SHADOW GALLERY - Room V
Mehr über Shadow Gallery
- Genre:
- Prog
- Label:
- Inside Out/SPV
- Release:
- 30.05.2005
- Manhunt
- Comfort Me
- The Andromeda Strain
- Vow
- Birth Of A Daughter
- Death Of A Mother
- Lamentia
- Seven Years
- Dark
- Torn
- The Archer Of Ben Salem
- Encrypted
- Room V
- Rain
Endlich, endlich, endlich. Nach vier langen Jahren des Wartens beglücken SHADOW GALLERY die eingefleischte Fangemeinde wieder mit einem neuen Album. "Room V" heißt das schmucke Stück Musik und ist nicht nur, wie bereits im Titel anklingt, das fünfte Studioalbum der Multitalente aus den US of A, sondern auch die direkte Fortsetzung der Konzeptstory, welche mit "Tyranny" ihren Anfang nahm. Über "Legacy", das Album zwischen diesen beiden Konzeptwerken, ist an dieser Stelle wenig zu sagen - außer, dass sowohl "Tyranny" als auch "Room V" in einer komplett anderen Liga spielen.
Nach einem opulenten Frickel-Intro, bei dem zum ersten Mal Querverweise zu DREAM THEATER auftauchen, welche uns im weiteren Albumverlauf noch des Öfteren über den Weg laufen werden, starten SHADOW GALLERY überraschend gemächlich mit 'Comfort Me' in das erzählerische Geschehen. Überraschend? Eigentlich nicht wirklich, ist der Song doch die direkte Fortsetzung von 'Christmas Day', welches "Tyranny" schmachtend-schön abschloss. Auch Laura Jaeger, die wir bereits bei 'Spoken Words' kennen und schätzen gelernt haben, ist natürlich wieder mit von der Partie. Muss sie auch, denn die beiden Hauptfiguren der Konzeptstory haben mittlerweile nicht nur über das Internet zueinander gefunden, sondern sind auch in ihrem richtigen Leben ein Liebespaar. Dennoch ist das Leben unter der 'New World Order' für die beiden nicht einfach, denn die Dame ist nebenbei noch Gentechnikerin und im Labor an einem hochbrisanten Projekt beschäftigt, bei dem es um biologische Kriegsführung geht. Um die mikrobiologischen Waffen zanken sich im weiteren Verlauf der äußerst spannenden Story der israelische Geheimdienst Mossad und natürlich etliche Special Forces der Amerikaner - Endzeitstimmung vorprogrammiert. Den weiteren Verlauf des dritten Aktes kann man alleine schon durch die Titel 'Birth Of A Daughter' und 'Death Of A Mother' erahnen, das tieftraurige 'Lamentia' beschließt eben diesen und leitet, stark angelehnt an 'Broken' auf "Tyranny", in den zunächst finalen vierten Akt über. Viel mehr sei an dieser Stelle nicht über den Plot verraten, nur so viel, dass wir hier sicherlich noch mit einer Fortsetzung rechnen können, auch wenn das Finale grande 'Rain' ein absolut würdiger Abschluss wäre.
So viel zum Inhaltlichen - wie sieht es mit der Musik aus?
Die ist zunächst einmal typisch SHADOW GALLERY. Auf über 76 Minuten bekommen Anhänger der Truppe all das geboten, was die Band so anbetenswert macht: Emotionen en masse, ohrschmeichelnde Melodiebögen, Mike Bakers unverwechselbaren, unheimlich vielschichtigen Gesang, abwechslungsreiche Instrumentalisierung, ausladende Instrumental-Parts und mehrstimmige Refrains zum Dahinschmelzen. Dennoch klingt die Schattengallerie im Jahre 2005 erstaunlich frisch, teilweise fast schon deutlich anders als bisher. So finden sich mit 'The Andromeda Strain', dem alles überragenden 'The Archer Of Ben Salem' oder dem Titeltrack die wohl "härtesten" SHADOW GALLERY-Songs ever auf dem Silberling. Auffallend ist auch, dass die Anzahl der Instrumentals ('Manhunt', 'Birth Of A Daughter', 'Death Of A Mother', '7 Years', 'Dark') recht hoch ist. Der aufmerksame Hörer wird dabei aber feststellen können, dass die Band auch ohne Gesang wunderbar die Geschichte erzählen kann. Desweiteren klingen Cadden-James und Co. auf ihrem fünften Album deutlich verspielter, frickeliger und technisch anspruchsvoller, als ich das bisher in Erinnerung hatte. Lecker. Da aber gerade die teils wirklich ausufernden Instrumentalparts