REDEMPTION - The Art Of Loss
Auch im Soundcheck: Soundcheck 02/2016
Mehr über Redemption
- Genre:
- Progressive Metal
- ∅-Note:
- 9.50
- Label:
- Metal Blade (Sony)
- Release:
- 26.02.2016
- The Art Of Loss
- Slouching Towards Bethlehem
- Damaged
- Hope Dies Last
- That Golden Light
- Thirty Silver
- The Center Of Fire
- Love Reign O'er Me
- At Day's End
Ganz große Kunst.
Die Entstehungsgeschichte des letzten REDEMPTION-Albums "This Mortal Coil" war bereits ein tragisches Drama, das allerdings in einem Happy End mündete, schrieb Bandkopf Nick van Dyk doch hier über seinen erfolgreichen Kampf gegen eine seltene Form der Leukämie. Eingesungen vom feinfühligen Ray Alder entstand so ein verhältnismäßig düsteres, atmosphärisches Werk, dass die Band in allerbester Form zeigte. Die Geschichte zu "The Art Of Loss" ist ähnlich dramatisch, erlitt doch Gitarrist Bernie Versailles im Oktober 2014 einen Hirnschlag, nach welchem er zwischenzeitlich sogar im Koma lag. Mittlerweile macht Bernie aber gute Fortschritte in der Genesung, auch wenn er natürlich noch nicht wieder auf diesem Album zu hören ist.
Um diese große Lücke zu füllen, machte Nick van Dyk aus der Not eine Tugend und holte sich diverse Gäste ins Studio. Neben dem eher unbekannten Simone Mularoni (DGM, LALU) sind das mit Chris Poland, Marty Friedman und Chris Broderick gleich drei ehemalige MEGADETH-Gitarristen und anerkannte Saitenzauberer. Diese Wahl sagt natürlich auch viel über die Wertschätzung von Bernie Versailles aus.
Kompositorisch und musikalisch wirkt sich der Wechsel aber nur rudimentär auf den Sound der Band aus. Der etwas düstere Anstrich von "This Mortal Coil" ist passé, stattdessen könnte "The Art Of Loss" der direkte Nachfolger zu meinem bisherigen Lieblingswerk "Snowfall On Judgment Day" sein. Nur dass die Songs noch ausgereifter wirken und mich noch mehr Gesangsmelodien zu fesseln vermögen. Und so langsam können wir uns auch von den nüchternen Fakten in einen angemessenen Euphoriemodus begeben, denn tatsächlich bin ich zu der Überzeugung gekommen, dass hier das bislang beste Album von REDEMPTION vor mir liegt.
Das sieht nach dem ersten Song noch gar nicht so aus. Das Titelstück wirkt auch beim 20. Durchlauf auf mich etwas sperrig und ist die einzige Nummer, die sich noch nicht nachhaltig in meine Hirnrinde gebrannt hat. Dabei kann ich gar nicht sagen, woran es liegt. In erster Linie ist es wohl die Tatsache, dass mich der Refrain hier nicht wirklich zu packen weiß. Doch schon das folgende 'Slouching Towards Bethlehem' lenkt "The Art Of Loss" in die richtigen Bahnen. Die Soli von Chris Poland, Simone Mularoni und Nick van Dyk selbst sind überragend, der Chorus springt mit etwas Anlauf auch ins Trommelfell und lässt dort nur langsam wieder los.
Beginnend mit dem knackigen, sehr direkten 'Damaged' kommen aber nur noch lupenreine 10-Punkte-Nummern. Das zehnminütige 'Hope Dies Last' ist sowohl technisch als auch emotional ein absolutes Sahnestück. Ray Alders Gesangsleistung bei der Nummer sorgt immer wieder für Gänsehaut. Gerade die Steigerung am Ende, wenn Alder singt 'It fights without concern for vanity; dignity is sacrificed to desperation - But it might be the finest part of me, and I’ll thank God that hope dies last - Though it’s broken and bleeding... hope dies last' packt mich bei jedem Durchlauf. Sensationell gut.
Das wunderschöne, eher balladeske 'That Golden Light' steht diesem Song vor allem emotional kaum in etwas nach, bevor mit 'Thirty Silver' und 'The Center Of The Fire' meine beiden absoluten Favoriten erst noch folgen. 'Thirty Silver' besticht vor allem durch die grandiose Steigerung am Ende. Wenn Marty Friedmann und Chris Poland sich duellieren und Ray Alder darüber eine völlig famose Gesangslinie legt, lassen sich die Glückshormonschübe nicht mehr unterbinden. Ähnliches lässt sich auch über 'The Center Of The Fire' sagen. Egal, ob es die Keys von Nick van Dyk sind, die brillanten Soli von Chris Poland oder die erneut umwerfende Gesangsmelodie von Ray Alder. Auch hier passt einfach alles.
Und tatsächlich schafft es REDEMPTION auch die vielleicht beste THE WHO-Nummer famos zu interpretieren. 'Love Reign O'er Me' geht mir im Original tief unter die Haut, doch wenn man neben Ray Alder auch noch den besten Sänger der Welt (John Bush (ARMORED SAINT), falls das unklar sein sollte - PK) ans Mikro holt, kann natürlich nix schiefgehen.
Mit dem finalen 'At Day's End' scheint Nick van Dyk bereits frühzeitig auf sein Leben zurückzublicken. In mehr als 22 Minuten erzählt der Song davon, was wirklich wichtig im Leben ist: Liebe. Das klingt jetzt natürlich arg pathetisch, aber 'At Day's End' schafft es nicht nur über die gesamten 22 Minuten nicht schwülstig zu werden, sondern auch immer die Spannung zu halten, um so auch nach über 75 Minuten Gesamtspielzeit bis zum letzten Ton aufmerksam zu bleiben.
Und so setzt "The Art Of Loss" die Messlatte für alle weiteren Veröffentlichungen diesen Jahres schon einmal extrem hoch. Würden die ersten zwei Nummern im Vergleich nicht etwas abfallen, wäre hier tatsächlich die Höchstnote fällig, so aber schrammt das Album daran nur hauchdünn vorbei. Und obwohl Marty Friedmann, Chris Poland und Simone Mularoni hier fantastische Jobs abliefern, bleibt nur zu hoffen, dass beim nächsten Album Bernie Versailles wieder mit an Bord sein kann.
- Note:
- 9.50
- Redakteur:
- Peter Kubaschk