PRIMAL FEAR - Metal Commando
Auch im Soundcheck: Soundcheck 07/2020
Mehr über Primal Fear
- Genre:
- Power Metal
- ∅-Note:
- 9.00
- Label:
- Nuclear Blast
- Release:
- 24.07.2020
- I Am Alive
- Along Came The Devil
- Halo
- Hear Me Calling
- The Lost & The Forgotten
- My Name Is Fear
- I Will Be Gone
- Raise Your Fists
- Howl Of The Banshee
- Afterlife
- Infinity
Nomen est omen
Die Töne, die die Band über ihr 13. Studioalbum im Vorfeld spuckten, waren ziemlich groß. Unfassbar, dass wir schon bei so vielen PRIMAL FEAR-Alben angekommen sind. Aber sind wir einmal ehrlich, die Qualität war durch die Bank weg bockstark, die Alben für sich genommen immer Highlights tollster Teutonenstahlkunst und sprühten nur so vor Facetten- und Ideenreichtum. Auf seine Pappenheimer kann man sich eben verlassen. Und insbesondere auf Herrn Sinner, der in Kombination mit der Scheepers-Sirene schon viele Großtaten zusammengeschustert und noch mehr Bühnen in Schutt und Asche gelegt hat.
Als dann Titel und Artwork der neusten "Metal Commando"-Platte veröffentlicht wurden, war zumindest bei mir die Resignation ziemlich groß, sprachen mich beide Dinge doch kaum an und bedrohte mich mit einer Seite an PRIMAL FEAR, die ich von den Recken überhaupt nicht kannte: Ideenlosigkeit.
Doch so kann man sich irren und wieder einmal wird klar, dass man ein Album nicht nur nach Äußerlichkeiten beurteilen darf. Mit Tausendsassa Michael Ehré sitzt nun ein sehr bekanntes Gesicht hinter der Schießbude der Esslinger, die es sich für das musikalisch komplizierte Jahr 2020 nicht nehmen ließen, mal eben im Vorbeigehen eines ihrer besten Alben an den Mann zu bringen. Und wieder einmal reibe ich mir ungläubig die Augen, wenn ich sehe, mit welcher Regelmäßig- und Selbstverständlichkeit PRIMAL FEAR ihre fetten und saftigen Riff-Filets auf den Grill legen. Und ich muss sagen, Matt Sinner hatte Recht: Das Harte ist härter, das Epische epischer, das Schnelle schneller, das Düstere düsterer. Die Songs zünden noch energischer und schneller als sonst, das Tag-Team of Heavy Metal spielt sich in einen Rausch, die Platte läuft wie in einem Guss – und die Songs per se?
'I Am Alive' gibt den Startschuss in diese Lektion in Sachen Schwermetall: rifflastige Rhythmik, offensiver Gesang und ein Refrain zum Niederknien. Das bereits bekannte 'Along Came The Devil' wird speziell Alt-Fans glücklich stimmen, hätte der Song doch auch sehr gut zu "Black Sun" oder "Devil's Ground" gepasst, und brilliert durch sehr geile Gangshouts. Beim folgenden Doppelschlag komme ich auch gleich zu einen "Metal Commando"-Favoriten: 'Halo' ist eine absolute Dosenöffner-Hymne und muss genauso wie das sich stetig steigende 'Hear Me Calling' bei jedem künftigen PRIMAL FEAR-Live-Gottesdienst zum Pflichtprogramm gehören. Lieber Mat, schreib' dir das schon einmal hinter die Ohren! Bei 'The Lost & The Forgotten' agiert das German Metal Commando leider etwas verhalten, wodurch 'My Name Is Fear' jedoch noch kräftiger, satter, zackiger und schlichtweg geiler wirkt. Hier wirkt der Titel am deutlichsten.
PRIMAL FEAR weiß aber auch im 13. Ansturm zu überraschen. Und wenn man in den Songs zuvor schon die Riff-Sau von der Leine ließ, muss man dies eben mit sanfteren, melancholischen Tönen machen: 'I Will Be Gone' ist eine sehr schöne Gänsehautballade, die unter die Haut geht. Danach wird es aber wieder lauter: 'Raise Your Fists' nimmt den Titel wörtlich, 'Howl Of The Banshee' ist ein ziemlich verspielter Track, der speziell nach dem dritten, vierten Durchgang sehr viel Freude macht, und mit 'Afterlife' drückt das Sextett noch einmal kräftig auf das Gaspedal. Das wars.
Das wars? Oh nein, liebe Freunde. Für das Grande Finale schießt der Spielmannszug komplett den Vogel ab und präsentiert mit 'Infinity' einen der bislang denkwürdigsten Songs des Metaljahres 2020. Stellt euch auf ein Gefühlsoverkill mit Chören, Glocken, traumhaften Melodien, einer hohen Emotionalität auf der einen, ein mächtiges Riff und ein absolutes Brett auf der anderen Seite ein. Das i-Tüpfelchen für "Metal Commando", die Kirsche auf dem Sahneeisbecher made of steel.
Ein äußerst weiser Mann hat mal gesagt: Ich habe fertig! Und so fühle ich mich nach diesem Vorschlaghammer auch. Richtig, Artwork und Titel laden zum Gähnen ein, doch was sich letztendlich hinter "Metal Commando" verbirgt, ist fast schon der pure Wahnsinn: Eine Achterbahnfahrt der Gefühle voller Riffs, Schlagfertigkeit und geiler Momente, aber auch durch einen sanften Kuss der Melancholie ebenso gesegnet wie durch ein fast schon unverschämtes Maß an toller Ideen, die durch eine Mannschaft zum Besten gegeben wird, die spielfreudiger und energischer kaum agieren kann. Es ist nicht mehr allzu viel Luft nach oben, meine Herren.
- Note:
- 9.00
- Redakteur:
- Marcel Rapp