SARKE - Endo Feight
Auch im Soundcheck: Soundcheck 06/24
Mehr über Sarke
- Genre:
- Black Metal
- ∅-Note:
- 9.00
- Label:
- Soulseller/Season Of Mist
- Release:
- 21.06.2024
- Phantom Recluse
- Death Construction
- Lost
- Abyssal Echoes
- Old Town Sinner
- Destroyed The Cosmos
- In Total Allegiance
- Macabre Embrace
Weiterhin zwischen sämtlichen Stühlen, das aber wie gewohnt auf allerhöchstem Niveau!
Acht Alben in fünfzehn Jahren sind für sich gesehen erst einmal schon eine stattliche Hausnummer. Gerade in Zeiten, in denen es eher die Regel als die Ausnahme ist, zwischen zwei Veröffentlichungen auch mal locker fünf oder mehr Jahre verstreichen zu lassen. Wenn man dann auch noch berücksichtigt, dass die beiden prominentesten Bandmitglieder Sarke (der hier neben dem Bass übrigens auch wieder einmal die Schlagstöcke geschwungen hat) und Nocturno Culto mit ihren Hauptbands (KHOLD, TULUS, DARKTHRONE) auch noch für überaus regen und regelmäßigen Output verantwortlich zeichnen, nötigt mir das zweifelsohne noch einmal eine gehörige Schippe mehr Respekt ab.
Ich selbst habe das von Thomas Berglie aka Sarke 2008 ins Leben gerufene Projekt erst relativ spät für mich entdeckt. Ich glaube, es war tatsächlich erst mit Album Nummer sechs "Gastwerso" aus dem Jahr 2019. Manchmal hört man eben den Wald vor lauter Blätterrauschen nicht. Diese Platte hatte meine Leidenschaft allerdings sofort entfacht und entsprach exakt meinem Hörbeuteschema, so dass es nicht lange dauern sollte, bis ich den kompletten Backkatalog erstand und mir wochenlang nichts anders auf die Lauscherlöffel schaffte als eben SARKE-Mucke. Das war genau diese Art Black Metal, für die ich mich vom ersten Ton an begeistern konnte: abseitig, schräg, progressiv, zwischen den Stilen hin- und her chargierend, grenzüberschreitend, unkonventionell, unvorhersehbar und das alles mit einer ganz eigenen, außergewöhnlichen Duftnote versehen. Eben ganz einfach anders. Eben ganz einfach SARKE.
Wer also bereits in den Genuss kommen durfte, etwas eingehender mit dem SARKEschen Kosmos auf Tuchfühlung gegangen zu sein, weiß, dass ein neues Album zum einen zwar immer zu einhundert Prozent SARKE-DNA beinhaltet, zum anderen aber eben auch frischen Hörgenuss und ein immer wieder aufs neue fesselndes Hörerlebnis mit vielen facettenreichen Überraschungen bietet. Black meets Thrash meets Doom meets Progressive meets Classic Rock meets... im SARKE-Universum muss nichts, aber alles kann.
Das verhält sich glücklicherweise auch mit dem aktuellen Opus "Endo Feight" erneut nicht anders, denn bereits nach einigen Sekunden des Openers 'Phantom Recluse' weiß man trotz einleitender Bläsermelodien anhand des Klangbildes und des darauf folgenden Riffings sehr schnell, welche Band hier musikalisch wieder am Zaubern ist. Allein das psychedelische und jazzig angehauchte Keyboard-Solo im Mittelteil ist nichts weiter als einfach nur anbetungswürdig. 'Death Construction' kommt im progressiven Soundgewand daher. Wunderbar platzierte Breaks, brillante und komplexe Gitarrenarbeit, dezente Klavierbegleitung und für gute Dynamik sorgende schöne Tempowechsel sind hier an der Tages- bzw. Songordnung. Verträumt wird es dann bei 'Lost'. Apropos "Lost": Der Grundcharakter dieses ganz zauberhaften Stückes erinnert mich hier unweigerlich und buchstäblich wirklich an alte verlassene sogenannte "Lost Places". Die Klaviertöne plätschern und tropfen hier wie schon fast verdunstete Regentropfen an jahrzehntelang nicht geputzte Fensterscheiben, die westernhafte Gitarre improvisiert dazu den passenden melancholischen sechssaitigen Hintergrund. Es zeigt sich darüber hinaus auch speziell hier wieder, dass Nocturno Culto gesanglich doch weitaus mehr mit seiner Stimme anfangen kann, als er das im doch eher enger gestrickteren Soundkorsett von DARKTHRONE zu demonstrieren weiß. Nicht, dass das auch schon auf älteren SARKE-Werken deutlich geworden wäre, aber es ist überaus angenehm, gerade hier auch wieder einmal eine ruhigere und zerbrechlichere Seite von ihm kennenlernen zu dürfen.
Gitarrist Steiner Gundarson eröffnet 'Abyssal Echoes' dann mal ganz lässig mit einem ausufernden Solo, bevor er tremoloartig seine superben Riffs, flankiert von sphärischen Keyboardteppichen, durch den Soundorkus fliegen lässt und eine seichte Folge Klaviernoten die Nummer dann ganz apart abrundet. Ganz ganz großes Ohrenkino ist das! Mit 'Old Town Sinner' folgt dann zwischenzeitlich wieder mal eine flottere, aber auch etwas blassere Nummer, bevor Mastermind Sarke und seine Gefolgschaft dann mit 'I Destroyed The Cosmos' und 'Macabre Embrace' nun auch das Feld Doom Metal ordentlich beackern. Hier dominieren nun Downtempo und schleppend-schwere Gitarrenriffs. Gerade der erstgenannte Song lässt mich phasenweise ein wenig an AVATARIUM denken, während der Albumcloser Erinnerungen an die CANDLEMASS- bzw. Leif Edling-Solophase Ende der 90er Jahre wachruft. Damit aber auch die Black Metal-Puristen die Platte nicht umsonst auf ihre Vinylteller legen (oder den Silberling in den CD-Schacht), wurde mit 'In Total Allegiance' noch ein waschechter und abgrundtief böser und räudiger Brachialkracher auf die Platte gepackt, so dass wir es schlussendlich wieder einmal mit einem rundum genialen und abwechslungsreichen Album zu tun haben. Genau so, wie wir es von SARKE kennen und mittlerweile schon mit einem an Selbstverständlichkeit grenzenden Anspruchsdenken erwarten.
Ich schließe hiermit den Kreis und frage noch einmal ins Rund der werten Leserschaft, wie viele aktuelle Bands da draußen wirklich noch existieren, die in fünfzehn Jahren +-x um die roundabout acht Alben kreiert haben, von welchem keines unterhalb der 8.5-Punkte-Marke liegt. Klar, das liegt letzten Endes natürlich immer im Ohre des Betrachters und ist ein subjektives Ding, aber interessieren würde es mich schon einmal.
Fürs intensive Nachdenken über diese nerdtechnisch nicht unwesentliche Frage kann ich euch als Hintergrundmusik derzeit keine besseres Platte als diese ans Herz legen, welche im Vergleich zu den letzten Werken doch wieder deutlich finsterer, nachdenklicher und bedrückender ausgefallen ist. Man darf gespannt sein, in welche Richtung das nächste Album dann wieder gehen wird. Länger als zwei Jahre dürfte dieses wohl kaum auf sich warten lassen.
Und wer gerne noch ein wenig mehr Infos haben möchte, dem sei das Interview empfohlen, das Kollege Nils Macher mit Thomas Berglie aka Sarke kürzlich geführt hat.
- Note:
- 9.00
- Redakteur:
- Stephan Lenze