16.04.2014 | 07:56
Weltuntergang. Aber gut dabei aussehen.
Ganz ehrlich dachte ich beim ersten Durchhören dieser Sammlung, dass diese Belgier nicht ganz zurechnungsfähig sind. Das gesamte Album "RKTKN 1" mit Vornamen zu füllen ist ja schon so ein Indiz, Konzept her! Und weg damit. 'Herman' und 'Louis' brennen die Sicherungen durch, es geht im Rahmen von jeweils zwei Minuten durchs Unterholz des Punkrocks. Schön laut und schön schnell dazu schön sludgig. Was dann aber schon mit 'Judith' passiert, die zwischen einem Doom und Mathrock zermalmt wird, die Arme! Durchgeknallt, ungebremst, wie auch massig schwer.
Und spätestens jetzt hat dieses spielwütige Quartett die Aufmerksamkeit erregt, die ihm ohne Zweifel zusteht. 'Henri' nämlich ist ein instrumentaler Frontalangriff, in dessen Zentrum sich verzerrte Digitaldaten gehörig auskotzen dürfen. Aber es gibt bei allen Beiträgen eine sehr präsente und metallene Fuzzgitarre, die das flandrische Gebräu nicht allzu abheben oder verkopft werden lässt. Eher ist hier eine überbordende Spielfreude quer durch den Hoppegarten zu erleben. Queer geht übrigens auch, da es für die Band verbindlich ist, sich auch als vollbärtiger Indierocker ganz unbefangen und unfestgelegt mit seinen Bandkollegen herumzuknutschen. So gesehen im Video zu '
Anna', welches auch optisch wie eine gelungene Version von 'November Rain' der glücklicherweise verblichenen GUNS'N'ROSES daherkommt.
Schon an diesem hochunterhaltsamen Kurzfilmchen wird offensichtlich, wie breit sowohl das optische und das musikalische Weltverständnis der Band gewachsen ist. Was 'Eva' betrifft: Doomsterrock aus der obersten Liga. Und Freundin 'Laura' darf gleich hinterherlärmen.
Womit wir die kargen Räume des Noise Rocks betreten. Aber keine Angst: das ist vollkommen modern durch-designet. Folgt besagte 'Anna'. Das eine traurige Tröpflein trifft ein weiteres Tränlein, sie verbinden sich zu einem Fluss, der sich immer wütender dahinschlängelt. Letztendlich ist 'Anna' zu einer Tröpfcheninfektion geworden, denn der Song infiziert durch seine sehr einnehmende Grundidee. Und wieder stand er Pate, der Onkel Doom. Umklammert die unterschwellige positive Stimmung mit seinen garstigen Tönen und erdrückt die Freude. Sehr schön. 'Helen' ist ähnlich getroffen, nur viel hässlicher. 'Pjotr' dagegen ist ein Math Rock Bastard, der sich besonders beunruhigend von den anderen Teilnehmern abhebt. Letzendlich mutiert der Typ zu einem Hardcore.
'Dafür ist dann wieder 'Lena' ganz besonders hübsch und einnehmend. Nein, diese Belgier sind nicht nicht zurechnungsfähig, die sind zukünftig sehr ernst zu nehmen.
- Note:
- 8.50
- Redakteur:
- Mathias Freiesleben
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