SEDATIVA - Air-Sealed Intimacy
Mehr über Sedativa
- Genre:
- Krass-Pop
- Label:
- Moonstorm
- Release:
- 21.11.2003
- Denied
- Without You
- Only When...
- Slip Into Anger
Guter Pop ist schwierig zu kreieren und die Bands, denen das gelingt, möchte man gar nicht dem Genre Pop zuordnen. Pop ist ein Begriff, der meist Unbehagen auslöst, weil sich damit unweigerlich eine synthetische Art von Musik verbindet, die nicht um ihrer selbst Willen gespielt wird, sondern versucht formvollendet und erfolgreich zu sein.
Darum suchen Bands, die sich nicht mit dem Vorwurf des Kalkulierens konfrontiert sehen wollen, nach neuen Stilbegriffen. SEDATIVA haben für ihre Spielart die Beschreibung Krass-Pop gewählt. Darunter kann man sich so einiges vorstellen. Auf der EP "Air Sealed Kondition" steht es vor allem für verstärkten Gitarreneinsatz und progressive Songkompositionen.
Auf rockige Gitarren und einen dreckigen dunklen Bass bauend, gehen SEDATIVA ganz unterschiedliche Wege, klingen manchmal so brachial und dicht wie die DEFTONES und ein anderes Mal so melodiös und feinfühlig wie ANATHEMA, besonders in dem gelungenen Alternative-Rock-Song 'Only When...', welcher mich sehr an ANATHEMAs 'A Fine Day To Exit' erinnert. (Auch, wenn SEDATIVA eher nichts mit dieser Band zu tun haben.) Immer finden sich gängige Nu-Metal-Parts, dazwischen gibt es gekonnt eingesetzte ruhigere Passagen, die manchmal ganz leicht und einfach klingen wie in 'Without You', das man schon fast als easy listening bezeichnen könnte. Trotzdem merkt man dieser Dresdner Band auch ihre Punkwurzeln an. Überraschend sind zudem Melodieführungen, die an fernöstliche Musik erinnern. So kommen in 'Slip Into Anger' Bongos zum Einsatz, die sich wie bei MASSIVE ATTACK mit dunklen elektronischen Bässen paaren.
Im Mittelpunkt steht Sänger Andrè mit seiner markanten Stimme, die je nach Gefühl singend, sich überschlagend oder schreiend ins Ohr geht und machmal auch nach Fred Durst von LIMP BIZKIT klingt. Gefühlsbetont sind auch die sehr persönlichen Texte über Liebe, Abhängigkeiten und (gegen) Selbstbetrug.
Die Atmosphäre wechselt, in 'Only When...' geht z.B. ein warmer Sommerregen nieder. (Mit dem Thema haben sich die SMASHING PUMPKINS auf der "Machina" ja schon einmal sehr schön auseinandergesetzt, woran mich dieser Song auch erinnert!) Dezent plätschern dazu die Keyboards im Hintergrund. Überhaupt nutzen SEDATIVA elektronische Einsprengsel effektiv, um bestimmte Stimmungen zu verstärken. Insgesamt entstehen dadurch sehr eingängige Songs mit Melodien, die sich durchaus parasitär im Ohr festsaugen. Das ist wahrscheinlich auch das einzige Kriterium, in dem sich SEDATIVA als Popband werten lassen. Denn in ihren Songs gehen sie eher ernsthaft und mit gesunder Härte voran. Je nachdem, wie man gerade gelaunt ist, kann man sich bei "Air-Sealed Intimacy" mit geschlossenen Augen bestens entspannen und die Gedanken schweben lassen oder dazu abgehen, wenn man mal gefrustet ist. Denn Zunder haben die Songs allemal. Dem Gitarristen hört man auch an, dass er auf THE PRODIGY steht.
Aus diversen Independent-Discos bin ich ja so einiges gewöhnt und kann mir einen Song von SEDATIVA in dem Standardprogramm, welches sich innerhalb kürzester Zeit in diesen Dissen einstellt und nur mit aktuellen chartgängigen Veröffentlichungen ab und zu aufgefrischt wird, sehr gut als schweißtreibendes Highlight vorstellen.
Nur eines bleibt mir rätselhaft: Was soll der rosa Seidenschlüpfer da auf dem Cover dieser EP?
Anspieltipps: Only When..., Denied, Slip Into Anger
- Redakteur:
- Wiebke Rost