RUSH - R30 (2-DVD)
Mehr über Rush
- Genre:
- Progressive Rock
- Label:
- Sanctuary / Warner Music
- Release:
- 25.11.2005
- R30 Overture
- The Spirit Of Radio
- Force Ten
- Animate
- Subdivisions
- Earthshine
- Red Barchetta
- Roll The Bones
- The Seeker
- Tom Sawyer
- Dreamline
- Between The Wheels
- Mystic Rhythms
- Der Trommler
- Resist
- Heart Full Of Soul
- 2112/Xanadu/Working Man
- Summertime Blues
- Crossroads
- Limelight
- Interviews
- 1979 Hamilton, Ivor Wyne Stadium
- 1981 Le Studio, Quebec
- 1990 Artist of the Decade Interviews
- 1994 Juno Hall Of Fame Induction
- 2002 Vapor Trails Tour Interview
- The Anthem Vault
- Fly By Night
- Finding My Way
- In The Mood
- Circumstances
- La Villa Strangiato
- A Farewell To Kings
- Xanadu
- The Spirit Of Radio (Soundcheck 1979)
- Freewill (Toronto Rocks 2003)
- Closer To The Heart (Canada for Asia)
Darauf hat die Welt gewartet! Die weltbeste Band der aktuellen Rockgeschichte feiert ihren 30. Geburtstag und lässt uns alle fröhlich teilhaben an den Festlichkeiten. Die Rede ist natürlich vom kanadischen Trio RUSH, welches uns seit drei Dekaden mit grandiosen Studioalben verwöhnt und zwischendurch immer mal wieder auch eine extravagante, livehaftige Zusammenfassung der Ereignisse einschiebt. Nach ewiger Abstinenz von deutschen Bühnen kamen sie anno 2004 tatsächlich zurück zu uns und lieferten ein paar exorbitante Shows ab. Ich selbst konnte mir in Hamburg ein Urteil davon bilden und bin auch heute noch überzeugt, eines der besten Konzerte meines nicht konzertarmen Lebens erlebt zu haben. Auf der vorliegenden Konserve wurde der Auftritt in der Festhalle zu Frankfurt vom 24.09.04 für die Nachwelt festgehalten. Und die Band würde nicht RUSH heißen, wenn sie uns nicht ein ganz besonderes Leckerli anböte.
Das Vergnügen beginnt eigentlich schon beim Intro. Ein herrlich detailverliebter Kurzcomic, in dem beinahe alle Covermotive einmal durchs Bild segeln, zaubert ein vergnügtes Schmunzeln auf mein Gesicht. Dann die Überblendung zum eigentlichen Geschehen: Wie im richtigen Konzert begrüßt uns Jerry Stiller (Vater von Ben und vielen spätestens seit Arthur aus "The King Of Queens" bekannt - der Verf.) in seiner unnachahmlichen Art von der Videoleinwand hinterm Drumkit. Das Trio steigt dann auch gleich mit einem atemberaubenden Medley diverser Oldies ins Geschehen ein und präsentiert sich von Beginn an mit einer immensen Spielfreude, die auch vor dem heimischen Fernseher mitreißt. Im Hintergrund rodeln einige Waschmaschinen im Kochwaschgang vor sich hin und die Videoleinwand fasziniert mit gekonnter optischer Untermalung. Die grandiose Kameraführung vermittelt permanent das Gefühl eines realen Konzerterlebnisses. Vor allem das dichte Heranzoomen an Drumlegende Neil Peart wird nicht nur meine Wenigkeit in totale Ekstase versetzen. Das Publikum frisst den Jungs aus der Hand, ganz gleich, aus welcher Phase ihres unerschöpflichen Könnens sie gerade zitieren, es wird mitgesungen, geklatscht, geheadbangt und mitgewippt. Da kommt Freude auf.
Spätestens beim superben 'Subdivisions' werden die Augen wieder auf die Leinwand gezwungen, denn die gebotene Diashow ist einfach herrlich. Beim nachfolgenden Klassiker 'Red Barchetta' verwandeln warme Lichtspiele die Halle in einen Emotionspfuhl der Sonderklasse. Und wenn Neil dann mit stoischer Ruhe sein Instrument vermöbelt, im Hintergrund eine 3-D-Autobahn-Animation gezeigt wird und die Kamera auf die gesamte Halle hochzoomt, dann ist der Augenblick gekommen, erst einmal tief durchzuatmen. Hallelujah! Wer glaubt, sich nun entspannt im Sessel zurücklehnen zu können, wird vom höchst amüsanten "Darn That Dragon"-Comic in Schach gehalten. Was die Akteure Dirk, Lerxst und Pratt hier an Heldenmut an den Tag legen, spottet jeder Beschreibung und sollte eine eigenmächtige Inaugenscheinname nach sich ziehen. 'Tom Sawyer' entpuppt sich dann auch livehaftig als absoluter Übersong und mit 'Mystic Rhythms' zaubern die Kanadier eine komplexe Ballade aus dem Zylinder, die dann auch noch von einem einlullenden Lichterspiel untermalt wird. Die Augen hören halt auch mit.