oder die Instrumentals an sich niemals in belanglose Griffbrettwichserei ausarten, kann ich diesen Schritt nur begrüßen und versinke noch etwas tiefer in den von ihnen kreierten Klangwelten. Auffällig ist auch, dass es entweder flott prog-rockende Songs oder eher getragene, melancholisch-getragene Stücke auf die Lauscher gibt - ein Mittelweg zwischen beiden Ausprägungen scheint nicht vorhanden zu sein, was sich jedoch mit der Konzeptstory begründen lässt: "Room V" ist, wenn man denn so will, das "The Empire Strikes Back" der Geschichte, der zweite, düstere Teil, bei dem oftmals jegliche Hoffnung verloren scheint und nur ganz selten ein Lichtstrahl am musikalischen Horizont aufflackert. Diese beklemmende, packende und durchweg düstere Atmosphäre haben SHADOW GALLERY hier wirklich perfekt hinbekommen. Zu guter Letzt sei noch auf der Liste der Neuerungen erwähnt, dass mich die Band zum ersten Mal auf einem ihrer Alben Querverweise zu anderen Truppen ziehen lässt. Die DREAM THEATER-Anleihen wurden bereits erwähnt und tauchen besonders bei den flotteren Stücken in den Instrumentalpassagen immer mal wieder auf. Absichtlich, würde ich mal meinen. Aber auch die Arbeit von Gary Wehrkamp und Mike Baker mit AYREON scheint Spuren hinterlassen zu haben, was Bakers aggressiver Gesangsstil bei 'The Archer Of Ben Salem' oder Wehrkamps teils extrem FLOYDige Soli belegen.
Auch einen Hammond-Soundteppich hatte ich jetzt nicht unbedingt auf einem SHADOW GALLERY-Album erwartet (erneut der 'Archer').
Insgesamt gesehen, kann man aber nur zu dem Schluss kommen, dass der Sound der Truppe immens in die Breite gewachsen ist, noch vielschichtiger daherkommt, als das ohnehin schon auf den bisherigen, grandiosen Outputs der Fall war. Einen herrlich hymnischen Refrain wie bei 'Room V' oder den perfekt aufgezogenen Spannungsbogen bei 'The Archer Of Ben Salem' hätte ich im Vorfeld nicht von der Band erwartet und ziehe nun umso höher meinen Hut - alleine schon der letztgenannte Song ist eine absolute Meisterleistung, deren Anfangsmelodie mich die nächsten Monate noch stetig begleiten wird. Aber auch bei den ruhigeren Songs zeigen SHADOW GALLERY neue Facetten im Soundgewand auf, so kann das auf zerbrechlichen Flügeln getragene 'Torn' zum Ende hin mit einem dermaßen fesselnden Satzgesang aufwarten, dass man beim Erleben dieser Schönheit eigentlich nur noch sterben möchte, weil es besser gar nicht mehr werden kann. Hach!
Es ist verdammt schwer, eine Meisterleistung wie "Room V" in passende Worte zu fassen, denn nach monatelanger Dauerrotation ist die Scheibe immer noch einer meiner absoluten Favoriten in diesem Jahr, nutzt sich ganz und gar nicht ab und kann dennoch immer wieder mit kleinen Feinheiten überraschen, welche das Hörerlebnis nur noch schöner machen.
Ganz klar: absoluter Pflichtkauf für alle SHADOW GALLERY-Anhänger, und wer sich bisher noch nicht mit der Band beschäftigt hat, sollte hier - trotz der Tatsache, dass es sich bereits um den zweiten Teil der Konzeptstory handelt - einen guten Einstieg in den Sound der Band und das von ihr geschaffene Story-Universum schaffen. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass man sich eingehend mit diesem Gesamt-Epos beschäftigt.
Wer bisher noch nicht zugegriffen hat, sollte unbedingt die Special Edition im schicken Pappschuber einsacken, denn auf der Bonus-Scheiblette befinden sich neben einigen netten Zugaben, einem Drumsolo sowie einer Making-of-Doku noch ein knapp 25-minütiges PINK FLOYD-Medley, welches alleine schon das Geld für die komplette Scheibe wert ist. Wer noch in irgendeiner Art und Weise an der Klasse von SHADOW GALLERY zweifelt, sollte nach diesem Genuss eines Besseren belehrt sein. Wunderschön, grandios und fabelhaft.
Anspieltipps: The Andromeda Strain, Torn, The Archer Of Ben Salem, Room V
- Redakteur:
- Rouven Dorn