R.E.M. - Monster
Mehr über R.E.M.
- Genre:
- Alternative / Rock
- ∅-Note:
- 9.00
- Label:
- Warner Bros. Records / Warner Music
- What's The Frequency, Kenneth?
- Crush With Eyeliner
- King Of Comedy
- I Don't Sleep, I Dream
- Star 69
- Strange Currencies
- Tongue
- Bang And Blame
- I Took Your Name
- Let Me In
- Circus Envy
- You
<strong> <br />Mit bissigem Sound und flauschigen Songs bietet R.E.M.s "Monster" eine echte Alternative zum populären Mainstream-Rock.</strong> <br />
R.E.M. hatte es nicht leicht mit diesem Album, und das lag nicht nur am Tod zweier Freunde von Sänger Michael Stipe - dem von River Phoenix, welchem das Album gewidmet ist, und dem von Kurt Cobain, seinerzeit Hauptsänger und Gitarrist bei NIRVANA - früher im Jahr seines Erscheinens. Doch all das soll hier nicht weiter Thema sein. Allerdings fällt auf, dass "Monster" anders klingt als vorangegangene R.E.M.-Alben. Die Band versuchte sich hier bewusst an einem neuen Sound, der fuzziger und fetter klingt, mit Reverbs, Verzerrung und ineinander verschwimmenden Instrumenten arbeitet, dabei aber auch immer wieder mit knackigen Rhythmen aufwartet. Mehr Rock in den Knochen also, aller Eingängigkeit und fast schon poppigen Softness der nackten Kompositionen zum Trotz. Und vielleicht hört man es dem Album eben doch an, dass es keine einfache Geburt war, die zu seinem Erscheinen führte, sind die Wehen im Vorfeld eben doch tief in seinem Gesamtsound verwurzelt. Jedenfalls rockt dieses Werk auf eigentümliche Weise.
Das fängt schon mit dem Opener, der damaligen Single-Auskopplung 'What's The Frequency, Kenneth?' an, einem der liebsten R.E.M.Songs des Bassisten Mike Mills. Tüchtig Hall auf den Gitarren, energischer Gesangseinsatz von Stipe, ein grooviger Bassrhythmus und tragendes, mehr als nur nuancierendes Schlagzeug lassen den Song gleichwohl gut abgehangen vorantreiben, mit einigen psychedelischen Figurinen darin. Noch grooviger tönt dann 'Crush With Eyeliner', welches den leicht angegrungeten "Mirrorball"-Sound des im darauffolgenden Jahr mit PEARL JAM als Backingband aufgenommen NEIL YOUNG-Albums vorwegnimmt. Eine weitere Stufe zwingender im Rhythmus eignet sich das pumpende und doch irgendwie schwebende Stück 'King Of Comedy' sogar als Tanzbodenfüller für die Alternative-Disco.
Dass man es beim "Monster" dann doch nicht nur mit einfachem Rock zu tun hat, erweist sich spätestens mit dem wahrlich schwebenden, fast schon postrockigen Gitarren-&-Piano-&-Falsettgesang-Chilltrack 'I Don't Sleep, I Dream', einer der letzten großartigen Nummern der Slackerrockjahre. 'Star 69' lässt es dann wieder rockig angehen, ist dabei allerdings ebenso eigensinnig wie eingängig arrangiert und produziert worden - eben ein echter R.E.M.-Song mit untypischer "Monster"-Frisur.
Wiederum schwebend, diesmal jedoch romantischer, instrospektiver, wird es mit 'Strange Currencies', einer Ballade im Stile von 'Everybody Hurts', der Hitsingle vom erfolgreichen Vorgängeralbum "Automatic For The People", welches seinerzeit auf Platz 2 der US-Billboard-Charts kletterte und seit seiner Veröffentlichung inzwischen weltweit über 18 Millionen Mal verkauft worden ist. Allerdings klingt 'Strange Currencies' etwas schroffer im Sound, was seiner nachdenklichen Grundstimmung allerdings keinerlei Abbruch tut, ja ihr sogar noch zusätzliche Tiefe verleiht. Auch das leicht verschleppte, pianobegleitete Falsettlied 'Tongue' lässt es romantisch und zärtelnd angehen, inklusive Hippieorgel im Hintergrund. Perfekt schließt sich 'Bang And Blame' daran an, welches sanft beginnt, sich langsam aufbaut und schließlich im Refrain zum eingängigen Rocksound der ersten Stücke auf "Monster" zurückfindet, welcher zur melancholisch verhangenen Stimmung der Strophen einen angenehmen Kontrast bietet.
In 'I Took Your Name' wird dann wieder mit halbausgefahrenen Krallen und sonorem Verstärkerklang melodisch-groovig gerockt. Bei Bühnendarbietungen dürfte dieses Stück noch einmal einiges an Druck und Härte gewonnen haben. Ziellos im Reverb dahintreibend könnte die ergreifende psychedelische Cobain-Elegie 'Let Me In' kaum unterschiedlicher klingen. Knochentrocken, spartanisch, drahtig zäh im Sound hingegen ertönt 'Circus Envy', zwar wieder mit rockig röhrenden Gitarren im Anschlag, die jedoch größtenteils an kurzen Zügeln im Zaum gehalten werden, was das dennoch muskulös und irgendwie grimmig wirkende Stück über das alte "Monster Eifersucht" unterschwellig bedrohlich klingen lässt. Und auch das finale 'You' strahlt eine unberechenbare Spannung aus.
"Monster" ist somit ein Album, das außer typischen R.E.M.-Momenten mit starkem Wiedererkennungswert auch sehr viel Abwechslung und Kontraste, Spannungsmomente aber auch eine bisweilen hypnotische Vagheit bietet; das aus Verstärkern, Reverb und dem Zusammenklang von Gitarre, Bass und Orgeln mit in der Rockmusik ungewöhnlichen Gesangsstilen mitunter psychodelische Effekte herausschält; das seinen teils sanften, schwebenden, fuzzig flauschigen Kompositionen eine katzenhafte Eigenwilligkeit, raubtierartige Unberechendheit und bissige Produktion zugesteht, die man so von der Band nicht erwartet hätte; ein Ausnahmealbum also, das dank seines Außenseiterstatus' leider nie die allgemeine Aufmerksamkeit, Wertschätzung und Breitenwirksamkeit erhalten hat, die es durchaus verdient hätte.
Anspieltipps:
Crush With Eyeliner; I Don't Sleep, I Dream; Strange Currencies; I Took Your Name; Circus Envy.
- Note:
- 9.00
- Redakteur:
- Eike Schmitz