RAGE - Unity
Mehr über Rage
- Genre:
- Heavy Metal
- Label:
- SPV
- Release:
- 13.05.2002
- All I Want
- Insanity
- Down
- Set This World On Fire
- Dies Irae
- World Of Pain
- Shadows
- Living My Dream
- Seven Deadly Sins
- You Want It, You'll Get It
- Unity
Die Boxen dröhnen mit kraftvollen Bässen wie von einer Street-Cruiser, marschartiges Drumming erklingt, das von E-Gitarre simulierte Wiehern eines Pferdes. Der Auftakt zum Opener „All I Want“ lässt mich erst unsicher, ob ich wirklich die RAGE-CD eingelegt habe, aber spätestens beim Einsetzen des Gesanges ist alles klar: RAGE sind wieder da, inzwischen mit ihrem 16. Album, kleinere Outputs nicht mitgezählt. Einen kräftigen Bekanntheitsschub und einiges an Anerkennung gab es mit dem orchestralen Werk „Lingua Mortis“, der ersten deutschen Kombination von Metal und Klassik. So mancher Fan allerdings nahm der Band um Mastermind Peavy Wagner die nachfolgenden Exkurse in den Bereich Orchestral Metal etwas übel, weil ihnen die Klänge vermutlich zu ungewohnt waren. Diesen Fans sei gesagt, dass mit „Unity“ alles wieder handgemachte Metalpfade geht, das Lingua-Mortis-Orchestra ist nicht mit von der Partie, und lediglich das düster angehauchte „Dies Irae“ weist klassische Chor-Passagen auf – ein recht interessantes Experiment ohne orchestrale Begleitung.
So geht bereits erwähnter Opener „All I Want“ ganz schwer nach vorn, kraftvoller Metal in Reinkultur, mit einem klasse Refrain, der in einer Passage a-capella dargeboten wird und live zu einer Mitgröhl-Hymne werden dürfte. Das Album ist auch durchaus auf Live-Tauglichkeit ausgerichtet, nachdem sich von den klassischen Alben nicht so viele Songs eigneten, um vernünftig im Rahmen einer Show arrangiert werden zu können. „Unity“ bietet Zündstoff satt für die Ohren, wenngleich sich bei mir nach mehrfachem Hören einige klare Favoriten abzeichneten, die herausstechen. In der Summe hatte für mich die „End Of All Days“ nicht nur 25 Minuten mehr Inhalt zu bieten, sondern auch eine größere Anzahl gleichbleibend beeindruckender Ohrwürmer, aber in Sachen Kunstfertigkeit ist „Unity“ deutlich gereift, auch wenn sich das Können von Smolski an den Gitarren für meinen Geschmack so manches Mal in nervigem Flitzfingergeschrebbel zu beweisen sucht; ich denke, da gäbe es angenehmere Möglichkeiten, wie gerade der Titelsong „Unity“ zeigt, der als instrumentaler Abschluss der Scheibe mit seinem klassischen Arrangement, ausgeführt mittels reiner Metal-Instrumentierung, breiten Raum vor allem für die Könner Victor Smolski (Gitarren und Keyboards) und Mike Terrana (Drums) bietet, um dem Hörer erstaunten Respekt abzuverlangen. Dieser Part wird auch die Soli-Pause auf den Konzerten ersetzen und dadurch die Show nicht so offensichtlich unterbrechen. Man darf gespannt sein, wenn es im Herbst auf Tour geht.
Neben den bereits erwähnten Songs hat es mir besonders das balladesk beginnende „Set This World On Fire“ angetan, das sich nach der Eingangspassage zu einem wahren Hammersong entwickelt, inklusive hymnischem Refrain, der diesen Song zu einem weiteren Highlight auf der Tour machen dürfte, sowie einem sehr gelungenen Flitzefingergitarrenpart, der hier keineswegs nervend wirkt.
Was übrigens das Mitsingen anbelangt: Das Album entstand ja in den Twilight-Studios von BLIND GUARDIAN, und so nimmt es nicht wunder, dass Hansi Kürsch, seines Zeichens Ausnahme-Shouter der Band, auf „Unity“ ebenso sein „Stimmchen“ den Backing Vocals beisteuert wie es zum Beispiel auch DC Cooper von SILENT FORCE tut.
Was namhafte Künstler angeht, so sei noch der Grafiker des extrem leckeren Covers erwähnt – es gibt übrigens für Jewel Case, Digi Pack und Gatefold LP (letztere zwei natürlich limitiert) jeweils ein extra Artwork. Dieses Schmuckstück stammt wieder von Mastermind Joachim Luetke, der bereits das Album „Perfect Man“ veredelte und für Künstler wie MARYLIN MANSON oder DIMMU BORGIR gekunstwerkelt hat. Ich weiß jetzt auch, warum mir seine etwas morbide Federführung so bekannt vorkam: Er hat in der Schweiz Kunst studiert, hockt jetzt in Wien herum und ist mit Alien-Guru Giger befreundet.
Insgesamt wäre es vielleicht vorschnell zu sagen, hier das bisher „beste“ reine Metal-Album der Band vorliegen zu haben, da es immer auf die Perspektive ankommt – ich für meinen Teil finde die Klassik-Einbindung ganz famos, aber in jedem Falle ist Abwechslung immer erfrischend und Stilwechsel sinnvoll aus meiner Sicht. Technisch gesehen ist dies aber wohl das ausgereifteste Album von RAGE, wozu nicht unerheblich beigetragen haben dürfte, dass Peavy nicht im Alleingang Schreiberling war, sondern alle drei Künstler gleichsam ihren Part zum Gesamtwerk beisteuern. Nicht zu vergessen: Auch die Texte sind Peavy wie immer ausgezeichnet gelungen. Eine satte Packung, angereichert mit progressiven Elementen, die ich bedenkenlos empfehlen kann, wenn man sich nicht zu sehr an die Klassik-Version des RAGE-Sounds gewöhnt hat.
Anspieltipps: Set This World On Fire; All I Want; Unity
- Redakteur:
- Andreas Jur