SILVERY - BlackBox
Mehr über Silvery
- Genre:
- Dark Pop Experience
- Label:
- Dark Wings / SPV
- Release:
- 22.03.2004
- More Than A 1,000 Years
- Why Is It A Lie?
- Sequel
- Nightmare
- Paralyzed
- At Your Funeral
- Her Way Down
- Come Out
- When The Rain Falls
- Not Intact
- I Feel Rage
- Rotten
SILVERY spielen recht einfachen, düsteren Gitarrenrock, den sie mit bisweilen schneidenden, pathetisch unterkühlten Keyboardfäden versehenen.
Die eingängige Melodie von 'More Than A 1,000 Years' haben sie mit einer sinfonischen Produktion aufpoliert, die gut zur eleganten Stimme von Sängerin Rosa Unrau passt. Die elektronischen, orchestral anmutenden Klänge des Openers ziehen sich nahezu durch das gesamte Album.
'Why Is It A Lie' dringt noch bombastischer aus den Boxen, ertränkt sich aber leider selbst im ad nauseam abgenudelten Refrainloop. Das ist peinlich, zumal die Band den gleichen Fehler im zehnten Stück wiederholen wird.
'Sequel' ist weitaus besser gelungen: Ein treibender Electro-Rhythmus eröffnet das Stück, knackige Drums treten hinzu. Interessante Loops und rasselndes Riffing untermalen den kühl-romantischen Gesang. Rosas Stimme erinnert mich hier bereits geringfügig an die Geheimtipp-Legende (und diesen Status haben sie zu Recht) SHAKESPEARS SISTER, was sich im nächsten Stück noch fortsetzen wird. Freilich ist "BlackBox" zuvorderst ein Electro-Rock- und kein Pop-Album, aber eine gewisse distanzierte Romantik haben beide Acts durchaus gemeinsam.
Ähnlich spröde, unterkühlt und glashart kommt 'Nightmare' mit schleppend riffender Saitenarbeit und aufgereiztem Gesang daher. Die SISTER (ent)rückt hier noch ein Stück näher; und auch wenn Rosa stimmlich nicht ganz das Niveau einer Siobhan Fahey erreichen kann, so ist "nicht ganz" hierbei doch als großes Lob zu verstehen. Die Katzenhaftigkeit ist in den besten Momenten eindeutig da; aber wo Siobhan ihre kleinen, bitteren Sarkasmen ganz in lauernde Eleganz verpackt, singt Rosa offensiver, der zupackende Sprung zeichnet sich bei ihr bereits bedrohlich ab. Mein Lieblingsstück auf dieser Scheibe!
Es folgt ein echter Ohrwurm; melodisch betrachtet ganz klar Pop, in dieser Umsetzung aber mindestens genauso eindeutig dem Rock zuzuordnen - auch wenn 'Paralyzed' for all that I know ebensogut die Coverversion einer SHANIA TWAIN-Powerballade sein könnte.
Mit 'At Your Funeral' folgt ein nekrophiler Tanzbodenstampfer inklusive treibendem EBM-Rhythmus. Wie der Rest des Albums ist auch dieses Stück recht einfach gehalten, was ihm jedoch keineswegs schlecht zu Gesicht steht. In den Clubs ist es sicherlich ein Schweißtreiber.
Das von den Nerven zehrende 'Her Way Down' sickert ganz langsam aus den Lautsprechern und ist atmosphärisch irgendwo zwischen Morbidität und Hysterie anzusiedeln. Es fällt damit ein wenig aus der Rolle, was es auch zu einem Anspieltipp macht.
Wäre das Album hier zu Ende und damit eine EP, so würde ich von einem bemerkenswerten, viel versprechenden Debüt reden. Auch so wird die Platte sicherlich ihre Hörerschaft finden. Wenn meine Begeisterung sich in Grenzen hält, so liegt das schlicht und einfach am persönlichen Geschmack.
Denn ein Stück wie 'Come Out' zeigt durchaus noch einmal neue Facetten, andrerseits scheint die Band ihre Stilpalette damit aber auch schon erschöpfend präsentiert zu haben. Aber wer weiß? Vielleicht ist die Einheit des Albums ja auch so gewollt, und sie schlagen mit dem Nachfolger neue Pfade ein. Nicht, dass das falsch verstanden wird: Mit "BlackBox" kann die Band durchaus auf eigenen Füßen stehen. Bloß wäre mir ein zweites Album im gleichen Stil zuviel des Guten. Als Leseeindruck sollte dies eigentlich ausreichen.
Der Vollständigkeit halber, und um auch noch die kleinen Winkel in Sachen Abwechslung auszuleuchten, fahre ich trotzdem fort:
'When The Rain Falls' bringt elektronische Trance-Elemente in ein ruhigeres Stück ein.
Der unruhige Basslauf und der langsame, aber metallisch krachende Industrial-Rhythmus von 'Not Intact' können durchaus überzeugen, ebenso der gut dazu passende, geduckt klingende Gesang. Würde sich das Stück nicht allzu lange hinziehen, wäre es richtig gut. Als Beispiel für verschenktes Potenzial wird auch dieser Song in die Anspieltipps aufgenommen.
'I feel rage' ist eine romantische Ballade, die genauso gut "I feel rain" betitelt sein könnte, so angenehm melancholisch und atmosphärisch beruhigend nieselt dieses Stück vor sich hin. In einer getragenen Bridge verschwimmen männlicher Hintergrundgesang und langsame Gitarrentöne zu einem pastellenen Klanggemälde: Außergewöhnlich.
'Rotten' schließlich tanzt im mittleren Tempo noch einmal ordentlich dunkelromantisch ab; mit Dark-Wave-Rhythmik, elektronischen Effekten à la PLACEBO, verzerrtem Gesang und so.
In der Gesamtschau ergibt sich ein rund produziertes, abwechslungsreiches und durchdachtes Album, welches das Zeug mitbringen dürfte, für manche zur zeitweiligen Lieblingsscheibe zu werden. Ironischerweise muss ich SILVERY, deren eigenständiger, von der Band selbst als Dark Pop Experience bezeichneter Stil sich eigentlich gar nicht in eine bestimmte Kategorie drücken lässt, dennoch einen steinigen Weg prophezeien. Denn der ach so authentischen harten Szene wird dieser Sound vermutlich zu sehr poppig angehaucht, den modebewussten RASMUS-Fans jedoch zu kantig sein, zumal die unterschwellige Romantik auf "BlackBox" selten die Oberhand gewinnt.
Anspieltipps: Nightmare, At Your Funeral, Her Way Down, Not Intact
- Redakteur:
- Eike Schmitz