RAVENSTHORN - Hauntings And Possessions
Mehr über Ravensthorn
- Genre:
- US Metal
- Label:
- Hellion/Soulfood
- Release:
- 24.01.2005
- Chants Of The Soulless
- Buried In The Basement
- Farewell Misery
- The Ring
- Lost In Darkness
- Hands Of The Killer
- Possessed By Evil
- Bloodthirst Of Dracula
Manchmal benötigt man keine Glaskugel, um Dinge zu prophezeien. So hatte ich vor einigen Monaten die kühne Prognose aufgestellt, dass RAVENSTHORN aus Chicago ein exzellenter Kandidat für das nächste "Headbangers Open-Air" wären. Nun stehen sie neben HEATHEN und TYRANTS REIGN ganz oben auf dem diesjährigen Billing. Und das ist gut so!
Erschien das Erstwerk "House Of The Damned" nur als CDR im Eigenvertrieb, schlägt "Hauntings And Possessions" über Hellion Records im Vertrieb von Soulfood bei uns auf. Da kann ja eigentlich nichts mehr schief gehen. Schon die optische Aufmachung des Rundlings erfreut den erwartungsfrohen Rezensenten. Travis Smith – bekannt durch NEVERMORE, PSYCHOTIC WALTZ, DEATH etc. – hat hier wieder einmal einen Augenschmaus sondergleichen abgeliefert. Düster und bedrohlich beschreibt es sehr schön die Atmosphäre, die RAVENSTHORN während der acht Songs verbreiten. Da man auch mit dem Mann am Mischpult einen alten Hasen engagieren konnte – Gary Loizzo, der unter anderem für STYX tätig war – scheint auf den ersten Blick auch für einen amtlichen Sound gesorgt zu sein. So viel zu den ersten (oberflächlichen) Fakten.
Bevor ich nun auf die Musik eingehe, sei den Unwissenden gesagt, dass es bei RAVENSTHORN einen nicht zu verleugnenden visuellen Effekt gibt. Man denke dabei an Kapellen wie HALLOWEEN, MERCYFUL FATE oder ALICE COOPER. Sänger Bill Jannusch präsentiert sich gern im Horror-Oufit und versteht es, auch auf lyrischer Seite mit herrlichen Gruselstorys zu begeistern. Angeblich tritt die Band bei größeren Events auch mit einem entsprechenden Backdrop auf. Man darf also nicht nur in einer Hinsicht auf den Auftritt beim HOA gespannt sein.
Nun aber endlich zur Musik. Von den oben genannten Bands dienen vor allem MERCYFUL FATE als musikalische Referenz. RAVENSTHORN bauen auftreibende, gleichzeitig aber intelligent verschachtelte Kompositionen, die druckvoll nach vorne preschen. Dabei driften sie bei aller Verspieltheit selten in die 'progressive' Abteilung. Vielmehr agieren RAVENSTHORN als atmosphärisch dichte Einheit, die nicht selten auch mal ins Epische geht. Absoluter Pluspunkt ist hierbei natürlich die musikalische Vielseitigkeit, die, in Einklang mit einer sehr hohen Individualität, dieser Band einen großen Zuspruch in der Zunft der traditionsbewussten Metaller einbringen wird. Auf der einen Seite klingen RAVENSTHORN wie eine Band aus den Achtzigern, auf der anderen Seite sind die Stücke so überzeugend, frisch und originell, dass der Vorwurf, man würde angestaubt klingen, hier absolut nicht greifen kann. Auch das durch und durch klischeetriefende Image kommt nicht peinlich rüber. Man kauft den Jungs einfach ihren Metal-Spirit ab.
Ein möglicher Kritikpunkt ist sicherlich die Stimme von Bill, die gerne schrill aus den Boxen kommt. Wer aber mit DEADLY BLESSINGS oder HAVE MERCY schon seine Freude hatte, wird auch hier vor Begeisterung seine Luftgitarre schreddern. Bill begeht nämlich nicht den Fehler, seine gesanglichen Qualitäten zu überschätzen und liegt niemals neben der Spur. Klar, das macht es für ungeübte Hörer nicht leichter, die spitzen Spitzen seiner Lungenflügel zu ertragen, läuft mir aber sehr gut rein.
Die musikalische Untermalung wandert von treibenden Bangern der Marke 'Chants Of The Soulless' über epische Longtracks ('Bloodthirst Of Dracula') bis hin zu extrem schnellen Nackenkillern ('Possessed By Evil'). Ganz gleich, welches Tempo die Jungs vorlegen, die Songs zünden sofort und laden zum gepflegten Bangen ein. Als besonders ohrenfreundlich empfinde ich das mystische 'The Ring', welches mit seinem beschwörenden Rhythmus jeder Schlange die nicht vorhandene Wirbelsäule verdrehen würde. Dazu gesellen sich die – teils auf realen Begebenheiten basierenden – Storys, die sich wie spannend-gruselige Kurzgeschichten lesen.
Insgesamt also erstklassiges Futter für die Underground-Fraktion und mit Sicherheit ein guter Grund, zum HOA zu fahren.
Anspieltipps: The Ring, Possesed By Evil, Farewell Misery
- Redakteur:
- Holger Andrae