RA'S DAWN - Unveiling The Grotesque
Mehr über Ra's Dawn
- Genre:
- Progressive Power Metal
- Label:
- Eigenproduktion
- Release:
- 05.06.2004
- Terrified (E. A. P. Chapter I)
- Follow Me
- The Masque Of The Red Death (E. A. P. Chapter II)
- All That's Left (Is Pain)
- The Fall Of The House Of Usher (E. A. P. Chapter III)
- Speak To The Dead
- Pasage To The Moon
Um den deutschen Nachwuchs muss man sich wirklich keine Sorgen machen. Da gibt es nicht nur eine Band, die würdig das "olympische Feuer" teutonischen Schwermetalls in die Welt trägt. Solches vermögen jedenfalls auch die "Wahlägypter" von RA‘S DAWN. Wobei sie diesmal die ägyptische Mythologie außen vor gelassen haben. Stattdessen holten sie sich ihre Inspirationen vom Altmeiser unheimlicher Phantastik und Erfinder der Detektivgeschichte, Edgar Allan Poe. Leider kenne ich das Demo-Debüt der Band, "Solar Force", nicht, aber es hat fast nur gute Kritiken erhalten. Warum jetzt schon wieder eine Eigenproduktion erscheint, bleibt mir unerfindlich. Sind deutsche Labels eigentlich zu blöd, Qualität als solche zu erkennen und unter ihre Fittiche zu nehmen?! {Stummes Kopfnicken vom Lektor.}
RA‘S DAWN machen Power Metal und irgendwie ist diese Musik - und das sag ich jetzt, obwohl ich überzeugter Prog-Fetischist bin - ja sowieso das Herz des Heavy Metal überhaupt. Sie vermeidet einerseits das Extreme gegrunzter Abnormitäten und andererseits die weichspülende Planschbecken-Schauckelei sanfter gerade-noch-Metal-Ergüsse. Genauso kommt sie ohne die aufgesetzte Proleten-Kraftmeierei des sogenannten True Metal aus. Power Metal ist einfach Metal. Kompromisslos, unmodisch, zeitlos, knallhart, rhythmisch eigenständig, kommerziell uninteressiert und ganz ganz schwer... Wobei mir als Progger bei RA‘S DAWN diese Worte leicht fallen, denn die Band produziert progressiven Power Metal. Zu den vorher genannten Attributen muss also bei ihnen noch hinzukommen: vertrackt und anspruchsvoll. Letzteres meint hier schlicht nichts anderes als eine gewisse Uneingängigkeit: RA‘S DAWN machen uneingängige Musik. Wer beim Refrain mitsingen will, sollte um diese CD einen großen Bogen schlagen. Ihre Musik zündet erst so richtig nach mehreren Duchläufen.
Nun müssen es sich Frischlinge wie RA‘S DAWN natürlich gefallen lassen, mit wenigstens einer der allerorts bekannten Bands verglichen zu werden. Gut – geben wir dem Moloch sein Opfer und nennen wir hier einfach ICED EARTH. Die messerscharfen Riffs sind es, die RA‘S DAWN in diese Ecke schieben und Fans der vorhergenannten Band anlocken sollten. Ähnlich wie für ICED EARTH gilt bei ihnen, dass sie ebenso hart wie Thrash Metal sind, aber eben viel melodischer. Und wenn deine Mutti in ihrem aufgeschlossensten Momenten noch HAMMERFALL ertragen kann, bei ICED EARTH oder eben RA‘S DAWN wird Schluss damit sein. Wer auf solche Unkommerzialität bei gleichzeitiger Melodik steht, kommt beim "Entschleiern des Grotesken" voll auf seine Kosten.
Mit 'Terrified' steigt die Koblenzer Gruppe gleich in die Gedankenwelt Edgar A. Poe‘s ein. Offensichtlich hat seine berühmte Erzählung "Grube und Pendel" für den Textinhalt Pate gestanden. Irgendwo bleiben aber die ägyptischen Wurzeln der Musik von RA‘S DAWN lebendig, denn die gesamte Spiellänge der CD über sind diese typischen Wüstenharmonien zu hören – sprich: mystisch und orientalisch anmutende Gitarrenmelodien. Vertrackte Rhythmik, das stampfende Stakkato der Gitarren und der rauh-melodiöse Gesang stecken gleich zu Beginn das Feld ab, auf dem auch die nachfolgenden Songs wachsen können.
Die Gitarrenmelodie bei 'Follow me' lässt mit ihrer hymnischen Qualität aufmerken. Momentweise will die Gitarre gar wie ein Streicher klingen. Mystische Gesangslinien und neoklassizistisch angehauchte Harmonien prägen die Atmosphäre von 'The Masque Of The Red Death', während das folgende 'All That‘s Left (Is Pain)' die progressiven Elemente in den Vordergrund stellt. Über ruhig fließenden Keyboardtönen kracht eine breaklastige Gitarrenharmonie. Der ganze Track lebt von den teilweise überraschenden Breaks und einem gebremsten, schweren Riffing. Der Gesang in den Strophen klingt sogar richtig einschmeichelnd, der Refrain dagegen wird ordentlich geshoutet.
Ungewöhnlich ist das längste Stück der CD: 'The Fall Of The House Of Usher'. Akustische Gitarren und ein ruhiger melancholischer Gesang bestimmen in den ersten drei Minuten das Klangbild. Leise Keyboardflächen erzeugen eine still verträumte Stimmung. Dann braten plötzlich wieder harte Stromgitarren über wechselnden Rhythmusfolgen, die manchmal schon etwas Irrwitziges an sich haben. Zum Schluss gibt es noch zwei sogenannte Bonustracks, wobei ich mich frage, wieso eigentlich von Bonustracks die Rede ist. Immerhin läuft die CD nur einundvierzig Minuten. 'Speak To The Dead' geht ziemlich nach vorne ab und bietet einen mitsingtauglichen Refrain, was bei RA‘S DAWN ja eher nicht die Regel ist. Das Instrumental 'Passage To The Moon' erfreut mit einer schönen Gitarrenmelodie über kraftvoll ausschreitender Rhythmik.
"Unveiling The Grotesque" könnt ihr auf der Homepage der Band für 7 Euro inklusive Porto bestellen (zusammen mit dem Debüt für 12 Euro). Das mit einem guten Sound versehene Werk sollte Freunde anspruchsvollen Powermetals und Prog-Liebhaber gleichermaßen ansprechen. Hoffen wir mal, dass das nächste Album dann endlich mit Labelunterstützung erscheint.
Anspieltipps: The Masque Of The Red Death, The Fall Of The House Of Usher, Speak To The Dead
- Redakteur:
- Jörg Scholz