RED GIANT - Red Giant
Mehr über Red Giant
- Genre:
- Blues / Rock / Alternative
- ∅-Note:
- 9.50
- Label:
- Eigenproduktion / Eigenvertrieb
- Release:
- 18.10.2024
- Friends
- Tell Me
- Why?
- Monsters
- Was It All My Fault?
- Don't
- Free Me
- The Dark Of Me
- What You Gonna Do?
- You Say, I Say
Vielleicht das spannendste Rock-Debüt des Jahres!
Ich bin ehrlich, wenn YouTuber plötzlich Alben herausbringen und Bands gründen, sind die Resultate nicht immer restlos überzeugend und fühlen sich oftmals mehr wie das Nebenprodukt der Videos für den eigenen Kanal an. Nicht so im Falle von Dave Simpson, der das kreative Mastermind hinter RED GIANT ist und den meisten wohl eher durch seine unheimlich symphatischen YouTube-Videos bekannt sein dürfte, in denen er zumeist mit erschwinglichem Equipment den Gitarrenton großer Legenden und inbesondere seines persönlichen Idols John Frusciante nachstellt oder mit überlangen Jam-Sessions für Begeisterung sorgt. Auf "Red Giant" versucht er sich nun aber an deutlich traditionelleren Songstrukturen und serviert uns insgesamt zehn Rocksongs, welche die gesamte Bandbreite des Genres abdecken und sich durchaus gekonnt vor diversen Legenden verneigen.
Los geht es dabei mit einem Doppelpack bestehend aus 'Friends' und 'Tell Me', das sofort ordentlich nach vorne geht und mit toller Gitarrenarbeit überzeugt. 'Friends' ist dabei eher ein klassischer Blues-Rocker mit THIN LIZZY-Schlagseite, der von einem unwiderstehlichen Riff angetrieben und mit tollen Slide-Gitarren garniert wird, während 'Tell Me' fast schon in alternative Gefilde abdriftet und von SOUNDGARDEN bis Stoner Rock ein paar eher überraschende Einflüsse abklappert. Dass die Arbeit an den Instrumente dabei von Dave, Bassistin Cici und Schlagzeuger John Joe hervorragend erledigt wird, dürfte keinen Zuschauer des YouTubers überraschen, hat man doch oft genug schon Live-Videos der Band von diversen Gigs bewundern können. Daves Gesang hingegen überrascht mich unheimlich positiv, hat er doch im Vergleich zu früheren Aufnahmen einen riesigen Schritt nach vorne gemacht. Klar, auch heute noch hat Dave nicht das Organ eines geborenen Sängers, doch er bringt seine Texte mit Charisma rüber und hat auch in Sachen Volumen eine deutliche Schippe drauf gelegt. Gerade im Blues-Sektor kann er damit mit diversen Kollegen problemlos mithalten.
Gleiches gilt für das Songwriting des Briten allerdings nicht, denn hier schwimmt er nicht nur im oberen Mittelfeld mit, sondern bringt sich mit dem RED GIANT-Debüt in Stellung, um sogar in die Champions League aufzusteigen. Wer ein Beispiel für das kreative Genie des Frontmanns braucht, der höre sich nur einmal 'Why?' an, das mit untrüglichem Britrock- und OASIS-Vibe das Thema Missbrauch so gefühlvoll und gleichzeitig zwingend aufarbeitet, dass sich sofort die Gänsehaut auf den Armen ausbreitet. Gut, dass nach diesem emotionalen Höhepunkt 'Monsters' direkt den musikalischen liefert, denn viel besser als in diesen zweieinhalb Minuten kann man eine HENDRIX-inspirierte Rocknummer mit grandiosem Outro-Solo einfach nicht komponieren. Ganz klar ein Anwärter auf meinen Song des Jahres im Rock-Sektor!
Doch mit diesen Höhepunkten ist noch lange nicht Schluss, denn auch klassischen Blues kann das Trio, was mit 'Was It All My Fault?' und 'What You Gonna Do?' eindrucksvoll bewiesen wird. Natürlich darf auch die Verneigung vor RED HOT CHILI PEPPERS-Gitarrero John Frusiante nicht fehlen, doch selbige Erfolg in 'Don't' mit so unbestreitbarer Klasse, dass man den Track mit Anthony Kiedis am Mikro auch durchaus als verschollene B-Seite der "Stadium Arcadium"-Ära verkaufen könnte. Und wenn die wummernden Gitarren in 'You Say, I Say' sogar in doomige BLACK SABBATH-Gefilde blicken und teils in einem verzerrten Crescendo aufgehen, dann wird schnell klar, dass sich der rote Gigant auch in fast schon metallischen Gefilden ungeahnt wohlfühlt.
Was will man mehr, ist dann am Ende die Frage. "Red Giant" serviert großartige Riffs, beschwingten Blues, tolles Schlagzeug- und Bassspiel, geradezu famose Soli, die nie zum reinen Selbstzweck verkommen, und hat oben drauf auch noch eine emotionale Tiefe, die einem teilweise komplett unter die Haut geht. Mehr kann man von einem klassisch inspirierten und auch klanglich herrlich erdigen Rockalbum nicht verlangen, weshalb für mich RED GIANT auch glasklar der spannendste Rock-Newcomer des bisherigen Jahres ist. Vergesst also einmal die YouTube-Bezüge von Mr. Simpson und hört euch dieses Album unvoreingenommen an, denn ich verspreche euch: Ihr werdet begeistert sein!
- Note:
- 9.50
- Redakteur:
- Tobias Dahs