RAGE - Speak Of The Dead
Mehr über Rage
- Genre:
- Symphonic Progressive Metal
- Label:
- Nuclear Blast
- Release:
- 24.03.2006
- Mortituri Te Salutant
- Prelude Of Souls
- Innocent
- Depression
- No Regrets
- Confusion
- Black
- Beauty
- No Fear
- Soul Survivor
- Full Moon
- Kill Your Gods
- Turn My World Around
- Be With Me Or Be Gone
- Speak Of The Dead
Ich höre mir das neue RAGE-Album "Speak Of The Dead" an, daran besteht kein Zweifel. Selbst wenn ich blind und demzufolge nicht in der Lage wäre, das die Schrift auf dem Cover zu lesen, und auch noch niemals zuvor eine einzige Note von Peavy & Co. gehört hätte, wüsste ich es. Denn eine Stimme aus dem Off erzählt mir ca. alle zwei Minuten genau dieses: "You are listening to the new RAGE album - Speak Of The Dead", insgesamt nervtötende sechsundzwanzig Mal. Und wer ist angeblich Schuld daran? Zum einen die Konsumenten - also ihr -, die sich verstärkt Musik über Emule und wie sie alle heißen herunterladen, statt sie zu kaufen. Zum anderen die Kritiker - also wir -, die mit dem uns anvertrauten Vorab-Promomaterial nicht ehrenhaft umgehen und solche Downloads noch vor Veröffentlichungstermin überhaupt ermöglichen. So heißt es zumindest. Wer dies liest und sich einer der beiden Gruppen zugehörig fühlt, sollte vielleicht mal über sein Verhalten nachdenken. Sorry, diese Predigt musste jetzt mal sein.
Noch da? Gut, dann widmen wir uns endlich der Musik, die zwischen den Ansagen auszumachen ist.
Nach der vielumjubelten Klassikphase mit den Alben "Lingua Mortis", "XIII" und "Ghosts" haben sich RAGE in letzter Zeit eher auf das metallische Element konzentriert, und mancher Fan mag sich gefragt haben, ob's das in Sachen "Metal meets Klassik" schon gewesen ist. Mit "Speak Of The Dead" versuchen sich das Trio nun an einer Mischung aus beidem: Die erste Hälfte ist der orchestralen Seite gewidmet, umgesetzt vom Sinfonie-Orchester aus dem weißrussischen Minsk, während man hinten raus wieder ordentlich auf's Gaspedal drückt. Herzstück der Scheibe ist die 25minütige und in acht Teile aufgeteilte, aber durch die gekonnten Überleitungen eine Einheit bildende 'Suite Lingua Mortis' gleich zu Anfang. Bombastisch beginnt das kurze Instrumental 'Morituri Te Salutant' mit einem Fanfarenintro, das in das 5/4-Takt-Pianothema von 'Prelude Of Souls' mündet, welches in Folge von Band und Orchester recht rasant variiert wird. Victor Smolski, der einen Großteil der Parts komponiert hat, genoss bekanntlich eine klassische Musikausbildung und liefert konsequenter Weise Arrangements auf höchstem Niveau. Aber erst beim dritten (und ersten nicht rein instrumentalen) Song 'Innocent' wird ein Schuh draus: Heavy Riffs, Peavys typischer prägnanter Gesang und die klassischen Elemente kennt und liebt man bereits seit "Lingua Mortis", und nur als Ganzes klingt es so richtig stark. Auf das kurze und düstere Orchester-Intermezzo 'Depression' folgt das teils groovige, teils hymnische 'No Regrets', in dem Peavys Stimme, zum Teil unterstützt von einem gemischten Chor, zwischen unterschiedlichen Stimmungen variiert und Gitarrenkünstler Smolski einige abgefahrene Effekte und herzzerreißende Soli vom Stapel lässt. Nach zwei weiteren kurzen Instrumentalstücken endet die Suite mit der traurigen Ballade 'Beauty' und einem fetten Orchestertusch.
Der zweite Teil von "Speak Of The Dead" verzichtet, wie bereits einleitend erwähnt, auf das Orchester und legt sechs typisch schmissige RAGE-Songs nach. Es beginnt mit dem teils pfeilschnellen, teil stampfenden, teils eingängigen 'No Fear', gefolgt von dem in den Strophen doublebass-lastigen, im Refrain sehr hymnischen 'Soul Survivor'. 'Full Moon' erweist sich zwischen einem melodischen Gitarrenin- und -outro als äußerst rifflastig und soll in diversen Bonusversionen auch in deutscher, russischer, japanischer und spanischer Sprache erscheinen - Sammler aufgepasst! Das brachiale und spielerisch angeblich sehr anspruchsvolle 'Kill Your Gods' schraubt das Tempo noch weiter nach oben, während 'Turn My World Around' das übliche Schema umkehrt und auf melodische Strophen einen härteren Refrain folgen lässt. 'Be With Me Or Be Gone' geht bis auf den vertrackten Mittelteil ziemlich direkt zur Sache, und der abschließende Titeltrack ist ein Speedbolzen in bester 'Sent By The Devil'-Manier.
Während der erste Teil, die 'Lingua Mortis Suite' sicher den einen oder anderen Durchlauf mehr braucht, um sich in all seinen Facetten zu erschließen, bolzt der zweite Teil für meinen Geschmack etwas zu heftig drauf los. Die Idee, orchestrale und RAGE-typische speedmetallische Parts auf einem Album zu vereinen, mag an und für sich gut gemeint sein. "Speak Of The Dead" wirkt als Ganzes dadurch aber zu zerrissen und am Stück gehört nicht wirklich stimmig, da der berühmte rote Faden abhanden kommt.
Anspieltipp: Suite Lingua Mortis (Song 1 - 8)
- Redakteur:
- Elke Huber