SCREED - What Have We All become
Mehr über Screed
- Genre:
- Melodic Punk Rock
- ∅-Note:
- 9.50
- Label:
- www.screed.de
- Release:
- 25.05.2022
- News 2.0
- Second Best
- Lucky I Got You
- Move On
- Confined
- Love You Like Insane
- Surprise! Surprise!
- What Have We All Become
- Raise Your Glass
- Never Ever
- Glimpse Of Hope
- Met(h)od To The Madness
- The Strain
- Two Hearts As One
Vergesst Energy-Drinks, hört euch einfach das hier an!
Ich verkaufe euch "What Have We All Become" von SCREED einfach mal als große Überraschung zum Jahreswechsel, obwohl das Ding bereits im Frühsommer veröffentlicht wurde und ich auch schon im Herbst zwei, drei Durchläufe genoss. Doch erst in den letzten Tagen kam ich dann endlich zum Schreiben und gab mich dementsprechend intensiver der phänomenalen, mit sozialkritischen Texten versehenen Power-Punkrock-Mucke der vier Strategen aus meiner mittlerweile am häufigsten aufgesuchten Konzertstadt München hin.
Als Downer verabreiche ich euch vorweg gleich einmal die Information, dass hier nichts, aber auch rein gar nichts als neu oder innovativ bewertet werden könnte. Melodic-Punkrock, noch dazu guten, gibt es schließlich mannigfach, den Sand und das Meer erspare ich euch an dieser Stelle (fast). Was diese Scheibe und mit ihr SCREED als Band für mich dennoch aus der Masse der Veröffentlichungen herausragen lässt, ist die Druckwelle, die von dieser Musik ausgeht: Der Opener 'News 2.0' scheucht den Hörer bereits ganz gut auf - was für ein Energieschub! Es folgt der erwartete leichte Abfall im Tempo mit 'Second Best'. Tatsächlich wird meine anfängliche Annahme, diese Stagnation der musikalischen Energie würde sich in den nächsten Stücken bis zu weiteren Höhepunkten fortsetzen, im weiteren Fortlauf des Albums pulverisiert...
Gleich mit 'Lucky, I Got You' reißen die Isar-Punkrocker dir den Unterkiefer runter und drücken dir im übertragenen Sinne drei, vier geöffnete Dosen einer österreichischen Zuckerbrühe in den Schlund! Meine Fresse, schiebt diese Musik! 'Move On' nimmt zwar wieder etwas Tempo raus, bringt jedoch durch anders strukturierte Melodiosität unerwartete Abwechslung ins Spiel. Wie auch bei anderen Liedern, fallen bei 'Confined' die einfallsreichen, stets gut klingend arrangierten Chöre auf.
In jedem Song entdeckt man neue Gitarrenlicks; der Ideenreichtum bei SCREED war im Vorfeld dieses Albums anscheinend absolut kein Problem. Dazu muss ich anmerken, dass die Band schon seit dem Jahr 2008 existiert und ihr vorhergegangenes Debutalbum "Why Should We Care" bereits im Jahr 2012 veröffentlicht hatte. Damals wie heute arbeitet man übrigens in DIY-Manier. Live war man ebenfalls ganz gut unterwegs; Erfahrung in allen Belangen ist also dicke vorhanden.
'Love You Like Insane' ist dann ein kleiner Hit mit BAD RELIGION-Bridge sowie Schweden Melodie und eröffnet sozusagen jene Liedstrecke des Albums, die des "JOEY RAMONE–One-Two-Three-Four-Awards" für fünf hintereinander platzierte großartige Stücke auf einem Punkrock-Album würdig wäre. Es schließen sich demnach das etwas schwermütigere 'Surprise! Surprise!', das zu Recht zum Titelsong gekürte Melodic-Punk-Juwel 'What Have We All Become', die RAMONige Feier-Hymne 'Raise Your Glass', sowie das mit einer abhängig machenden Melodie ausgestattete 'Never Ever' an.
'Glimpse Of Hope' fällt für mich persönlich etwas ab, kann aber auch mit abwechslungsreichen Riffs und Breakstrukturen aufwarten. 'Met(h)od To The Madness' versucht dann Li-La-Laune-Surfpunk mit SEX PISTOLS-Vibes im Gesang zu koppeln, während 'The Strain' wieder eines dieser nach vorne prügelnden Mini-Epen ist, die eine Spezialität der Münchener zu sein scheinen. Letztgenanntes klingt zwar irgendwie beliebig und schon oft gehört, funktioniert aber als Song einfach gut. Der letzte Track 'Two Hearts As One' kommt dann wieder etwas entspannter mit einem ruhigeren Part daher.
Das ist dann für mich auch einer von ganz wenigen, kleinen Kritikpunkten: SCREED verliert sich trotz der nicht gerade als progressiv bekannten Musikgattung manchmal etwas zu sehr in zu vielen und zu vertrackten Parts für den jeweiligen Song. Dazu kommt bei allem Ideenreichtum dennoch manchmal eine gewisse Beliebigkeit in der Melodieführung. Man hat eben zuweilen das Gefühl, etwas schon öfter bei anderen Bands gehört zu haben. Das ist aber einfach eine Schwierigkeit des Genres.
In diesem Zusammenhang finde ich, dass die SCREED-Musiker bei einer Spielzeit von etwas über 41 Minuten, gleichmäßig verteilt auf 14 Songs, gut zwei bis drei Lieder weglassen könnten. Das würde zu einer kurzweiligen Ballung von Großartigkeiten führen, wie sie MADSEN auf dem 2020er Album "Na gut dann nicht" gelungen war. Außerdem könnte der Gesamtsound für mich etwas fetter und vor allem die Gitarren etwas weniger klirrend klingen. Das alles ist aber sehr subjektiv und auf ganz hoher Klippe lamentiert.
Im Ganzen betrachtet ist "What Have We All Become" ein herrliches Melodic-Punkrock-Album, für das ich den Jungs ein, wahrscheinlich sieben Monate nach der Veröffentlichung, unerwartetes, schönes Neujahrsgeschenk machen kann: Es gibt von mir dafür 9,5 Punkte!
Fans von MILLENCOLIN, PENNYWISE, NOFX, BAD RELIGION, aber auch Anhänger von IGNITE und RISE AGAINST sollten hier dringend zugreifen oder/und streamen.
- Note:
- 9.50
- Redakteur:
- Timo Reiser