SEVEN STEPS TO THE GREEN DOOR - The ? Book
Mehr über Seven Steps To The Green Door
- Genre:
- Alternative Progressive Rock
- ∅-Note:
- 10.00
- Label:
- Progressive Promotion Records
- Release:
- 11.11.2011
- Prologue (A Man And The Book)
- The Empty Room / The Realiziation
- The Crying Child (1st Nail)
- The Healing Wonder (2nd Nail)
- The Dividing Water (3rd Nail)
- The Last Supper (4th Nail)
- The Eternal Abstinence (5th Nail)
- The Deadly Crucifixion
- The Green Door
- Epilogue (A Bird And The Book)
Progsensation - nicht weniger!
Schwere Kost wird uns hier geboten mit dem neuen Album der deutschen Progger SEVEN STEPS TO THE GREEN DOOR, die mit einem Konzeptalbum mit dem Titel "The ? Book" an den Start gehen. Schwere Kost einmal natürlich wegen des textlichen Konzepts, in dem der Protagonist auf einer spirituellen Sinnsuche mit den Unzulänglichkeiten der etablierten Religion konfrontiert wird. Seine Schlüsse sind nachvollziehbar und in Anbetracht der kulturellen Selbstverständlichkeit, mit der dem allzu leicht als gegeben postulierten Dogma christlicher Lehren schon im Kindesalter unangemessen und fehlleitend Platz eingeräumt wird, ist auch die Sinnsuche logisch, was man in aller Deutlichkeit auch als Kritik an dieser gehirnwäscheartigen und an Kindesmisshandlung grenzenden Unterdrückung einer freien geistigen Entwicklung Heranwachsender interpretieren darf. Zumal in Anbetracht des Endes, das Marek Arnold und Thoralf Koss als Klimax ihrer Geschichte gewählt haben.
Dieses Grundgrüst musikalisch umzusetzen ist sicher ein schwieriges Unterfangen. SEVEN STEPS TO THE GREEN DOOR machen dabei das einzig Richtige: nicht nur versuchen sie, die Geschichte instrumental vielschichtig zu interpretieren, auch die Zuhilfenahme von mehreren Gastsängern leitet den Hörer durch die progressiven Kompositionen. Die Band interpretiert hierbei das Progressive als klassisch und man fühlt sich häufig an die Siebziger und Achziger erinnert, weniger an den Progressive Metal der neueren Zeit. Härte ist nicht dominierend, sondern Gefühl und Dramatik, pendelnd zwischen rockigen Passagen und instrumentalen Interludien. "The ? Book" kann zwar auch anders, sogar Death-Metal-Einflüsse dürfen in 'The Crying' durchschimmern, aber eigentlich muss die Bezeichnung dennoch eher Progressive Rock sein und nicht Metal.
Einzelne Stücke kann ich aus dem Album nicht herausgreifen, genau wie es sich für ein ordentliches Prog-Album gehört. Stattdessen sollte man eintauchen in die akustische Welt der SEVEN STEPS TO THE GREEN DOOR, sich verzaubern lassen, mit Hilfe der Texte nachvollziehen, wie die Geschichte ihren Lauf nimmt und sich mit dem musikalischen und lyrischen Konzept auseinandersetzen, reiben, zustimmen. Dann nämlich lässt "The ? Book" den Hörer eine wahre Achterbahnfahrt der Sounds und Emotionen erleben, wie es lange kein solches Album bewerkstelligen konnte. Dies ist mal wieder ein Prog-Album für den Kopfhörer, das ein Klanguniversum schafft, welches sich nicht beim ersten Hören offenbart sondern erarbeitet werden will. Klingt nicht so attraktiv? Für Prog-Liebhaber schon.
Wo sich nach dem ersten Hören noch eine gewisse Ratlosigkeit breitgemacht hatte, brachte die Auseinandersetzung mit dem Werk nach einiger Zeit den Juwel zu Tage, der eingebettet in Gestein erst entdeckt, dann geborgen und schlussendlich mit dem eigenen Verstand geschliffen werden musste. Lange hat mich kein Progwerk so nachhaltig und langfristig gepackt wie "The ? Book", und lange war auch kein Konzeptalbum so engagiert und bewusst kontrovers angelegt. Da, wo andere in den Weltraum oder in die Welt der Drachen flüchten, gehen SEVEN STEPS TO THE GREEN DOOR den steinigen Weg und bleiben im Hier und Jetzt. Das macht sie angreifbar. Aber das ist auch couragiert.
Wo soll man Kritik anbringen? Ist der gehauchte Gesang in 'The Eternal Abstinence' in dieser Form angemessen, wäre da nicht eine gewisse zusätzlich Melancholie, korrespondierend mit dem Saxophon, adäquater gewesen, um die Tragweite der implizierten Haltung zu verdeutlichen, oder hätte eher sogar ein kraftvollerer, Wut ausdrückender Gesang besser gepasst? Kann man Kritik üben an einem Album, das solche Gedanken erweckt? Nein, kann man nicht. Ich zumindest nicht. Das ist ein klarer Fall für die Höchstwertung für das Gesamtwerk. Und die Messelatte für 2012. Aber: hört auf die Band, die es im Track 'The Green Door – Looking For The Last Solution' so ausdrückt: "I have to unchain my mind!" Das gilt auch für den Hörer.
- Note:
- 10.00
- Redakteur:
- Frank Jaeger