RUSH - Vapor Trails
Mehr über Rush
- Genre:
- Prog
- Label:
- East West
- Release:
- 21.05.2002
- One Little Victory
- Ceiling Unlimited
- Ghost Rider
- Peaceable Kingdom
- The Stars Look Down
- How It Is
- Vapor Trails
- Secret Touch
- Earthshine
- Sweet Miracle
- Nocturne
- Freeze (Part IV Of "Fear")
- Out Of The Cradle
Was habe ich auf dieses Album gewartet! Annähernd sechs Jahre sind ins Land gestrichen seit dem das kanadische Dreigestirn RUSH uns mit „Test For Echo“ erfreute. In der Zwischenzeit gab es viele schlimme Gerüchte über Neal Peart, der an Leukämie erkrankt sein sollte, dann seine Frau durch Brustkrebs verlor und den Tod seiner 19jährigen Tochter durch einen Autounfall zu beklagen hatte.
Und bereits der Opener von „Vapor Trails“ zeugt von einer ungewohnten Aggressivität. „One Little Victory“ pumpt dermaßen gewaltig und vor allem schnell aus den Boxen, daß ich mich erstmal frage, ob ich denn den richtigen Tonträger höre. Aber spätestens wenn Geddy Lees` Gesang einsetzt steht genau dies außer Frage. Das sind RUSH! Und zwar besser als ich es jemals erhofft hatte.
Dieses Album belegt auch auf den nachfolgenden 12 Kompositionen, daß die Kanadier nicht umsonst von der kompletten Hartwurstfraktion als Einfluß genannt werden, bieten sie doch auch auf Studioalbum Numero 17 so viele Überraschungen, daß mir erstmal schwindelig wird.
Man merkt ihnen an, daß sie dieses Mal ohne Zeitdruck einfach drauflos komponiert haben. Nicht selten klingen vereinzelte Passagen wie kleine Jamsession, was bei einer kopfgesteuerten Band wie RUSH natürlich immer noch durchgesteuert erscheint. Allein der extrem trockene und knarzige Sound läßt das Werk sehr hart und auch sperrig wirken. Erinnert mich stellenweise an die Soloscheibe des Klampfers Alex Lifeson namens VICTOR, die ja bei einigen RUSH Fans auf keine allzu große Gegenliebe stieß. In meinen Ohren völlig unverständlich, bietet gerade dieses Album sehr viele neue Ideen. Und genau das sollte eine progressive Platte ja wohl auch tun. Nun ja, da sind die Fans wohl in ihrem Hörverhalten etwas stehen geblieben. Ich kann nur hoffen, daß RUSH selbst zumindest noch genügend Respekt für ihren Wagemut ernten, denn mit „Vapor Trails“ setzen sie sich ziemlich zwischen die Stühle.
Ihren alten Fans werden sie definitiv zu hart klingen, und ob jüngere Freunde solcher Musik überhaupt in eine Platte von solch alten Recken hinein hören, wage ich mal zu bezweifeln. Ein kapitaler Fehler, denn ihnen entgeht die bisher ambitionierteste Rockplatte des laufenden Jahres.
Im zweiten Song dominiert auch wieder Geddys` extrem knackiges Bassspiel, während „Ghost Rider“ dann erstmalig so etwas wie eingängig ist. Sehr angenehm. Auffällig ist der seltene Einsatz von Keyboards, was die Platte am ehesten mit dem Monument „Counterparts“ in Konkurrenz setzt. Diese steht in meiner Gunst, nicht allein aufgrund solcher Kracher wie „Double Agent“ und DEM Smasher „Nobody`s Hero“, etwas höher, aber RUSH Alben sind Grower und wachsen mit jedem Hören.
Und genau das zeichnet auch dieses Album aus. Ich höre sie jetzt so ca. zum 10ten Mal und finde sie immer faszinierender. Obwohl sie ohne einen einzigen Ohrwurm auskommt, macht sie süchtig. Und das liegt nicht nur an den komplexen Songstrukturen, die zwar unspektakulär aufs erste Ohr klingen mögen, bei näherer Behörung ihre Magie aber vollends entfalten. Es liegt natürlich auch wieder an den metaphorischen Lyrics von Überdrummer Neal Peart, der mich mehrfach ins Grübeln bringt.
Anyway, ich verbleibe mit der Empfehlung an alle, die dies lesen und nicht nur Geballer hören, hier hinein zu lauschen.
An die alten Fans: Klar, hier ist kein Epos wie „2112“ zu hören und an „Power Windows“ und „Moving Pictures“ reicht das Album auch (noch) nicht heran, aber RUSH beweisen der jungen Generation wieder einmal das Alter nicht vor Rocken schützt.
Anspieltips: "One Little Victoy", "Ghost Rider", " Freeze", "Vapor Trails"
- Redakteur:
- Holger Andrae