PYRACANDA - Losing Faith
Auch im Soundcheck: Soundcheck 10/24
Mehr über Pyracanda
- Genre:
- Thrash
- ∅-Note:
- 8.50
- Label:
- FHM
- Release:
- 04.09.2024
- Don't Wait For
- Hellfire
- Mouth Warrior
- Losing Faith
- Misanthrope
- History Twister
- We Are More
- Spoke In The Wheel
- What Builds My Pride
- Hold On!
Auch nach 30 Jahren Pause nichts verlernt!
32 Jahre sind eine verdammt lange Zeit. Wenn man aber PYRACANDA heißt, wischt man diese drei Dekaden mal eben mit einem eisernen Besen beiseite und tut so als wäre in der Zwischenzeit die Musikwelt stehengeblieben. Anders kann ich es mir nämlich nicht erklären, dass "Losing Faith", das dritte Album des in Koblenz beheimateten Quintetts, wunderbar an seine beiden Vorgänger "Two Sides Of A Coin" (1990) und "Thorns" (1992) anknüpfen kann. Wobei, das stimmt ja so gar nicht wirklich. Eher klingt es wie der logische Nachfolger des tollen Debütalbums, auf welchem die Band damals ziemlich dicht am heiß geliebten Bay-Area-Thrash-Sound entlang komponiert hat. Auf dem Nachfolger gab es damals einen Stilwechsel, hin zu mehr Komplexität und etwas trockenerem Klang. Kein Wunder, wenn man Ralph Hubert hinters Mischpult lässt.
Wie klingt die Band, die noch immer aus drei Originalen und zwei Neuzugängen besteht, im Jahr 2024? Auf dem Headbangers Open Air in diesem Jahr konnte ich mich schon von den Livequalitäten der sympathischen Truppe überzeugen. Dort wurde auch ein neuer Song präsentiert, der mir sehr gut gefiel. "Losing Faith" läuft nun schon seit einigen Wochen bei mir, sodass ich glaube, einen ganz guten Eindruck vom Material widergeben zu können.
Kommen wir zuerst zu den positiven Eigenschaften. Die Band spielt wieder herrlich mitreißenden Thrash, der mit erstklassigen Hooklines ausgestattet ist und bei welchem alle Musiker glänzen können. Es gibt haufenweise saftige Riff-Attacken, die jeden Freund solcher Stilistik schnell begeistern werden, aber auch die Rhythmustruppe liefert mehr als hörenswerte Idee ab, sorgt für viel Abwechslungsreichtum und auch etliche Zick-Zack-Läufe innerhalb einiger Songs. Das gefällt mir natürlich besonders gut.
So knallt das eröffnende 'Don't Wait For' ohne Vorwarnung gleich mit einem derartig großartigen Riffgewitter um die Ecke, dass die Band mich da schon am Schlawittchen hat. Der gradlinige Nachfolger 'Hellfire' ist mir dann eben genau dies: zu gradlinig. Live sicherlich ein amtlicher Kopfschüttler, aber auf Konserve zu wenig Flitzigkeit und Abwechslung. Aber da gibt es andere Kandidaten, die mir super gefallen. So brät das rattenscharfe 'History Twister', welches offenbar auch textlich ziemlich fein zu sein scheint, mit seinen messerscharfen Riffs einige Löcher in meine Lauscher und die erstklassigen Gang-Shouts animieren zu sofortiger Faustbildung. Wo wir schon beim Thema Gang-Shouts sind: Diese kommen in vielen Songs als prägendes Stilmittel zum Einsatz und sorgen dafür, dass zum Beispiel ein galoppierendes 'Spoke In The Wheel' ebenfalls sofort ins Ohr geht.
Ganz famos ist übrigens auch das Doppel in der Mitte, bestehend aus dem Titelsong und 'Misanthrope', zwei Songs die ruhig beginnen und sich stetig steigern. Während ich beim Titelsong den Chorus sensationell finde und mir dieser immer tagelang im Kopf herumgeistert, ist es bei der anderen Nummer der herrlich verschachtelte Aufbau, der mich komplett begeistert. Mehrstimmiger Gesang, tolle Tempiwechsel, ein schöner Laut/Leise-Effekt und eine textliche Message, die mitreißt.
Kommen wir jetzt zu weniger positiven Aspekten des Albums. Beim Chorus von 'Mouth Warrior' frage ich mich bis heute, was da tatsächlich gesungen wird. Stört mich beim restlichen Album der deutsche Akzent nicht, so verstehe ich dort zu keiner Sekunde 'Mouth Warrior', denn die Betonung der einzelnen Silbe ist so seltsam, da komme ich einfach nicht gegen an. Sorry. Dann gibt es mit 'We Are More' noch einen Stampfer, der obendrein auch noch mit einem derart plakativen Breitwand-Chorus um die Ecke kommt, dass ich kurz mal überlege, ob ich gerade WARLOCK im Player habe. Gut, ich übertreibe, so schlimm ist die Nummer musikalisch nicht, aber meine Aversion gegen diese Art von Klatsch-In-Die-Hände-Metal ist einfach zu groß.
Damit wir die Besprechung zu diesem sonst sehr guten Album positiv beenden, verweise ich abschließend auf meinen Favoriten, der sicherlich am Jahresende in den Perlen auftauchen wird. Die Rede ist von sensationellen Rausschmeißer 'Hold On!'. Der unfassbare Drive dieser Nummer packt mich jedes Mal aufs Neue und beim grandiosen Chorus – so geil eingesetzte Gang Shouts habe ich seit Jahren nicht gehört! – muss ich jedes Mal mit gereckter Faust mitgrölen! Ganz, ganz tolle Nummer!
- Note:
- 8.50
- Redakteur:
- Holger Andrae