SEE THE SKY - Ego Rehab
Mehr über See The Sky
- Genre:
- Experimental / Dark Metal
- ∅-Note:
- 5.00
- Label:
- Eigen
- Release:
- 28.08.2015
- The Narcissist
- Therapy
- Legion
- Isolated
- Delusion Vs. Reality
- A Flicker Of Light
- Battle For The Mind
- Remedy
- Relapse
- Manipulation Malpractice
- Damaged Beyond Repair
Wenn die Musik dem Experiment zum Opfer fällt
In Sachen Experimentierfreude kann SEE THE SKY so schnell niemand das Wasser reichen. Der Fünfer aus Dänemark liefert mit seinem neuen Output "Ego Rehab" eine Platte ab, die sich jeglichem Schubladendenken entzieht: Ausufernde, progressiv anmutende Kompositionen, in denen von Dark und Death Metal über Postrock bis hin zu Industrial- und Nu-Metal-Grooves alles zu finden ist. Hier kann von Anbiederung an ein festes Genre oder gar den Mainstream keine Rede sein. So weit, so gut? Obacht! Die Nordeuropäer verzetteln sich in ihrer grenzenlosen Experimentierfreude nämlich dermaßen, dass dabei die Musik selbst zu großen Teilen auf der Strecke bleibt.
Bereits der Opener 'The Narcissist' ist reine, zehnminütige Inkosistenz. Sphärische Sounds, dazwischen dumpfe Stakkato-Riffs, und wahlweise klarer Frauengesang oder lustloses Männer-Gegrowle. Dass klare Strukturen oder Höhepunkte unauffindbar sind, könnte dazu verleiten, "Ego Rehab" als Prog einzuordnen – doch weit gefehlt: Dieser lebt ja gerade von komplexen, verkopften Strukturen, die es zu entwirren gilt, in die es sich wunderbar eintauchen lässt und die nach zahllosen Durchläufen noch neue Details offenbaren. Auf "Ego Rehab" versteckt sich rein gar nichts hinter der unsteten Oberfläche. Einige der Songs bestehen größtenteils aus ziellosem Lärm, wie das nervige 'Delusion Vs. Reality', bei dem hinter den lahmen Growls und apathischen Gesangslinien die Instrumente ein wenig konturlos fiepen und säuseln dürfen, ehe die Instrumentierung gegen Ende schließlich zusammenfindet - doch dann verklingt der Song auch schon auf die gleiche nervige Weise wie er begonnen hat. Oder der scheinbar endlose Albumausklang 'Damaged Beyond Repair', bestehend aus gequältem, schrägem Gesang und finsteren Hintergrundsounds. Und so findet sich auf "Ego Rehab" kaum einmal Anlass für Faszination, geschweige denn Begeisterung. 'Therapy' ist noch das einzige Stück, dem man einen gewissen Rockfaktor zuschreiben kann, ohne dass die Dynamik ständig wieder dem alles übergeordneten Experiment geopfert wird. Sängerin Miriam Gardner kann zwar immer wieder andeuten, dass sie stimmlich einiges auf dem Kasten hat – der ziemlich undifferenzierte Gesamtsound und die schwache Vokalarbeit von Bjarne Mathiesen werten das Klangerlebnis auf der anderen Seite jedoch wieder deutlich ab.
SEE THE SKY hat im größten sozialen Netzwerk eine stattliche Anzahl von aktuell deutlich über 20.000 Fans – sollte "Ego Rehab" zu dieser Popularität beigetragen haben? Schwer vorstellbar. Düsternis, aber keine Spannung, viele Zutaten, aber kein konsistentes, schmackhaftes Gesamtergebnis, Mut zum Experiment, aber vor allem das Versäumnis, gelegentlich auch mal den Song in den Vordergrund zu stellen.
Wer zur Abwechslung an seine musikalischen (Geschmacks)Grenzen gehen, etwas gänzlich Ungewohntes hören möchte und sich nicht von experimenteller Strukturlosigkeit abschrecken lässt, kann sich "Ego Rehab" zu Gemüte führen. Mir selbst ist Unkonventionelles im Prinzip ja lieber als glatte Mainstreamprodukte oder schlichte Kopien der jeweiligen Genrevorreiter, aber wenn Musik so uncharismatisch, spannungsarm und orientierunglos daherkommt wie "Ego Rehab", greife ich doch lieber zum Bewährten – im Vergleich mit SEE THE SKY wären das die mitunter ebenso unkonventionellen Düstermetaller X-VIVO, C.R.O.W.N. oder OHHMS.
Anspieltipps: Therapy, Legion
- Note:
- 5.00
- Redakteur:
- Timon Krause