SERAPHIN - Start To LIve
Mehr über Seraphin
- Genre:
- Rock
- Label:
- Bad Land Records/ Twilight
- Release:
- 24.10.2008
- Children of the wind
- Boy Soldier
- Der Stern
- The Unknown
- Nothing but a guest
- Start to Live
- A Night´s charm
- Dreamer
- Golden Hat
- Fat Zap
- Dragon´s Stroke
- Yellow Dragon
- You´re gone
- Farewell
Es geschieht wirklich selten, dass eine Scheibe einer Band ins Haus flattert, von der man noch nichts gehört hat, und über deren Historie auch noch so gut wie nichts rauszukriegen ist. Ein solches Objekt ist aber das Album "Start To Live" von SERAPHIN. Auf eine größere Bandhistorie verzichte ich deswegen notgedrungen, denn weder die bandeigene Webseite noch die Labelseite oder die Internetpräsenz des Vertriebs geben mehr Aufschluss über die Hintergründe der Band, als dass ein gewisser Franz Schott der Mastermind der Band ist und "bereits in mehreren Bands gespielt hat". Eigentlich macht das auch gar nichts, denn so kann der Hörer völlig unvoreingenommen an das vorliegende Material gehen. Etwas, was Franz Schott sicher gefallen wird, denn schließlich ist seine Intention, endlich ein Album gemacht zu haben, bei dem er keine Kompromisse eingehen musste, wie er selbst auf seiner Webseite schreibt.
Ausgezeichnet, denkt da der Metaller, ein Musiker, der sich grad mal einen feuchten Kehrricht darum schert, was andere denken und knallhart sein Projekt durchzieht. Also, nichts wie rein in den Schacht mit dem kompromisslosen Silberling, und aufgedreht. Nun ja, war auch nötig, da "Start To Live" mit einer wohltemperierten Akustikklampfe loslegt. Das war jetzt auch keine echte Überraschung, wenn man die CD-Hülle genauer beäugt hat. Vorne drauf ist nämlich unser Franzl mit einer elektrischen Gitarre, während auf der Rückseite nur das parkende Flugzeug im Hintergrund von Energie zeugt und Herr Schott statt dessen gediegene Lagerfeuerromantik verbreitet. 'Children Of The Wind' heißt das erste Stück, das dann im Verlauf auch mal verzerrte Töne integriert, aber insgesamt seicht und radiotauglich bleibt. Erste Zweifel beginnen am Hörer zu nagen, als das zweite Stück 'Boy Soldier' noch mal ganz akustisch anfängt. Noch dazu gibt es Regengeräusche. Und einen engagierten, wenn auch kitschigen Text. Ach ja, die Elektrische darf später auch ein bisschen mitmachen. Aber nur ein bisschen.
So langsam beginnt das Ganze eintönig zu werden, nämlich spätestens bei Song drei, der mit - Überraschung – akustischer Gitarre und Vögelzwitschern anfängt. Und Kinderlachen. Grob mit dem Härtegrad von FURY IN THE SLAUGHTERHOUSE. Man kommt daher nicht umhin, ein erstes Fazit zu ziehen, denn die ersten drei Songs machen bei den meisten Alben das Herz aus. Wie es scheint, ist dies ein Album für den Winterabend auf dem Kuschelfell, aufgelockert durch jeden Sound aus der Konserve, den Franz Schott abrufen konnte. Dazu seine durchaus nette Stimme, so dass die Kompositionen durchaus Kiske-kompatibel erscheinen, und ob das jetzt ein Lob oder ein Tadel ist, mag jeder selbst entscheiden.
Eigentlich hatte ich mich eher auf etwas mehr Punch gefreut. Na ja, jetzt heißt es Stehvermögen beweisen. Und kaum ist der Gedanke raus, wecken mich treibende Drums und eine fette Gitarre jäh aus meinem Halbschlaf. Das ist ja Hard Rock! Hat Herr Schott seine Akustische verlegt? Oder hat er mich mit den ersten drei Songs weich gemacht, dass ich schon glaube, jeder verzerrte Ton wäre eine Thrash-Attacke? Von wegen, mit Lied fünf legt er noch einen drauf und klingt wie PARADISE LOST zur "Icon"-Zeit. Was für ein Stilbruch, sogar ein kleiner speediger Part wurde eingebaut.
Das Wechselbad der Gefühle geht genau so weiter. Nachfolgend gibt es 'The Return Of The Klampfe', ups, ich meine den akustischen Titelsong, der ein ausgesprochenes Lowlight des Albums darstellt, während er uns nachfolgend mit 'A Night's Charm' beweist, das er keinen Strom braucht, um gute Songs zu schreiben. Der Rest ist schnell beschrieben: Ein weiterer Hard Rock-Song, ein Prog/Power-Song irgendwo zwischen DREAMSCAPE und besagter PARADISE LOST-Phase, zweimal Vollkitsch, wobei eines davon witzig gemeint ist, ich aber darüber nicht lachen kann, zwei kleine Instrumentals und ein funkiger Song in der Schnittmenge von MORDRED und LIVING COLOUR.
Was sagt man dazu? Der Selbstverwirklichungstrip eines Musikers mit ausgeprägtem Öko-Bewusstsein, das sich textlich deutlich positiv niederschlägt, wenn dies auch gelegentlich etwas aufdringlich und plakativ ungesetzt wird, mündet in eine stilistische Achterbahnfahrt und setzt sich dementsprechend zwischen alle Stühle. Dabei ist das, was er macht, nicht schlecht. Seine seichte Seite ist ordentlich, wenn auch nicht besonders originell, seine härtere Seite interessant und abwechslungsreich.
Ich schlage vor, wir betrachten die Scheibe mal als zwei EPs:
Die Stücke 1, 2, 3, 6, 7, 9, 13 und 14 machen eine brauchbare Liedermacher-Pop-Scheibe aus mit kaum vorhandenem Härtegrad. Zielgruppe eins legt so etwas mal auf, wenn die Oma zu Besuch kommt. Oder wenn Elke von nebenan vor der Tür steht, um Mathe-Nachhilfe zu geben. Kann ja nicht immer KATE BUSH sein.
Die zweite EP besteht aus den Songs 4, 5, 8, 10, 11 und 12 und bietet ordentlichen Hard Rock. Auch nichts Weltbewegendes für Zielgruppe zwei, aber nicht zu verachten, wenn man nach dem Ausmisten gerade mit seinem dunkelgrünen Daimler über die Kreisquerverbindung zum Dorfkrug eiert.
Anspieltipps: The Unknown, A Night's Charm, Fat Zap, Yellow Dragon
- Redakteur:
- Frank Jaeger