Ist man gerade schön angeträumt, so bricht 'Der Trommler' über einen herein. Und selbst wer kein Drummer ist, wird hier gebannt auf dieses achtarmige Wesen schauen, welches ungeachtet jeglicher Primzahlen Takte aus den nicht vorhandenen Gelenken schüttelt, die nicht von dieser Welt zu sein scheinen. Ich dachte immer, das Schlagzeug wäre ein reines Rhythmusinstrument. Weit gefehlt, wie man hier unschwer feststellen kann. Völlig imposant sind im Übrigen die Einstellungen von oben, bei denen die regenbogenfarbenen Cymbals ein herrliches Intermezzo mit den akustischen Ereignissen bilden. Aber auch der Blick auf die Füße des Trommlers bringt Erstaunliches zum Vorschein. Wenn man den ernsten Gesichtsausdruck des Herrn dabei beobachtet und die ganzen kleinen Feinheiten in seinem Spiel wahrnimmt, kann man zu dem Schluss kommen, er definiere seinen Humor über sein Drumming. Herrlich.
Zum Verschnaufen folgen die akustischen Gänsehautversionen von 'Resist' und 'Heart Full Of Soul', bei denen auch Basser Geddy Lee zur Gitarre greift. Toll! Beim Einsatz von '2112' wird die Halle in ein Planetarium verwandelt, so mystisch wirkt das Farbenspiel der Beleuchtung. Aber auch die humorige Seite kommt nicht zu kurz. So toben urplötzlich zwei kämpfende Piraten über die Bühne, und auf Geddys Schulter sitz ein Papagei. Nanu.
Warum als Schlussbeitrag zwei weitere Covertunes heran gezogen werden, bevor 'Limelight' endgültig die Lichter ausbläst, habe ich schon in Hamburg nicht ganz verstanden. Obwohl … es war ja irgendwie die Tour zur "Feedback" … Da diese aber auch grandios dargeboten werden, will ich darüber nicht nörgeln. Diese Show muss man einfach gesehen haben, wenn man heutzutage noch mitreden möchte.
Nachdem ich über DVD eins nun schon abgeschwärmt habe, will ich nun noch den zweiten Silberling beleuchten. Wir bekommen fünf Interviews geboten, und zwar aus den Jahren 1979, 1981, 1990, 1994 und 2002. Neben interessanten Einblicken in die Hintergründe der Band, amüsiert natürlich vor allem das Outfit der Herren zu früheren Zeiten. Vor allem Neils Mega-Schnauzer und seine Vorliebe für Vokuhila-Haarschnitte werden für Erheiterung sorgen. Wer kein großer Freund von langen Sabbel-Sequenzen ist, dem sei auf jeden Fall der 94er-Teil empfohlen, wo die Band in die kanadische Hall of Fame aufgenommen und dazu eine kurzweilige Retrospektive gezeigt wird.
In anderen Passagen des Bildträgers befinden sich uralte Liveaufzeichnungen, die Erstaunliches zu Tage fördern. So war mir bislang nicht bewusst, dass man zu einem Song wie 'Freewill' auch crowdsurfen kann. Und das (Live-) Video zum unterbewerteten 'Circumstances' ist dermaßen verstrahlt, dass man befürchtet, die Jungs wären schwer auf dem Hippie-Tripp. Ansonsten frage ich mich nach dem Sinn der "Prinzessin Fantaghiro"-Bilder bei 'A Farewell To Kings'. Solch grandiose Musik, aber an der optischen Umsetzung hat es damals noch gehapert. Egal, es hat Charme und macht einen höllischen Spaß.
Alle dürften es begriffen haben: Diese DVD ist schlicht und ergreifend gigantisch! Da kommt dann die augenfreundliche Aufmachung mit einem fetten Booklet noch als nette Beigabe obendrauf, und wer es ganz dick will, bekommt das Paket auch nicht mit Doppel-Audio-CD. Diese wird es separat nicht im Handel geben, soll aber über die Website der Band in Kürze zu haben sein. Sicherlich was fürs Auto.
Ach ja, etwas mäkeln muss ich dann doch noch: Warum 'YYZ', 'La Villa Strangiato', 'Secret Touch', 'Bravado', 'One Little Victory', 'The Trees' und vor allem das herzzerreißende 'Red Sector A' fehlen, werden wohl nur die Götter selbst wissen.
Die Easter-Eggs habe ich übrigens relativ fix gefunden. Lohnen sich.
Anspieltipps: Subdivisions; Der Trommler; Resist; Mystic Rhythms; Tom Sawyer; die beiden Medleys
- Redakteur:
- Holger Andrae