PRISTINE - Reboot
Mehr über Pristine
- Genre:
- Blues Rock
- ∅-Note:
- 9.50
- Label:
- Pristine Music Production/Cargo
- Release:
- 22.01.2016
- Derek
- All of My Love
- All I Want Is You
- Bootie Call
- Reboot
- The Middlemen
- California
- Louis Lane
- Don't Save My Soul
- The Lemon Waltz
BLUES PILLS, WUCAN, PRISTINE?
Macht diese Reihung Sinn? Wer die ersteren Bands genauer kennt, weiß, dass sie außer einer blonden Sängerin und der generellen, vom alten 70s-Rock geprägten musikalischen Ausrichtung doch recht wenig gemeinsam haben. Und PRISTINE? Also, Sängerin Heidi Solheim aus Tromsø, Norwegen, ist nicht einmal blond, sondern rothaarig. Und noch dazu passt ihre Musik allerhöchstens bei oberflächlicher Sortierung zu BLUES PILLS. Oder WUCAN. Also weshalb schreibe ich - und nicht nur ich - diese Bands in eine Reihe?
Weil sie toll sind. Weil sie Leben in eine alte, vor zehn Jahren fast tote Musik bringen. Weil sie Stimmen haben, die das Herz berühren. Weil es bei ihrer Musik kaum mehr ein Halten gibt. Weil man bei ihrer Musik andächtig zuhören kann. Weil sie bei der Aufnahme darauf achten, die kleinen, menschlichen Fehlerchen, die auch tollste Musiker machen, nicht zu vertuschen. Weil sie eine Nähe zum Hörer schaffen, die diesem ein wohliges, warmes Gefühl geben.
PRISTINE wird live so klingen wie hier auf CD, denn PRISTINE spielt live, auf dieser CD. Eine Gitarre, ein Schlagzeug, ein Bass, eine Orgel, that’s it. Und Stimme. Viel Stimme. Verdammt viel Stimme. Fünf Sekunden davon braucht es in 'Desert' und der Blitz schlägt ein. Wäre ich - wie damals so oft - im Plattenladen, hätte dies gereicht, um mit dem Teilchen schnurstracks zur Kasse zu laufen, nach Hause zu rennen und voll aufzudrehen. Die Scheibe hätte mich auch nicht enttäuscht. Damals nicht, heute nicht. Im Gegenteil.
PRISTINE ist schmutziger als BLUES PILLS, hat dabei aber auch nicht die krispe Klarheit und Präzision von WUCAN. PRISTINE ist eben norwegisch im Herzen, rauer und gleichzeitig versonnener, und lotet die Extreme etwas mehr aus als andere. PRISTINE packt auch einen kleinen Schuss natürlicher Melancholie in die Klänge, was einer Musik, die "Blues" heißt, sicher nur zugute kommen kann. Blues ist aber nur eine von vielen Facetten in PRISTINEs Kompositionen, die - das rückt sie wiederum in WUCANs Nähe - das breite, offene Spektrum des Begriffs "70er-Musik" voll ausloten.
Dreh- und Angelpunkt von PRISTINE ist wie gesagt der Gesang. Heidi Solheim ist hierbei noch mehr die Heldin der Musik als Elin und Francis in ihren Bands. Was nicht heisst, dass ihre Mitstreiter nicht auch mal nach Herzenslust psychedelisch bluesen und jammen dürfen, wie in 'All I Want', aber wenn sie das Zepter übernimmt, ist sie königlich. Als fetziges Hard-Rock-Chick ('All Of My Love', 'Bootie Call'), als gefühlvolle Transporteurin luftiger Prog-Raumreisen ('All I Want Is You', 'The Middleman'), als charismatisch-einschmeichelnde Charmeurin ('Louis Lane'), als hoffnungsspendende Liebesbotschafterin ('The Lemon Waltz') oder - natürlich - als begnadete Blues-Sängerin: 'Don’t Save My Soul' ist so, wie der liebe Gott sich Blues in seiner reinsten Form ausgedacht haben muss. Eine leicht verzerrte Gitarrenbegleitung, etwas Mundharmonika und eine Sanges-Performance, der bald tausende Fans kniend huldigen werden. Ich sag's euch.
Dann stellt sich zuletzt nur noch die Frage, ob ich PRISTINE auch in puncto Benotung mit den BLUES PILLS und WUCAN gleich setzen möchte. "Blues Pills" und "Sow The Wind" waren bei mir Zehner ohne Nachdenken. Diese Note spare ich mir aber - eher aus einer Laune raus als mit einer richtigen Begründung - für den nächsten PRISTINE-Output auf.
- Note:
- 9.50
- Redakteur:
- Thomas Becker