SACROSANCT - Kidron
Auch im Soundcheck: Soundcheck 03/25
Mehr über Sacrosanct
- Genre:
- Melodic Progressive Power Metal
- ∅-Note:
- 8.50
- Label:
- ROAR! Rock Of Angels Records
- Release:
- 07.03.2025
- Marching Days
- Avenging Angel
- Prince Of Clowns
- Coming Of The Scorpion
- Gethsemane
- Doorway Of Dreams
- Still Open Sore
- Before It Ends
- The Pain Still Lasts
Ein Meisterwerk!
Schande über mein Haupt, wie konnte ich diese grandiose Band nach ihren beiden äußerst beeindruckenden Alben "Truth Is - What Is" von 1990 und dem nicht minder packenden Zweitwerk "Recesses For The Repraved" von 1991 so völlig aus den Augen verlieren? Ich weiß es einfach nicht, es ist mir völlig unerklärlich. Erst die Ankündigung einer Live-Show ganz in der Nähe meines Heimatortes weckte wieder meine volle Aufmerksamkeit. Was, die gibt es noch, war mein erster Gedanke? Sofort die Suchmaschine zu Hause angeworfen und erfahren, dass ich mit dem 1993 erschienenen "Tragic Intense" und dem 2018 veröffentlichten Comeback-Album "Necropolis" gleich zwei Alben verpasst habe und mit "Kidron" eine brandneue Scheibe angekündigt wurde.
Fast schon erwartungsgemäß klingt SACROSANCT nicht mehr ganz so aggresiv wie Anfang der Neunziger, denn seitdem sind nicht nur viele Jahre ins Land gezogen, auch die Besetzung ist nicht mehr dieselbe wie damals. Doch mit Gitarrist und Komponist Randy Meinhard ist die wichtigste Personalie unverändert am Start. Was mir beim ersten Kontakt mit "Kidron" sofort positiv auffällt, ist nicht nur der neue, ukrainische Sänger und Produzent Max Morton, der sich hier auch noch zusätzlich für den Bass verantwortlich zeichnet, mit seiner kraftvoll melodischen Stimme, sondern auch die druckvoll klare Produktion, die er unter widrigsten Umständen in seiner Heimatstadt Kyjiw zu Stande gebracht hat. Der Sound ist äußerst voluminös, aber nicht aufgeblasen und lässt jedem Instrument genügend Raum zur Entfaltung. Über Kopfhörer ist die Zufuhr des Rundlings ein wahrer Ohrenschmaus. Es gibt dabei so unglaublich viele kleine Details zu entdecken, die einem beim oberflächlichen Hören vielleicht entgehen könnten. Das fünfte Studioalbum ist also, wie man meinen ersten, durchaus begeisterten Worten vielleicht schon entnehmen kann, nicht unbedingt zum Nebenbeihören geeignet, sondern will entdeckt, erobert werden. Auch ich muss gestehen, dass ich tatsächlich einige Spins gebraucht habe, um die ganze Klasse dieses kleinen Meisterwerks in ihrer Gesamtheit erfassen zu können. Aber auch nach über dreißig Durchläufen ist bei mir keine Sättigung zu erkennen. Wer also anspruchsvolle, melodische, leicht progressive und thrashig angehauchte Kompositionen sucht, wird hier auf jeden Fall mehr als fündig.
