PORCUPINE TREE - Lightbulb Sun (Re-Release)
Mehr über Porcupine Tree
- Genre:
- Progressive Rock
- Label:
- K-Scope/SPV
- Release:
- 25.04.2008
- Lightbulb Sun
- How Is Your Life Today?
- Four Chords That Made A Million
- Shesmovedon
- Last Chance To Evacuate Planet Earth Before It is Recycled
- The Rest Will Flow
- Hatesong
- Where We Would Be
- Russia On Ice
- Feel So Low
- Disappear (5.1 Mix)
- Buying New Soul (5.1 Mix)
- Cure For Optimism (5.1 Mix)
- Original 2000 Stereo Album Mix / Master
Qualitativ unbestrittener, sinnhaftig fragwürdiger Re-Release eines Klassikers.
Die Erfolgsgeschichte des ehemaligen Fiktionsprojektes PORCUPINE TREE ist bereits mehrfach erzählt und braucht an dieser Stelle kaum wiederholt zu werden. Mit "Fear Of A Blank Planet" haben sich die Briten weltweite Aufmerksamkeit in allen Sparten verdient. Ein guter Grund, die alten und somit weniger bekannten Werke der vergangenen Jahre wiederzubeleben. "Stupid Dream" wurde diese Ehre bereits zu Teil, und nun darf auch das 2000er-Album "Lightbulb Sun" ein zweites Mal Geburtsluft atmen. Für mich, der sich bisher ausschließlich mit jüngeren Releases der Mannen um Steve Wilson beschäftigt hat, also eine gute Gelegenheit, in die Entwicklungsgeschihcte der Prog-Rocker zu blicken.
Und die ist, streng genommen, unspektakulärer als zunächst angenommen. "Lightbulb Sun" ist nämlich im positivsten aller Sinne ein waschechtes PORCUPINE TREE-Album und kann so ziemlich alle Stärken vorweisen, die auch die anschließenden Veröffentlichungen so faszinierend machen. Der mächtige atomare Kern ist selbstredend die hypnotische und ruhige Stimme Wilsons selbst, der fernab aller Aggressivität scheinbar geistesabwesend seine Weltwahrheiten besingt. Die Thematik, um die sich "Lightbulb Sun" dreht, ist keine Unbekannte: Ein kritischer Blick auf die Gesellschaftsentwicklung, eine Absage an die Musikindustrie, ein Leitfaden für den inneren Frieden. Alles Bereiche, die PORCUPINE TREE seit Jahren vorzüglich besingen. Hervorheben sollte man vielleicht das skurile 'Last Chance To Evacuate Planet Earth Before It is Recycled', das sich mit dem Massenselbstmord der "Heaven's Gate"-Sekte befasst, die glaubten, von einem fremden Planeten zu stammen und auf der Erde nur zu Gast zu sein.
Musikalisch ist "Lightbulb Sun" vermutlich näher am heutigen Sound der Briten als "In Absentia" oder "Deadwing". Gemäßigte Gangart, untermalt von Piano, Rockgitarren, sparsamen Drumming, viel Gefühl und einem Hauch von Sehnsucht. Einzig der Anflug von Pop, der auf heutigem Stand vollends verschwunden ist, verrät das Alter des Albums. Der damaligen Singleauskopplung 'Four Chords That Made A Million' ist deutlich ein erzwungene Eingängigkeit anzuhören, Strukturexperimente sucht man hier vergebens. Aber das ist auch der einzige Ausfall der Platte. Die übrigen Stücke zeichnen sich durch ihre Unberechenbarkeit aus. Speziell der zweite, sehr experimentelle Teil mit den Krachern 'Hatesong' und 'Russia On Ice' wickelt den Hörer in eine wollig-warme und zeitgleich kratzige Decke und schickt ihn somit auf eine emotionale Achterbahnfahrt.
Die Veränderungen, die im Vergleich zum 2000er Original gemacht wurden, halten sich in Grenzen. Einige klangliche Akzente wurden neu gesetzt, und 'The Rest Will Flow' erscheint im ursprünglichen (verlangsamten) Tempo. In 2000 wurde hier noch der Geschwindigkeitshahn ein wenig angezogen, um den Song "radiofreundlicher" zu gestalten. PORCUPINE TREE gestalten "Lightbulb Sun" somit nicht neu, sondern vielmehr ein Stück weiter nach ihren Vorstellungen, als dies damals möglich war. Der eigentliche Clou ist die Bonus-DVD mit dem 5.1-Mix des neuen Studiosounds. Wer hier über die technischen Möglichkeiten verfügt, sollte sich die Stunde Zeit nehmen und sich mit "Lightbulb Sun" in einen dunklen Raum zurückziehen. Das alles umfassende Soundgewand hüllt den Hörer dann vollständig ein und durchströmt das Hirn Note für Note. Definitiv ein coole Erfahrung, auch wenn man die Sinnhaftigkeit ein wenig anzweifeln darf. Für alle Die-hard-Fans ist der Re-Release freilich ein Muss. Wer das Original schon besitzt, sollte selber beurteilen ob die 5.1-Erfahrung ihm das Geld wert ist; der reine Neumix ist nicht genug, um da wirklich den vollen Albumpreis zu rechtfertigen. Einzig die auf DVD untergebrachten Bonustracks der damaligen Touredition sind ein Argument, wobei diese auf der CD wesentlich besser aufgehoben wären. Bleibt noch die Gruppe derer, die "Lightbulb Sun" bisher nicht kennen. Für die kann aufgrund der muskalischen Topqualität nur eine klare Kaufempfehlung rausgehen. Dennoch ein fragwürdig sinnvoller Re-Release, der aber vielleicht den alten Werken einer großen Band noch ein wenig mehr die Aufmerksamkeit verschafft, die sie verdienen.
Anspieltipps: Hatesong, Lightbulb Sun, Russia On Ice, Where We Would Be
- Redakteur:
- Dennis Hirth