RHINE - Ausland
Mehr über Rhine
- Genre:
- (Progressive) Death Metal
- ∅-Note:
- 7.50
- Label:
- Within The Mind Records
- Release:
- 12.11.2021
- Prelude
- Virtual Plague
- Prisoner Of Fate
- Running Away
- Ausland
- The Path To Power
- Trivial
- Shadow Future
Sicherlich kein Reinfall
Irgendjemand Lust auf was Frisches aus dem Bereich Progressive Death Metal? Dann sollten zumindest Fans von OPETH, welche insbesondere die Phase von "Still Live" bis "Watershed" abfeiern, die Lauscher in Richtung Seattle drehen. Von dort tritt nämlich das dritte Album von RHINE über die Ufer und konfrontiert uns mit unaufhaltsamen Wassermassen, welche kräftiger und stärker als jemals zuvor unsere Komfortzonen niederreißen. Puuh, harter Tobak.
Darf man denn 2021 überhaupt mit solchen Allegorien die Wirkung von "Ausland" auf die Hörerer und Hörerinnen beschreiben? Ich denke schon, da das ganze Album nur so von purem Nihilismus und Zynismus tropft und mich lyrisch mehr als einmal an die Weltanschauungen von Warrel Dane (RIP) erinnert, welcher nicht nur extrem anspruchsvolle Metalmusik aus Seattle etablierte, sondern auch bis heute wie kein anderer die Frustration und Perspektivlosigkeit eines Industriemolochs vertonte.
Wenn man jetzt auch noch den Vergleich mit dem 2000er Meilenstein "Dead Heart in a Dead World" zieht und einen Übersong wie 'The River Dragon Has Come' betrachtet, dann schließt sich tatsächlich ein thematischer Kreis. Das kann doch kein Zufall sein.
Um die Wasserlauf-Thematik noch weiterzuspinnen kann man festhalten, dass dieses Album viel deutlicher als zuvor einen sehr homogenen Fluss hat und von Anfang bis Ende ein zusammenhängendes Gefüge präsentiert. Einen großen Einfluss hat hierbei vor allem das wunderbare Gitarrenspiel von Gabriel Tachell, welcher von härteren Riffing, über wilde Instrumentalabfahrten bis zum gefühlvollen Soli alles drauf hat und auf kompletter Albumlänge überzeugt.
Ebenfalls lässt es sich der Bandleader (eigentlich ist es sogar eher eine One-Man-Show) nicht nehmen, für Growls, Screams und den Klargesang zuständig zu sein. Und hier beginnt die Krux. Während der cleane Bereich zwar keine Sensation darstellt, aber für Fans von RIVERSIDE, STEVEN WILSON und OPETH durchaus zu gefallen weiß, hat Gabriel teilweise bei den tiefen aggressiven Growls Schwierigkeiten. Das ist insbesondere Schade, da er einen bockstarken Song wie 'Virtual Plague' deutlich abwertet. Das klingt schrecklich bemüht, ja man möchte fast meinen gequält und passt leider in meinen Ohren nicht zum Rest des Soundgewands. Wenn er sich dann eher vom europäischen Schwarzmetall beeinflussen lässt wie bei 'Prisoners of Fate', dann macht es direkt mehr Spaß.
Das neunminütige 'Running Away' macht dann tatsächlich vieles richtig und funktioniert als quasi Longtrack und Albumessenz prima. Zwar würde ich mir bei dieser Länge doch die ein oder andere Überraschung wünschen, aber der Song schafft eine schöne stringente Atmosphäre und die Dynamik lässt die Zeit wie im Flug vergehen. Etwas was man vom Titeltrack nicht behaupten kann. Eine Sound-Collage entwickelt sich zu einem doch relativ belanglosen Instrumental, zu dem zumindest ich den Bezug zum Albumtitel nicht herstellen kann. Auch "The Path To Power" kann dann nicht an das Niveau der ersten Songs anknüpfen, verliert die bisherige Kernkompetenz und fasert zu stark auseinander.
Wesentlich besser gefällt dann wieder "Trivial", welches technisch den Titel ad absurdum führt und uns musikalisch sicherlich das Albumhighlight beschert. Schöner proggy Song. Den Abschluß bildet 'Shadow Future', welcher eigentlich nach genau dem selben Muster wie die Vorgänger funktioniert, aber zumindest zum Ende hin nochmal etwas aus dem bekannten Rahmen ausbricht und aufhorchen läßt.
Somit ist "Ausland" sicherlich kein Reinfall geworden, jedoch auch nicht der erhoffte Griff nach den Sternen. Ich persönlich sehe die aktuellen Scheiben von MORAL COLLAPSE und auch LUNA'S CALL noch etwas weiter vorn.
- Note:
- 7.50
- Redakteur:
- Stefan Rosenthal