RPWL - Beyond Man And Time
Mehr über RPWL
- Genre:
- Art Rock
- ∅-Note:
- 9.00
- Label:
- Gentle Art Of Music/Soulfood
- Release:
- 09.03.2012
- Transformed
- We Are What We Are
- Beyond Man and Time
- Unchain the Earth
- The Ugliest Man in the World
- The Road of Creation
- Somewhere in Between
- The Shadow
- The Wise in the Desert
- The Fisherman
- The Noon
RPWL zelebrieren die hohe Kunst des Art Rock
"This Is Not A Prog Album" - so könnte der neueste RPWL-Output auch heißen. Fernab von jeglichen Klischees zaubert die Truppe aus Süddeutschland auch im Jahr 2012 besten Artrock und kokettiert mit dem Image der vermeintlichen Prog-Musik. Eines sollte ich an dieser Stelle vorwegnehmen: "Beyond Man And Time" könnte im Rennen um das Prog-Album des Jahres ganz vorne mit dabei sein.
Progressive Musik und Konzeptalben, das ist anscheinend eine nahezu zwingende Kombination, der sich jede Band im Dunstkreis des bösen P-Wortes einmal stellen muss. GENESIS, PINK FLOYD, QUEENSRYCHE, DREAM THEATER - die Liste an solchen Alben ist lang und ihr Ruf bei den Fans teilweise legendär. Mehr als Grund genug, "Beyond Man And Time" genauer unter die Lupe zu nehmen. Man hat sich Grundgedanken aus Nietzsches „Also sprach Zarathustra“ vorgenommen und fordert den aufmerksamen Hörer auf, sich mit dem Sein jenseits der direkt beobachtbaren Welt auseinanderzusetzen.
Eine Reise, die uns über eine Stunde lang weg vom Hier und jetzt entführt, wurde auf CD gepresst. Und das tun RPWL in so einer atmosphärischen Dichte, dass sie den ständig präsenten, fast schon damoklesken Vergleich zu FLOYD und Co. nicht scheuen brauchen. Im Presse-Info wird von Sänger Jogi Lang deutlich gemacht, dass "Beyond Man And Time" keine identitätslose Konsensware darstellen soll, die man ohne viel Gedanken und Mühe annimmt, ohne sie wirklich verarbeitet zu haben. Das trifft es ziemlich gut, denn von kurzweiliger, eingängiger Fahrstuhl-Musik sind wir hier sprichwörtlich genauso weit entfernt wie „6.000 Fuß jenseits von Mensch und Zeit“.
Da gibt es natürlich Songstrukturen und großartige Melodiebögen in Hülle und Fülle. Und was es noch gibt: Zeit. Nämlich Zeit, musikalische Ideen auf sich wirken zu lassen, ohne dass man sofort vom nächsten Textbaustein erschlagen wird, um sich ja nicht zu lange mit den gleichen Tönen aufhalten zu müssen. Gelobt sei der Artrock, der den Hörer manchmal zur Muße zwingt, auf etwas zu warten und sich von Klanggebilden beeindrucken zu lassen, die nicht aus einer Maximalzahl gespielter Noten pro Zeiteinheit bestehen. RPWL verwöhnen uns auf "Beyond Man And Time" mit so vielen Klängen, dass eine Besprechung jedes einzelnen Songs dem Gesamten kaum genügend Rechnung tragen würde.
Wer sich bereit erklärt, alles bis auf die Musik für gute 70 Minuten auszublenden, wird bestens belohnt. Mit Moog-Soli, die klanglich an die zahlreichen 70er-Großtaten der Genre-Granden erinnern, mit einem Jogi Lang, dem nicht zu Unrecht eine stimmliche Nähe zu David Gilmour nachgesagt wird und mit zahlreichen elektronischen Fassaden, die allesamt in Symbiose mit den anderen Instrumenten stehen, um eine musikalische Vision umzusetzen. Hier und da klingen die Gitarren nach Syd Barrett, was dem sehr sphärischen Gesamtklang des Werkes merklich gut tut.
Zu einer tollen Platte gehört im (mittlerweile leider Idealfall) eine tolle Produktion. Auch diesen Punkt können RPWL für sich verbuchen, denn der Sound auf "Beyond Man And Time" ist erstklassig. Da freut man sich als Anhänger der HiFi-Kultur, wenn der Erwerb eines physikalischen Tonträgers belohnt wird und die Musik mit gutem Equipment deutlich besser klingt als mp3-Schrott mit den kultig designten weißen Ohrhörern des großen Obstfabrikanten.
Insgesamt ist der einzig negative Aspekt an "Beyond Man And Time", dass 70 Minuten sehr schnell vergehen können. In diesen 70 Minuten kann man vielleicht einen ersten Eindruck gewinnen, vom „Erschließen“ bin ich auch nach zwei Wochen intensiven Hörens noch immer entfernt. Neun Punkte für das vielleicht beste RPWL-Album.
Und wer RPWL bereits live erlebt hat, weiß, dass sie ihre Stärken nicht nur im Studio demonstrieren, sondern ganz bestimmt auch den Konzertbesucher mit auf eine Reise nehmen werden.
- Note:
- 9.00
- Redakteur:
- Nils Macher