PORCUPINE TREE - Deadwing
Mehr über Porcupine Tree
- Genre:
- Progressive Rock
- ∅-Note:
- 9.00
- Label:
- Lava Rec./WEA
- Release:
- 29.03.2005
- Deadwing
- Shallow
- Lazarus
- Halo
- Arriving Somewhere, But Not Here
- Mellotron Scratch
- Open Car
- Start Of Something Beautiful
- Galss Arm Shattering
Waren Steven Wilson und PORCUPINE TREE bis einschließlich "Lightbulb Sun" eher noch ein Insidertipp, so bereitete "In Absentia" den längst fälligen Durchbruch auf breiter Ebene vor. "In Absentia" profilierte PORCUPINE TREE endgültig als die große, neue Alternative im eingefahrenen Progressive-Zirkus, pendelnd zwischen harten Riffs, federleichten Akustikgitarren, alternativen Ausflügen und introvertiertem Gesang. Da es mit 'The Sound Of Muzak' sogar eine Art Hit gab, schien das Feld bestellt.
Und auch wenn sich der Bekanntheitsgrad der Briten deutlich gesteigert haben dürfte, ist der Durchbruch dennoch ausgeblieben. Und daran wird auch "Deadwing" wahrscheinlich nicht allzu viel ändern. Denn obwohl das Album – so viel darf ich vorwegnehmen – einmal mehr brillant ist, dürfte es für den Massenkonsumenten zu sperrig, zu düster und zu anstrengend sein. Steven Wilson bleibt seiner konsequenten Inkonsequenz damit treu. Setzte der Mastermind bei "In Absentia" noch auf harte, alternative Riffs, die auch schon mal an Bands wie TOOL erinnerten, und streute nebenher fiese Ohrwürmer ein, so ist "Deadwing" deutlich introvertierter und dabei zugleich von einer kraftvollen Melancholie geprägt, ohne die nach außen gekehrte, harte Seite zu vernachlässigen.
Bestes Beispiel für diese kraftvolle Melancholie ist das 12-minütige Herzstück des Albums 'Arriving Somewhere, But Not Here', dessen düsteratmosphärischer Beginn und das ebensolche Ende auch auf ANATHEMA's "A Fine Day To Exit" hätten stehen können. Doch im Mittelteil wird der Hörer von harten Gitarren aufrüttelt, wie man sie von 'Wedding Nails' kennt. Als Beispiele für die introvertierte Seite von PORCUPINE TREE sollen das mit wunderschönen, zarten Pianoparts unterlegte 'Lazarus' und das fließende, mit ganz feinen, mehrstimmigen Gesängen versehene 'Mellotron Scratch' dienen, wo Steven Wilsons Stimme vor allem mit Zurückhaltung und leisen Tönen glänzt.
Für die extrovertierte Seite stehen vor allem der neunminütige Titeltrack, der mit brillanter Dynamik, harten Riffs und coolen, gesprochenen Strophen glänzt, sowie 'Open Car', dessen Chorus durchaus auch einer Alternative-Rock-Band gut zu Gesicht stehen würde und das mit prägnanten Basslinien durchzogene 'Halo'. Nicht zu vergessen die Single 'Shallow', die zu Beginn mit einer rockigen Version eines TOOL-Riffs zu überraschen weiß.
Was aber PORCUPINE TREE bei aller Musikalität auszeichnet, ist die geschaffene Atmosphäre, die gekonnt zwischen kühler Distanz ('Deadwing', 'Shallow') und höchstmöglicher Emotionalität pendelt ('Lazarus', 'Start Of Something Beautiful'). Dadurch schafft es das Quartett – neben Steven Wilson (v., gt.) noch Richard Barbieri (k.), Colin Edwin (b.) und Gavin Harrison (dr.) – den Hörer nicht nur im Kopf, sondern auch bei der Seele zu packen. Oder anders gesagt: Unter der kopflastigen Schale steckt ein zutiefst emotionaler, leidenschaftlicher Kern, der sich einem allerdings erst erschließt, wenn man sich mit "Deadwing" auseinandergesetzt hat.
Exakt für diesen Spagat gebührt PORCUPINE TREE dann auch höchster Respekt und Anerkennung und mir bleibt nichts anderes übrig, als "Deadwing" jedem Musikhörer, der an innovativer, im Wortsinne progressiver Rockmusik interessiert ist, zu empfehlen. Brillant!
Anspieltipps: Deadwing, Lazarus, Arriving Somewhere, Open Car
- Note:
- 9.00
- Redakteur:
- Peter Kubaschk