SANGRE DE MUERDAGO - O Vento Que Lambe As Minas Feridas
Mehr über Sangre De Muerdago
- Genre:
- Folk / Galician Folk / Avantgarde
- ∅-Note:
- 10.00
- Label:
- Música Máxica / Throne Records / Neuropa Records
- Release:
- 06.10.2023
- Wo sich Fuchs und Hase gute Nacht sagen
- Unha Paisaxe Máis Salvaxe
- Eu Non Quero Ir A Misa
- O Vento Que Lambe As Miñas Feridas
- Galska (7th Polska Of A 7th Polska)
- Oda Para As De Corazón Puro
- Adeus Meus Amigos
- Eu Chorei, Chorei
- Historia Curta Dun Estorniño Senlleiro
Schlicht und ergreifend traumhaft schön!
Die 2007 von Pablo Caamiña Ursusson und Jorge Olson de Abreu gegründete galizische Gruppe, die nun bereits ein Weilchen in Leipzig ansässig ist, hat im Laufe der Zeit nicht nur ein Demo, fünf Alben, drei EPs, eine Compilation sowie mit NOVEMTHREE und MONARCH jeweils ein Splitalbum veröffentlicht. Außerdem erschienen sowohl 2021, als auch 2022 Livesessions mit JUDASZ & NAHIMANA. Im Frühjahr 2023 legte SANGRE DE MUÉRDAGO "O Vento Que Lambe As Miñas Feridas" als sechstes Album auf CD vor, welche über das bandeigene Label Música Máxica vertrieben wird. Seit Herbst wird es nun via Throne Records und Neuropa Records in zwei verschiedenen Varianten auch als Vinyl angeboten. Nachdem ich die Gruppe sowohl bei dem letzten ihrer letztjährigen Roadburn-Auftritte Mitte April, als auch Anfang September bei ihrem Konzert in der Moritzbastei in Leipzig live erleben durfte und beide enorm genoss, wäre es ein Frevel, dieses Folk-Juwel bespickt mit vielerlei wunderschöner Melodeien nicht mit einer Rezension zu bedenken. Doch bevor ich näher auf das vorliegende Werk eingehe, gebe ich dem Gründungsmitglied, Sänger und Multiinstrumentalisten Pablo den Vortritt, der dem nach eigenen Angaben sehr persönlichen Album folgende Worte mit auf den Weg gab:
"O Vento que lambe as miñas Feridas" ist eine Geschichte von Schmerz und Heilung in der Ich-Perspektive, von Dunkelheit und Licht, von Vernunft und Wahnsinn, eine Reise auf einem gewundenen Pfad voller Tränen und Lachen, eine lehrreiche Erfahrung, eine Geschichte emotionaler Kämpfe, die ins Physische übergehen. Vor allem aber ist es eine Ermutigung, die Kontrolle über unser Leben zu übernehmen, wenn es erdrosselt und stagniert, und hoffentlich eine kleine Lektion für diejenigen, denen die Auswirkungen ihrer Handlungen egal sind, die so kaltblütig sind. ... Das Leben ist eine solche Wegreise, ein Lernprozess, eine kontinuierliche Transformation, ... Manchmal ist es möglich, vom tiefsten Brunnen in die helle Höhe zu springen. Was für ein Kampf ... aber es ist Zeit zu heilen, Zeit, uns selbst und unsere Beziehungen untereinander und zwischen den Arten zu heilen." - Trotzdessen ich das Album nun schon seit einem dreiviertel Jahr kenne, werde ich dessen immer noch nicht müde. So findet es immer wieder regelmäßig seinen Weg zurück in meinen Player.
