SHINING - Varg Utan Flock
Auch im Soundcheck: Soundcheck 12/2017
Mehr über Shining
- Genre:
- Black Metal
- ∅-Note:
- 9.00
- Label:
- Season Of Mist / Soulfood Music
- Release:
- 05.01.2018
- Svart Ostoppbar Eld
- Gyllene Portarnas Bro
- Jag Är Din Fiende
- Han Som Lurar Inom
- Tolvtusenfyrtioett
- Mot Aokigahara
Wieder ein pechschwarzer Seelenstrip der intensiven Art.
Gute zwanzig Jahre und nun zehn Alben lang lässt Kvarforth uns nun schon in steter Folge immer wieder in die tiefsten Abgründe seiner Seele blicken, und damit hat er sich natürlich nicht nur Freunde geschaffen. Sowohl in der breiten metallischen Öffentlichkeit als auch in der Black-Metal-Szene im engeren Sinne liefert der Schwede immer wieder einen Anlass zur Ablehnung; ist den einen die gerne mal blutige und stets selbstzerstörerische Inszenierung zu krass und provokativ, da empfinden die anderen SHINING als zu eitel, egozentrisch und selbstdarstellerisch. Nun, jedenfalls bleibt Kvarforth stets im Gespräch und sorgt für Diskussionsstoff, und das natürlich auch wieder mit der zehnten regulären Platte, die auf den schönen und programmatischen Namen "Varg Utan Flock" hört, und damit wird einmal mehr schon im Titel klar, dass es um des Frontmannes Seelenleben geht und um sonst nichts; um den Wolf, und nicht um das Rudel.
Kvarforths "X" besteht wie immer aus sechs Songs, und deren erster - 'Svart Ostoppbar Eld' - legt nach einem kurzen, auf Schwedisch gesprochenen Intro gleich sehr ungewohnt mit aggressiven Stakkatogitarren los, und auch hier fängt die musikalische Stimmung das Thema des Stückes sehr gut ein. Was erst unbezähmbar angriffslustig losprescht, fällt als bald in eine gewisse Stasis; gezupfte Gitarren und verhaltene Klänge sowie Kvarforths knurrendes Flüstern verhalten sich jedoch wie das musikalische Äquivalent zur ruhig aber doch bedrohlich knisternden und glimmenden Glut eines nicht verlöschen wollenden Feuers, immer wieder durchhallt von sich verzehrenden, schmerzhaften Schreien und sengenden Single-Notes der Leadgitarre. Ein feiner manisch-depressiver Auftakt also, dem sich mit 'Gyllene Portarnas Bro' ein etwas entspannteres, sphärischeres Stück anschließt, in welchem ruhiger, klarer, aber dennoch hadernder, und sich windender Gesang und Akustikgitarren eine tragende Rolle spielen, doch auch hier wieder flankiert von den für SHINING urtypischen Leadgitarrenelementen und kulminierend in einem rasenden schwarzmetallischen Finale.
Eine brachiale Black'n'Roll-Attacke droht mit 'Jag Är Din Fiende', das jedoch auch seine anmutigen Passagen aufbietet, insbesondere in Kvarforths gefühlvoller gesungenen Parts und natürlich im Gastsolo von KING DIAMONDs Gitarrenhexer Andy La Rocque. Wer sich nun fragt, wo bei SHINING der Black Metal abgeblieben ist, der bekommt die Antwort von 'Han Som Lurar Inom', denn das Stück hat durch seine insgesamt stark erhöhte Geschwindigkeit und einige flirrende Riffs noch am ehesten mit den Wurzeln der Band zu tun, wobei auch hier durch das phasenweise ungewöhnlich hart akzentuierte Schlagzeug und ein extrem gruftiges Bassbreak mit folgender Doompassage ein paar untypische Elemente aufgeboten werden. Dass an fünfter Stelle ein kurzes Pianoinstrumental steht, das Olli Ahvenlahti eingespielt hat, ist nicht überraschend, und das feine Zwischenspiel leitet sehr schön in das ebenso melodische wie melancholische, durchaus mystisch wirkende und dabei sehr progrockige Finale 'Mot Aokigahara' über, in dem es um einen japanischen Geisterwald geht, in dem sich alljährlich viele Suizidanten das Leben nehmen. Ob man die beklemmende Atmosphäre des Stückes nun als packend oder als aufgesetzt wahrnimmt, bleibt natürlich jedem selbst überlassen, doch bemerkenswert ist auf jeden Fall noch der tolle schwarzmetallische Ausbruch zu Beginn des letzten Fünftels des Songs.
Sicherlich, wer SHINING wegen der sehr depressiven Grundausrichtung noch nie mochte, wird auch mit dem neuen Werk seine Schwierigkeiten haben, doch auf der anderen Seite finde ich Kvarforths intensive, hochemotionale Gesangsdarbietung - gerade auch durch die schwedische Lyrik - immer wieder sehr packend, und diese ist auch dieses Mal absolut stimmig in das musikalische Schaffen eingebettet, so dass ich keinen Grund sehe, warum der treue SHINING-Fan hier nicht zugreifen sollte.
- Note:
- 9.00
- Redakteur:
- Rüdiger Stehle