SCHELMISH - Mente Capti
Mehr über Schelmish
- Genre:
- Mittelalter Rock
- Label:
- Eigenproduktion
- Release:
- 07.04.2006
- Collaudemus
- Der letzte Kuss
- Die sieben Kostbarkeiten
- Rabenballade
- Freigang
- Gelobtes Land
- Die Marionette
- Weisse Fesseln
- Galapagos
- Gaudete
- Sal Bybon Bonh
- Tanz mit mir
- Mente Capti
- Osmanish
- Ein Märchen?
- Follow Me Up To Carlow
- Pank!
- Zweiundzwanzig Jahre
Ich muss gestehen, dass ich eigentlich gar kein großer Fan der mittelalterlichen Musik bin, wie sie Bands wie IN EXTREMO und Co. vor knapp einer Dekade salonfähig gemacht haben. Wenn es rockt und groovt und dazu noch ein paar folkige Melodien stoßen, macht mir die Sache aber dann doch immer wider Spaß, wohingegen mir die elegischen Klänge nicht immer so zusagen. Mit dem neuen SHELMISH-Album "Mente Capti" habe ich daher auch so meine Schwierigkeiten, auch wenn sich die Gruppe stilistisch zwischen die Stühle der traditionellen und der Rock-Fraktion setzt. Hauptsächlich präsentiert man dem Hörer in den 70 Minuten Spielzeit eine dicke Portion Dudelsack-Melodien, auf deren Basis die Band sich dann in die verschiedensten Richtungen bewegt. Nach den beiden eröffnenden Stücken 'Collaudemus' und 'Der letzte Kuss' (bei dem mich der Gesang etwas an die BÖHSEN ONKELZ(!) erinnert) experimentieren SHELMISH so zum Beispiel mit Ethno-Sounds und Rhythmen aus der Weltmusik, die aufgrund ihrer entspannenden Wirkung auch gerne mal zur Beruhigung aufgelegt werden können. Dann wird erstmal wieder gerockt, und wen wundert's, sofort sind auch wieder die Ähnlichkeiten zu IN EXTREMO deutlich präsent: 'Freigang' zum Beispiel rückt dezent in die Nähe der Mittelalter-Vorzeige-Band, wohingegen die 'Rabenballade' auch als Eigenkomposition von IN EXTREMO gut passen würde. Vor der Moderne schreckt man bei SHELMISH dann ebenso wenig zurück, Metal-Riffs bei 'Die Marionette' und Samples bei 'Galapagos' zeugen von fortschrittlichem Denken innerhalb des traditionell abgesteckten Rahmens, und die Parallelen zu RAMMSTEIN und MEGAHERZ bei einem Song wie 'Tanz mit mir' kommen ebenfalls nicht von ungefähr. Zum Schluss entdecken SHELMISH dann wieder die Folkmusik für sich, sei es nun im tanzbaren Titelstück, beim orientalisch dekorierten 'Osmanish' oder beim absolut partytauglichen 'Pank!', bei dem selbst die traurigsten Gesichter die Mundwinkel anheben müssen.
Alles in allem ist "Mente Capti" also ein enorm vielseitiges Album, aber wie gesagt, zwischendurch habe ich einige Probleme mit dem hier Gebotenen. Gerade wenn man sich ein wenig zurückzieht und die Gitarren ganz raus nimmt, dudeln die Kompositionen ziemlich dröge vor sich dahin. Das getragene 'Gaudete' ist beim besten Willen einfach nur langweilig, das lahme 'Ein Märchen?' wirkt indes vollkommen unmotiviert, und auch die vielen Dudelsackpassagen schaffen es nicht, auf Teufel komm raus die manchmal gedrückte Stimmung zu durchbrechen. Es sind meist die folklastigen Stücke, die den Karren aus dem Dreck holen und die Scheibe an den Stellen retten, an denen man vor der Tür zum Niemandsland steht. Aber wie gesagt, das mag auch daran liegen, dass mit die dezenteren Mittelalter-Nummern generell nicht so besonders gefallen und die Party-Songs besser liegen. Freunde der Materie sollten sich daher trotzdem mal mit dem Material auseinandersetzen, schließlich gibt es auf "Mente Capti" eine ganze Menge zu entdecken. Und das bei der ziemlich langen Spielzeit hier und da mal ein kurzer Hänger enthalten ist, ist vollkommen natürlich. Aus diesem Grunde geht zum Schluss dennoch eine Empfehlung raus, nicht zuletzt weil SHELMISH auf diesem Album spürbar darum bemüht sind, ihre Anhängerschaft auf vielfältige Weise zu unterhalten. Wer also nicht immer bloß Gute-Laune-Folk braucht, ist hier trotz meiner persönlichen Bedenken an der richtigen Adresse.
Anspieltipps: Weisse Fesseln, Mente Capti, Pank!
- Redakteur:
- Björn Backes