Bereits der Opener mit dem schönen deutschen Titel 'Wo sich Fuchs und Hase gute Nacht sagen' zieht mich mit seinem verträumten Einstieg, respektive einer bezaubernden Melodie geschaffen aus Flöte und Gitarre, in seinen Bann. Diese entschleunigende, ruhige Melodie und der gleichsam wirkende, zweistimmige, männliche Gesang von Pablo und Georg "Xurxo" Börner entführen sogleich aus dem Alltag. Wo das eröffnende Stück noch wie ein ruhiger Bach dahinfließt, wirkt der zweite Titel stellenweise etwas sprunghafter, als würde das Wasser mal schneller, mal langsamer Steine im Bach umspielen. Nach ein paar Gitarrentönen übernimmt die Flöte von Mara Winter die Führung, wobei Pablos Gitarrenspiel diese weiterhin begleitet. Seinem Klargesang kann man äußerst angenehm lauschen, da er ehrlich und unaufgeregt erklingt, wobei auch er darin mal verspielter wird, jedoch glücklicherweise nicht übertrieben verschnörkelt. Zusammen genommen ergibt es eine leicht ungewöhnliche, dennoch wunderschöne Folkmelodie. Das nachfolgende Stück ist ein galizisches Traditional, wodurch ein gewisser Mittelaltertouch nicht ausbleibt. Durch die Klänge der Hurdy Gurdy und der Flöte wird der beschwingte Effekt verstärkt.
Dagegen wirkt der Titelsong wieder deutlich ruhiger - auch durch den langgezogenenen, zweistimmigen Gesang. Das flotte dreiminütige Zwischenspiel namens 'Galska (7th Polska Of A 7th Polska)' erhält durch den Hurdy-Gurdy-Sound begleitet von einer Peñaparda Square Drum leicht orientalisches Flair. In etwa hälftig stößt lautmalerischer Gesang ohne Text hinzu. Darauf folgen drei weitere herrliche Tracks. Den Anfang macht 'Oda Para As De Corazón Puro', bei dem man sich von dem Spiel der Gitarre und, wie ich glaube, der Nyckelharpa davontragen lassen kann. Dieses Mal stimmt Mara in Pablos Gesang mit ein, wobei sie dennoch zwischendurch auch weiter die Flöte bedient. Durch die Stimmen, zu denen sich später auch wieder Georg gesellt, und durch die gezogenen Melodieschleifen wird der Zuhörer regelrecht zum Träumen eingeladen. Bei 'Adeus Meus Amigos', meinem Favoriten gemeinsam mit die ersten Lied des Albums und zugleich dankenswerterweise mit fast acht Minuten längsten Stück des Werkes, zaubern Gitarre und Viola eine Melodie, die das Herz anrührt und der man sich nicht entziehen kann. Stimmen und Instrumente vereinen sich hier perfekt, so ertappe ich mich dabei, wie sich aufgrund der famosen Melodei sogar ein Tränchen in meine Augen schleicht. Manchmal können Abschiede eben auch betörend schön sein!
Mit 'Eu Chorei, Chorei' liegt ein weiteres galizisches Traditional vor, jedoch erst ab der zweiten Hälfte. In das zuvor positionierte lange Intro habe ich mich sogleich verliebt, ertönen doch traditionelle Streichinstrumente unorthodox ohne erkennbare Melodie sowie intonierende Frauenstimmen, bei denen man sich in der Nähe eines Flusses wähnt, in dem Frauen Wäsche reinigen und sich dabei die Zeit beziehungsweise die Arbeit mit Gesang und Zurufen versüßen. In etwa mittig beginnt dann eine fröhliche Klangfolge, die zum Tanzen anregt, und leicht versetzt auch erneut mehrstimmiger Gesang der beteiligten Musiker. Der ausleitende Finaltrack ist mit knapp zwei Minuten am kürzesten, Er besteht aus einer von der Musicbox, welche unter anderem durch die leiernde Nutzung wie eine Spieluhr wirkt, erzeugten hübschen Melodie, welche mir bis dato unbekannt war und gut als Outro funktioniert. Ich komme nicht umhin, "O Vento Que Lambe As Miñas Feridas" volle Punktzahl einzuräumen, erscheint es mir doch rundum perfekt. Ich finde keinen einzigen Grund zum Meckern und das Beste ist, dass die Musiker auch wissen, das ganze Konzept live authentisch umzusetzen. Der ruhige, träumerische Effekt geht dabei kein bisschen verloren. Ich empfehle somit, gönnt euch mit diesem Album eine Auszeit vom Alltag!
- Note:
- 10.00
- Redakteur:
- Susanne Schaarschmidt