RETICENT, THE - Please
Mehr über Reticent, The
- Genre:
- Progressive Metal
- ∅-Note:
- 8.00
- Label:
- Generation Prog Records
- Release:
- 13.11.2025
- Intake
- The Concealment (Those Who Don't Want To Wake)
- The Night River (Those Who Can't Rest)
- Diagnosis 1
- The Bed Of Wasps (Those Consumed With Panic)
- The Scorn (Those Who Don't Understand)
- Diagnosis 2
- The Riptide (Those Without Hope)
- The Chance (Those Who Let Go)
- Discharge
Eine echte Challenge!
Eines dürfte für die Herren von THE RETICENT von vorneherein klar sein: kommerziellen Erfolg werden sie mit ihrem gemeinsamen Bandprojekt mit allergrößter Wahrscheinlichkeit nicht einfahren. Dafür aber definitiv den Respekt der Prog-Gemeinde, die auf dem zweiten Album von Chris Hathcock und Co. erneut ziemlich anspruchsvollen und enorm vielseitigen Stoff angeboten bekommt und einen konzeptionellen Themenschwerpunkt, der sogleich auch musikalisch erstklassig umgesetzt wird.
"Please" spinnt nämlich dort seine Fäden, wo die Gesellschaft gerne mal in Schweigen erstarrt, bei den Themen, über die man nicht gerne spricht und die dennoch so präsent und gegenwärtig wie nie zuvor sind. Depressionen, Angststörungen, psychische Erkrankungen in ihrer gesamten niederträchtigen Vielfalt und alle damit verbundenen Beklemmungen, werden von THE RETICENT aufgegriffen und nicht selten auch aus der Sicht der Betroffenen zitiert.
Man erlebt eine musikalische Gedankenreise, die in ihren heftigeren Eruptionen einer ausbrechenden Psychose gleicht und das emotionale Chaos eins zu eins vertont, dann wiederum den konträren Hoffnungsschrei, der sich zwischen Melancholie und Euphorie seinen Weg bahnt. Man spürt Verzweiflung in den bedrückten Momenten des Albums, die schließlich noch am ehesten an klassischen Prog Metal erinnern, muss sich dann aber wieder auf den nächsten Ausbruch vorbereiten, in dem Jazz, Death Metal, Djent und Prog in allen Variationen die Klinke weiterreichen.
Klingt brutal schwierig? Ist es auch! Denn THE RETICENT will nicht nur die eigenen Hörer, sondern auch sich selbst immer wieder aufs Neue fordern und weicht konsequent allen Konventionen aus. Spricht man von progressiver Musik in ihrer reinen Natur, macht die Band daher auch nichts anderes, dürfte gleichzeitig aber einige potenzielle Interessenten vergraulen, da man die minimalistischen Hooklines mit der Lupe suchen muss und "Please" im ersten Durchgang kaum etwas hinterlässt, das als Ankerpunkt Gültigkeit bekommt. Man muss die Platte erarbeiten, geduldig erforschen, auch mal ertragen, dass der Funke nicht unbedingt überspringen möchte, darf sich aber irgendwann freuen, dass die Puzzlestücke doch noch zusammengefügt werden können und irgendwie alles einen Sinn ergibt. Doch, liebe Leute, das ist in der Tat eine echte, wenn auch lohnende Geduldsprobe, ich betone es gerne mehrfach!
THE RETICENT wurde jüngst bereits für die nächste Episode des ProgPower Festivals gebucht, was in Szenekreisen einem Ritterschlag gleicht. Ob der Stoff allerdings auf der Bühne ebenso gut funktionieren wird, bleibt abzuwarten, schließlich wird man "Please" nicht auf Anhieb verstehen. Eingeweihte dürfen sich jedoch jetzt schon mal im niederländischen Baarlo einbuchen, um diese Band erstmalig live zu erleben. Sollte die Intensität ähnlich groß sein wie auf Platte, kann das eine ganz besondere Show werden. So besonders wie dieses sehr schwierige, aber doch empfehlenswerte Album!
- Note:
- 8.00
- Redakteur:
- Björn Backes


