SHELTON / CHASTAIN - The Edge Of Sanity - 88 Demo Session
Mehr über Shelton / Chastain
- Genre:
- Epic Metal / US Metal
- ∅-Note:
- 9.00
- Label:
- Pure Steel Records
- Release:
- 26.10.2018
- The Edge Of Sanity
- Orpheus Descending
- Fields Of Sorrow
- Orpheus Descending (Extended)
Was für eine Überraschung!
Dass Mark Shelton verstorben ist, dürfte uns im Sommer alle geschockt haben. Als kurz danach Infos aufkamen, dass über Pure Steel ein paar alte Demo-Songs wiederveröffentlicht werden sollten, dachte sicher der eine oder andere an einen unwürdigen Umgang mit dem Vermächtnis von Mark.
Dem ist aber nicht so: MANILLA ROAD-Bassist Phil Ross stöberte schon vor dem Tod von Mark in den Archiven und stolperte über ein Tape, das Mark 1988 mit niemand geringerem als David T. Chastain aufgenommen hatte. Unter dem Titel "The Edge Of Sanity - 88 Demo Session" wird das Material dieser alten Freunde nun erstmals veröffentlicht. Geboten werden drei Songs, die weitestgehend unbekannt sein dürften ('The Edge Of Sanity' hat David mal mit seiner recht obskuren Truppe ZANISTER veröffentlicht). Und die, meine Freunde, haben es schon in sich.
Der eröffnende Titeltrack geht speedig nach vorne und erinnert stark an das "Out Of The Abyss"-Album, das wenig überraschend auch ins Jahr 1988 gehört und damals auf einem Label von, ja genau, keinem geringeren als David T. Chastain veröffentlicht wurde. Der Gesang von Mark ist unverkennbar (einzig Hellroadie klingt fast wie eine Kopie), und obwohl die Gitarrenlicks deutlich anders als bei MANILLA ROAD gewohnt klingen, kommt durch das Songwriting, den rohen Sound und den Gesang sofort ein MANILLA ROAD-Flair auf. David spielt aber natürlich Soli, die seine technische Klasse aufzeigen und für den Shelton-Kontext ungewohnt sind. Der Drumcomputer, der auf allen Songs erkennbar ist, stört zumindest mich nicht wirklich. Soundfetischisten, die auch bei JAG PANZER oder RIOT V am Rummeckern sind, sollten aber sicherheitshalber mal reinhören, ob sie sich mit dem Klang arrangieren können.
'Orpheus Descending' gibt es in zwei Fassungen auf dem nun veröffentlichten Tonträger (wahlweise CD oder Vinyl) - in einer "Kurzform" mit knapp zwölf Minuten, und einer "extended" Version mit über 21 Minuten. So hat man bei insgesamt vier Songs starke 42 Minuten Material. 'Orpheus Descending' sticht dabei deutlich heraus. Der Track wäre auch auf den großen MANILLA ROAD-Alben der mittleren Achtziger ein Highlight gewesen und fasziniert mit seinem epischen Aufbau, aber auch mit thrashigen Parts, die der Band von "The Deluge" an wichtig wurden. Auch die Solo-Arbeit begeistert hier wieder, aber vor allem laufen mir kalte Schauer den Rücken runter, wenn Mark in seiner unverkennbaren Art flüsternd vor sich hinsingt, so, als wären Zuhörer nie dafür gedacht gewesen. Die erste Version ist nach elf Minuten rum und so widme ich mich erst einmal dem dritten Song, bevor die Langvariante ansteht.
'Fields Of Sorrow' ist recht kurz (unter fünf Minuten) und begeistert wieder mit Gitarren, die doch deutlich mehr nach MANILLA ROAD als nach CHASTAIN klingen. David wird hier wohl kaum der absolute Chef im Studio gewesen sein. Außer bei den Soli höre ich seine Arbeit nicht allzu deutlich heraus und ich muss dazu sagen, dass ich eigentlich auch ganz gerne CHASTAIN-Alben höre, wobei die Band logischerweiße nie den gleichen Status wie MANILLA ROAD hatte. Der letzte Track ist etwas thrashiger und kommt logischerweiße schnell auf den Punkt. Für mich ist es zwar auch eine gute Nummer, aber von den drei Titeln die schwächste.
Dann kommt die Langversion von 'Orpheus Descending', die ich auch stark, aber nicht unbedingt besser als die Zwölf-Minuten-Variante finde. Der Song gewinnt an Länge, aber nicht dramatisch an Qualität, wobei das natürlich nach 10-15 Durchläufen vielleicht auch anders ausschaut.
Insgesamt bin ich sehr angenehm überrascht. Natürlich ist es von der Material eher eine EP mit 21-Minuten-Bonus-Song, aber die drei neuen Songs sind alle klasse, 'Orpheus Descends' gehört vielleicht zur Top-20 der Shelton-Historie. Alle Fans von Mark dürfen blind zugreifen, Chastain-Fans sollten lieber erst einmal ein Ohr riskieren, da sein Einfluss weniger prägnant ist. Ich werde das Scheibchen ordentlich abfeiern.
- Note:
- 9.00
- Redakteur:
- Jonathan Walzer