Die rauere Ausrichtung von damals ist heute einem wesentlich eingängigeren und melodiöseren Klangbild gewichen. Geblieben ist jedoch die unbestreitbare kompositorische Klasse und dieser melancholische Unterton, der sich durch alle Songs zieht. Es fällt mir verdammt schwer, hier einzelne Titel aus diesem homogenen Konstrukt herauszufiltern, denn man sollte das Album als Ganzes, in seiner vollen Pracht genießen. Der Einfachheit halber nehme ich 'Avenging Angel', die erste Videoauskopplung, die sofort Assoziationen zu glorreichen QUEENSRYCHE-Werken aufkommen lässt. Ein wummernder Bass im "Empire"-Stil, dazu melodische Leadgitarren und schon geht die Reise los. Eine komplexe, aber eingängige Progressive-Metal-Hymne. 'Still Open Sore' ist ebenfalls ein echter Kracher, der die Thrash-Wurzeln der Truppe noch einmal deutlich hervorhebt, aber dennoch extrem eingängig ist. 'Coming Of The Scorpion' besitzt trotz progressiver Elemente und einiger Wendungen absolute Singlequalitäten und ist nicht der einzige Titel, der mir Gänsehautmomente beschert. Das ist ganz, ganz großes Kino! Mit 'Doorway Of Dreams' folgt nicht nur der melancholischste und auch emotionalste Titel des Albums, sondern auch mein persönliches Album-Highlight. Gewidmet ist dieser äußerst gefühlvolle Track nicht nur dem leider viel zu früh verstorbenen ehemaligen Bassisten Mario, sondern auch allen Menschen, die ebenfalls Verluste zu beklagen haben. Das neunminütige 'Before It Ends' besticht durch seinen langsamen Aufbau, der in einem Blastbeat-gestützten Refrain mündet. Trotz seiner Länge wirkt der Titel zu keinem Zeitpunkt überladen und gehört zu den Nummern auf "Kidron", die mich am meisten berühren.
Dass das musikalische Können aller hier beteiligten Musiker auch internationalen Vergleichen mit musikalisch ähnlich gelagerten Bands wie beispielsweise QUEENSRYCHE oder THRESHOLD, die gerne als Referenz herangezogen werden, locker standhält, bedarf wohl keiner weiteren Erwähnung. Was die beiden Gitarristen Randy Meinhard und Gerrit Knoll hier an Riffs und Soli auf ihren Äxten abliefern, ist schon allererste Sahne. Schlagzeuger Jonas Schütz spielt präzise wie ein Schweizer Uhrwerk und überrascht immer wieder mit gekonnten Tempowechseln, die dem Gesamtsound diese gewisse Progressivität verleihen. Bassist und Ausnahmesänger Max Morten setzt dem Ganzen mit einer begnadeten Gesangsleistung die verdiente Krone auf. Apropos Krone: "Kidron" ist mit Sicherheit schon jetzt einer der heißesten Anwärter auf den Thron meines Albums des Jahres und definitiv mein persönlicher Monatssieger März!
Nun noch etwas zu den Rahmendaten von "Kidron": Die CD-Version enthält gegenüber der Vinyl-Edition mit neun Tracks einen Song mehr. Bei dem Bonustrack "The Pain Still Lasts" handelt es sich um ein Stück vom Vorgängeralbum "Necropolis", bei dem sowohl Bass als auch Gesang neu eingespielt beziehungsweise eingesungen wurden. Die Spielzeit beträgt knapp eine Stunde, wobei mit dem thrashigen 'Still Open Sore' nur ein Song unter fünf Minuten zu finden ist. Das atemberaubende Artwork mit dem Titel "The Gates Of Necropolis" stammt vom griechischen Digitalkünstler Giannis Nakos, der auch schon Alben von GATES OF SLUMBER, KAMELOT, BEAST aus Deutschland oder auch EVERGREY gekonnt in Szene gesetzt hat.
Allein schon wegen des hochgelobten Artworks sollte man trotz des fehlenden Songs zur Vinyl-Variante greifen, die es übrigens nur in einer Auflage von 300 Stück in einer Dark Angel Marbled Edition gibt. Sieht nicht nur schick aus, sondern klingt auch absolut klasse, wie übrigens alle anderen Vinyl-Releases auch. Bis auf "Necropolis", das bisher nur auf CD erhältlich ist, gibt es den kompletten Backkatalog als hochwertig aufgemachte Doppelalben im Gatefold mit Bonustracks und Liner Notes zum fanfreundlichen Preis von 25,- Euro direkt hier über die Homepage der Band. Natürlich können dort auch alle CDs, Shirts und vieles mehr bestellt werden. Der Clou: Jede Bestellung wird mit einer signierten Autogrammkarte der Band von Randy Meinhard persönlich verschickt. Da es an diesem Album nichts, aber auch rein gar nichts zu kritisieren oder zu verbessern gibt, bleibt mir am Ende nichts anderes übrig, als meinen imaginären Hut zu ziehen und hier die Höchstnote zu vergeben. Danke SACROSANCT für dieses Meisterwerk!
Doorway Of Dreams
Avenging Angel
Coming Of The Scorpion
- Note:
- 10.00
- Redakteur:
- MahoniLedl