Plastikspaghetti über seine Mitspieler. Aus dem Spiel wird Theater, als im Finale die ersten Musiker zu Boden gehen – und dort weiterspielen.
Den Schluss des regulären Parts bildet das Traditional 'Irish Rover'. Es wird ebenfalls sehr schnell gespielt, und ich wunderte mich, wie lange die Musiker dieses Tempo aufrechterhalten können. Als erste der drei Zugaben folgt eine recht schräge Sache, die mehr mit Theater zu tun hat. Der Drummer und der Akkordeonspieler spielen Trauermarsch, da sie als ganz in Schwarz gewandete Trauergäste auftreten. Der Drummer rezitiert ein Gedicht namens "Worms", wobei es bei besagtem Gewürm offensichtlich um die Infiltratoren eines subterranen Sarges handelt.
Danach ist Tanz angesagt. Der farbige Musiker Lynval Golding und seine Gruppe After Tonight spielen heißen Ska-Reggae, mit schnellem, hartem Rhythmus und vielen Bläsern. Das Stück 'Rudi – A Message To You' stammt offenbar von THE SPECIALS und ist ziemlich bekannt.
Den Abschluss bildet ein weiteres irisches Traditional, nämlich 'Wild Rover'. (Einmal nicht 'Whiskey In The Jar".) Alle singen mit, auch Joe Strummer.
Die DVD
Technische Infos
Bildformate: 4:3 (Vollbild)
Tonformate: Englisch in DD 2.0
Sprachen: Englisch
Untertitel: keine
Extras:
- Doku "Completely Pogued" (55 Min.)
Mein Eindruck: die DVD
Wie bei Material von diesem Alter zu erwarten, ist die Bildqualität mit dem heutigen Standard nicht zu vergleichen. Das Bild ist körnig und erweckt den Eindruck, verschwommen zu sein. Aber da es sich nicht um ein Kunstwerk noch um einen kommerziellen Spielfilm handelt, muss man dies wohl hinnehmen. Die Bildqualität der Dokumentation ist übrigens exakt die gleiche.
Ebenso minderwertig ist die Qualität des Sounds. Von Stereoqualität kann eigentlich keine Rede sein, von DD 5.1 und DTS ganz zu schweigen. Der Klang entspricht eher dem einer Monoaufnahme. In den Credits des Films wird angegeben, es handle sich um eine "Remixed"-Fassung. Dann möchte ich mal die O-Fassung hören.
~ Die Dokumentation "Completely Pogued" ~
Außer dieser Doku gibt es keine weiteren Extras, also sollte man sich darauf konzentrieren. Da es auf dieser DVD keine deutschen Untertitel gibt, sollte man nun alle seine Englischkenntnisse zusammenraffen und aufbieten, um die irischen und nordenglischen Idiome zu verstehen, die von den Bandmitglieder geäußert werden.
Schon die ersten Statements von Shane McGowan sind schwierig zu verstehen, teils auch wegen seiner Artikulation. Ich meine verstanden zu haben, dass er sagt, dass die POGUES die ersten waren, die irischen Folk in die Pubs und Clubs gebracht hätten. Niemand anders machte diese Art Musik. Wir wollen kein politisches Statement abgeben, aber die Musik basierte eben auf irischen Traditionen - und die waren eben teilweise sozialkritisch, darf man hinzufügen.
Kirsty McColl hält McGowan als Songwriter für ein Genie, aber es gibt auch andere Songwriter in der Band, so etwa Philip Chevron, der mit 'Thousands Are Sailing' nicht etwa auf die Ilias anspielt, sondern auf die zahllosen Emigranten von der grünen Insel. Historisches Filmmaterial belegt dieses Phänomen, das offenbar von Hunger und Armut verursacht wurde. Dieser Strom von Menschen scheint bis heute nicht abgerissen zu sein, denn auch Terry Woods, ein ausgezeichneter Gitarrist der Band, greift dieses Thema auf. Für ihn komme Auswandern nicht in Frage. Wir sehen ihn mit viel Spaß im Pub Musik machen. Dort sitzen auch seine Frau und seine Töchter.
Die Doku wird im ersten Teil von Ausschnitten aus obigem Konzertfilm dominiert, aber es gibt auch Ausschnitte aus Filmen und TV-Shows. An einer Stelle heißt es, "Pogues" sei teils Gälisch und habe eine unanständige Bedeutung. Frühes Bildmaterial von McGowan aus dem Jahr 1983 belegt den Ursprung aus der Tradition der irischen Trinklieder.
Apropos Trinken. Die POGUES bekamen sehr schlechte Presse, weil sie scheinbar dem Alkohol sehr zugetan waren. Eine Gazette nannte sie die "The Booze Brothers", in Anspielung auf die Blues Brothers. Damit wollte sie offenbar angreifbar machen, was Kirsty McColl "beleidigend" findet.
Im zweiten Teil der Doku werden wir Zeuge einer Aufnahmesession für ein neuen Song. Der stammt allerdings nicht von McGowan, sondern von dem jungen Amerikaner Steve Earle: 'Johnny Come Lately'. Er setzt die Tradition der Lieder aus den und über die einfachen Leute(n) fort und klingt echt fetzig – für einen Folksong. Abgemischt erklingt das Stück im besten Sound der ganzen DVD! Vielleicht wurde hier gedubbt.
David Byrne von den TALKING HEADS erscheint sowohl auf dem Cover als auch, sehr kurz, in der Doku. Er lernte die POGUES in New York City kennen, als sie U2 in die USA begleiteten. Byrne ist bekanntlich ebenso offen wie die Band, was Musikstile anbelangt. Im Vergleich zu ihnen sieht er wie ein geschniegelter Dandy aus. Joe Strummer bekennt, er fand die Band als einzige der damaligen "schrecklichen Zeit" inspirierend.
Am Schluss werfen diverse Statements, u. a. von Woods, einen Schatten. Die Auflösung der Band wird zu einer realen Möglichkeit. Und so kam’s dann auch. Aber sie nahmen sich selbst nicht allzu ernst, wird immer wieder klar. Eine Phase wurde abgeschlossen. Nur schade, dass uns aus dieser Zeit nur solche DVD-Dokumente und ein Stapel CDs bleiben.
Unterm Strich
Der inhaltliche Ansatz ist löblich und zu begrüßen. Wer sich nicht an der Qualität der Präsentation stört, wird mit guter Musik unterhalten und interessanten Informationen versorgt. Doch es ist diese Präsentation, die man sich wesentlich besser wünschen würde. Vielleicht ist die DVD aber nur ein verkappter Werbe-Clip für Strummers "London Calling". Diese Werbung erreicht ihren Zweck voll und ganz. Man sollte sich sofort das entsprechende Album von THE CLASH besorgen.
- Redakteur:
- Michael Matzer