PRETTY RECKLESS, THE - Light Me Up
Mehr über Pretty Reckless, The
- Genre:
- Hard Rock
- ∅-Note:
- 9.00
- Label:
- Interscope Records
- Release:
- 27.10.2010
- My Medicine
- Since You're Gone
- Make Me Wanna Die
- Light Me Up
- Zombie (nur US-Erstauflage)
- Just Tonight
- Miss Nothing
- Goin' Down
- Nothing Left To Lose
- Factory Girl
- You
Eines der coolsten Debütalben des dritten Jahrtausends und der Grundstein einer bemerkenswerten Karriere.
Als ich im vergangenen Jahr unerwartet und kurzfristig auf ein freigewordenes Ticket aufsprang, um AC/DC live zu sehen, hatte ich mich im Vorfeld nicht über die Vorgruppe informiert. Das hätte auch keinen Unterschied gemacht, denn weder war mir damals THE PRETTY RECKLESS ein Begriff, noch - in Ermangelung einer ausgeprägten Fernsehaffinität - der Name der Sängerin Taylor Momsen und der Serie "Gossip Girl". Das sollte sich ändern, denn der Auftritt des Quartetts aus den USA hat mich von Anfang bis Ende komplett begeistert, und noch in derselben Nacht, dank Zugausfällen war ich um 4 Uhr daheim, wurde die komplette Diskographie bestellt. Da das erste Album noch nicht in unserer Datenbank ist, sei dies hiermit ebenso nachgeholt, wie meine persönliche Entdeckungsreise durch das Schaffen der Band.
Das 2010 erschienene Debütalbum "Light Me Up" ist unprätentiös, schnörkellos, rockt gediegen auf die Zwölf, und es kommt in einem herrlich transparenten, differenzierten, dynamischen Sound daher, für den der inzwischen leider verstorbene Produzent Kato Khandwala verantwortlich zeichnete. Mit kurzen, knackigen Songs zwischen 2:42 und 4:12 Spielzeit, ist es dabei mit Vibes garniert, die sich im Schnittbereich zwischen L7 zu "Bricks Are Heavy"-Zeiten, nur etwas cleaner, frühen Werken von AVRIL LAVIGNE, nur etwas erwachsener, aber auch bei JOAN JETT, nur etwas moderner, oder auch mal lasziv-androgyn wie Shirley Manson mit GARBAGE, aber etwas weniger elektronisch und loopig präsentieren.
Was schon auf dem Debüt ganz besonders auffällt, ist das Songwriting, das sich Sängerin Taylor Momsen, Gitarrist Ben Phillips und Produzent/Bassist Kato Khandwala teilen, und das einfach mal so im Vorbeigehen jeden einzelnen Song zum Hit macht. Nicht im Sinne von Welthit, aber im Sinne eines Songs, der sofort hängen bleibt, der großartige Hooks hat, und den man einerseits schnell mitsingen kann, der sich aber andererseits trotzdem nicht abnutzt, weil er Seele und Widerhaken hat, instrumentale Finessen, die in einem vergleichbar kommerziellen Metier doch eher selten in der Weise herausstechen. Coole Basslicks, kleine, scheinbar unscheinbare, aber effektive Frickeleien, abgedrehte Drumpatterns und Grooves, auch mal hier und da ein elektronisches Loop, das wieder GARBAGE grüßen lässt. Bei 'Goin' Down' gibt's dann auch noch S.O.A.D.-Anflüge hier und da, speziell in manchen Gesangsparts; und zum Schluss mit 'You' eine sehr zarte Akustikballade mit Gitarre, Violine und Cello, die auch bei 'Make Me Wanna Die' ran dürfen.
Auch die Lyrics und ihr Flow sind auf ganzer Linie geschmeidig und kommen echt rüber. Das ist irgendwie das Frappierende: Man erwartet aufgrund der Rahmendaten und dadurch induzierten Vorurteile (junger Serienstar will Rockerin werden), mehr ein kommerzielles Produkt, ein All-Star-Projekt, das am Reißbrett um das "Hollywoodsternchen auf Abwegen" am Mikro herum designt ist, und auch dementsprechend wenig Seele hat. Aber genau das sind THE PRETTY RECKLESS und dieses Debütalbum in meinen Ohren eben nicht, sondern das Ding klingt von A bis Z nach Herzblut, speziell von Seiten der Sängerin, die ihre Lyrics wirklich großartig und irre gefühlvoll herüber bringt, es klingt nach künstlerischem Anspruch, nach dem Willen, es mit genau dieser Band zu schaffen.
Und sie haben es geschafft. Spätestens nach dem Monsteralbum "Death By Rock And Roll" von 2021 und der sich daran anschließenden mehrjährigen Dauertournee mit der australischen Hardrock-Legende, besteht daran kein Zweifel mehr. Dieses Album ist der Anfang, und ich weiß echt nicht, wer erwartet hätte, dass die Band knapp fünfzehn Jahre und vier Alben später immer noch da ist, nahezu unverändert im Line-up (ein fester Bassist kam noch dazu), und nochmal irrsinnig gewachsen. Dass die Band zu quasi jedem Song einen sehr professionellen Videoclip gedreht hat, kommt aufgrund Taylors damaligem "Dayjob" nicht gänzlich überraschend und war der Karriere sicherlich förderlich. Als Fazit bleibt für mich, dass "Light Me Up" nicht nur den Grundstein für eine bisher tolle und bemerkenswerte Bandkarriere gelegt hat, sondern dass es überdies eines der coolsten Debüts des dritten Jahrtausends ist, das den Weg in meine Sammlung gefunden hat.
- Note:
- 9.00
- Redakteur:
- Rüdiger Stehle