SCROLLKEEPER - Auto Da Fe
Mehr über Scrollkeeper
- Genre:
- Epic/Heavy Metal
- ∅-Note:
- 8.50
- Label:
- Eigenproduktion
- Release:
- 19.06.2020
- Event 201
- Lady Death
- Valhalla's Gates
- Scrollkeeper
- Auto Da Fe
- Giles De Rais
- Devil's Calculus
- Blood & Sand
- Surrender
- Path To Glory
- Fortune Favors The Bold
- Hellion (Bonus)
Eine Band, die man auf dem Schirm haben sollte.
SCROLLKEEPER aus dem texanischen Houston machte zuerst 2018 auf sich aufmerksam. Hierzulande zwar eher weniger, aber die erste EP "Path To Glory" bescherte dem Gespann immerhin Slots im Vorprogramm von HAMMERFALL und MANILLA ROAD. Zwei Jahre später legt die Band nun mit einem Langspieler nach. Ich fühlte mich sofort von Artwork, Bandname und Albumtitel hingezogen und nach kurzem Überfliegen der Promo-Mail war ich mir bereits sicher, dass mir "Auto Da Fe" (Spanisch für "Glaubensprüfung") gefallen dürfte.
Nach dem hübschen Akustikgitarren-Intro 'Event 201' legt SCROLLKEEPER mit 'Lady Death' direkt mit Vollgas los. Der Song über die russische Scharfschützin Ljudmila Pawlitschenko, die während des zweiten Weltkriegs über 300 Leben auslöschte, zeigt direkt alle Stärken der Texaner. Das einfallsreiche und singende Gitarrenspiel von Hauptsongwriter Alexander Kamburov bereitet mir enorme Freude. Simon Marfleet zaubert hinter dem Drumset unzählige vergnügliche Spirenzien auf die Rille, sorgt aber trotzdem für die nötige Durchschlagskraft. Bassist Andrew Sutton pumpt unnachgiebig und immer wieder mal solierend die tiefen Töne und Frontmann Justin McKittrick sorgt mit seiner hellen Stimme und dem eher sprechenden Gesangsstil für genügend Eigenständigkeit. Dazu noch eine interessante Umsetzung eines interessanten textlichen Themas.
Für 'Valhalla's Gates' ließ man sich von einem AMON AMARTH-Gig inspirieren. Das merkt man der gesteigerten Härte und den Riffs mit leichtem Black-Metal-Einschlag auch durchaus an. Die Produktion tanzt hier etwas aus der Reihe und klingt nicht so differenziert wie der Rest des Albums. Etwas spannender geht es anschließend mit der Bandhymne weiter. Bereits 2016 geschrieben, sollte 'Scrollkeeper' auch auf dem Debüt landen. Gut so, denn die Hochgeschwindigkeitswalze macht großen Spaß, vor allem der gestreckte Gitarren-Solo-Part ist ein Höhepunkt. Direkt nach dem bandnamengebenden Song folgt der albumtitelgebende Song 'Auto Da Fe', der von den inquisitorischen '"Glaubensprüfungen" handelt. Das fiese Thema schlägt sich vor allem im aggressiven Gesang McKittricks nieder. Auch hier brilliert wieder die melodische Gitarrenarbeit, wobei auch das extensive Basssolo für Begeisterung sorgt.
Mit 'Gilles De Rais' wird es passenderweise doomig. Graf Gilles de Montmorency-Laval, Baron de Rais war nämlich nicht nur gefeierter Held des Hundertjährigen Krieges und kämpfte mit Jeanne D'Arc, sondern wandte sich später dem Okkulten zu und wurde zu einem der berüchtigsten Serienmörder der Geschichte. Das klingt doch wie gemacht für einen sechsminütigen intensiven Metal-Song mit feinen SABBATH-Anleihen. 'The Devil's Calculus' wendet sich dann schnell ab vom Doom und wird richtig progressiv. Verschrobene 7/8-Takte mit pfeilscharfem Speed-Metal-Riffing bringen mich ganz schön aus dem Konzept. Aber das passt doch perfekt zur hier behandelten Fehde zwischen Newton und Leibniz darüber, wer nun zuerst die Infinitesimalrechnung entwickelt hat. Ein fruchtbarer Abriss, der mir mit jedem Durchlauf noch besser gefällt.
'Blood & Sand' beschäftigt sich mit modernem Terrorismus und der Schwierigkeit eben diesen zu bekämpfen. Das klingt teilweise ganz schön nach SACRED STEEL, wegen des hellen Gesangs und der angriffslustigen Atmosphäre. 'Surrender' ist eine düstere Ballade, inspiriert vom deutschen Vampir-Thriller "Wir sind die Nacht", die etwas untergeht. McKittrick übertreibt es hier mit seinem schrillen Gesang und wäre nicht Kamburovs Gitarrenspiel wieder so toll, wäre der Song wohl ein kleiner Ausfall.
Für 'Path To Glory' suchte SCROLLKEEPER den metallischsten Moment der europäischen Geschichte und stieß auf die Schlacht am Warbiza-Pass, bei der das Bulgarische Reich dem Byzantinischen Reich 811 eine der schwersten Niederlagen zuführte. Offenbar köpfte der bulgarische Herrscher Khan Krum anschließend seinen Feind, den byzantinischen Kaiser Nikephoros I., und verwendete seinen Schädel als Trinkgefäß. Daraus kann man doch nur einen großartigen Song machen, oder? 'Fortune Favors The Bold' handelt von William The Conqueror und vermengt Thrash-Verse mit einem Sahneschnitten-Refrain und einem Todesmetall-Zwischenspiel. Ein wirklich feiner und angriffslustiger Abschluss. Als Bonus gibt's noch das W.A.S.P.-Cover von 'Hellion' oben drauf, das ich nicht mehr unbedingt gebraucht hätte.
"Auto Da Fe" ist ein wirklich spannendes und abwechslungsreiches Album geworden. SCROLLKEEPER sollten alle auf dem Schirm haben, die sich gerade an den vielen neuen Epic-Metal-Bands gütlich tun. Die Eigenproduktion gibt's für schmales Geld (plus ätzend viel Versand) bei Bandcamp.
- Note:
- 8.50
- Redakteur:
- Marius Luehring