REALM EX - Comprehension Of Self
Mehr über Realm Ex
- Genre:
- Instrumental Metal
- I See The Sign
- To The Edge Of The Universe
- Autumn Drops
- Reach For The Stars
- Eternal Sun
- In The Grip Of Fire
- Darkness
- Bright Sky
- Religion
Das ist der Ural: Hohe Berge, wilde Schluchten, Bergbauern und dazwischen ein Flitzefinger - Tovarisch-Shredding von dort, wo Asien anfängt.<br />
Mann, der hat doch einen Knoten in den Fingern! Nach dem ersten sehr netten Stück dreht der Russe in 'To The Edge Of Universe' völlig ab! Entschuldigung, jetzt mal Schritt für Schritt. REALM X ist Timofey Mineyev, ein Flitzefinger an der Sechsaitigen. Habe ich schon gesagt, dass der echt schnell ist? Jedenfalls stammt das Projekt oder besser der junge Mann aus Jekaterinburg mitten im Russischen Kernland, 40 Kilometer vor der Grenze zwischen Europa und Asien, und im Mittelpunkt steht eine Gitarre, sechs Saiten und zehn Finger. Oder vielleicht hat der auch zwölf, dem zweiten Song nach zu urteilen, dem schnellen.
Alles auf dieser Scheibe hat Timofey selbst komponiert, und nur ein kleines bisschen Hilfe hat er bei einigen Programmierungen bekommen. Ja, Programmierungen. Hier kommt vieles aus der Konserve, wie viel ist nicht ganz genau festzustellen, aber wenn man es nicht feststellen kann, ist es auch nicht so schlimm. Die Flitzefinger sind echt. Glaube ich. Kann man das nicht auch schneller abspielen? Ach nein, das würde er nicht machen. Der ist bestimmt wirklich so schnell.
Aber zurück zur Sache: Drumcomputer klingen steril, und das ist hier auch der Fall. Das ganze Album wirkt kalt und distanziert, aber bei einer Eigenproduktion aus einem Gebiet, von dem ich mir nicht mal sicher war, dass die Russen da nicht den ganzen Tag mit Bärenhorden ringen, darf man auch mal ein bisschen weniger kritisch sein. Denn am Ende kommt es doch auf die Musik an. Und da ist der Bub immerhin verdammt schnell. Aber das sagte ich schon.
Die neun Kompositionen, die ohne Gesang auskommen, sind aber nicht immer nur auf high speed ausgelegt, um ehrlich zu sein, außer dem Anfang des genannten 'To The Edge Of Universe' gibt es gar keinen zweiten Überschall-Track. Stattdessen wird uns gefühlvoller, gut arrangierter Instrumentalmetal geboten, irgendwo zwischen ambitioniertem Musikstudenten und Gedudel. Einige Stücke wie 'I See The Sign', 'Autumn Drops' und 'Darkness' sind dabei wirklich sehr gut gelungen und müssen sich nicht hinter Kompositionen anderer Shred-Meister verstecken. Dass er dieses Niveau auf "Comprehension Of Self" nicht durchgehend halten kann, liegt weniger an den Stücken selbst als an der fehlenden Dynamik, da einige Lieder eher als Gerüst für sein Gitarrenspiel funktionieren und weniger als Lieder selbst. Das letzte Stück 'Religion' ist da ein gutes Beispiel, wo eine schöne Gitarrenarbeit so deutlich dominiert, dass nichts anderes Akzente setzen kann. Aber auch dass dürfte gewollt sein, oder zumindest in Ermangelung einer richtigen Band billigend in Kauf genommen worden, denn das Gegniedel steht naturgemäß bei solchen Alben im Vordergrund. Viele Gitarristen-Alben weisen dieses Manko auf, dass ihnen die Bandpartner fehlen, die aus den Eskapaden echte Songs machen, und ganz frei davon ist auch REALM X nicht.
Neben der Gitarre weiß Timofey auch den Synthesizer zu bedienen, oder zu programmieren. Zusätzlich zu den neoklassischen Metaleinflüssen kommen tatsächlich poppige, ja fast Ambient-Töne dazu, was ihn von dem Puristen-Shred deutlich abhebt. Das hat teilweise etwas von Fahrstuhlmusik, wenn da nicht die gefühlvolle Sechssaitige wäre.
Damit ist die Zielgruppe auch definiert, denn wer mit den Großen des Genres nichts anfangen kann, wird hier sicher nicht auf den Geschmack kommen. Wer aber einen gelegentlichen Malmsteen, Satriani, Macalpine, Friedman oder Kotzen gerne auflegt, sollte mal ein Ohr riskieren und den schnellen Tim antesten, immer bedenkend, dass es einige Mankos gibt, derer man sich bewusst sein muss, und die da Drumcomputer und Sound heißen, aber auf der anderen Seite ein junges Talent steht, das versucht, auf sich aufmerksam zu machen und immerhin nicht einfach nur den immer gleichen Pfad nachrennt, den –zig andere bereits mehr oder weniger erfolgreich ausgemalmsteent haben.
Und ich höre jetzt nochmal den Anfang des zweiten Stückes ... Gniedelgniedelgniedel...
- Redakteur:
- Frank Jaeger