SINISTRO - Vértice
Auch im Soundcheck: Soundcheck 10/24
Mehr über Sinistro
- Genre:
- Sludge/Doom
- ∅-Note:
- 6.50
- Label:
- Alma Mater Records
- Release:
- 04.10.2024
- Amargura
- Elegia
- Pontas Soltas
- O Equivicado
- Perfeita Encenação
- Templo das Lágrimas
Spannender Doom mit portugiesischer Note, den der komprimierte Sound etwas ausbremst.
Gut zwölf Jahre nach der Bandgründung legen uns die portugiesischen Doomer SINISTRO ihr viertes Album "Vértice" vor, das erste reguläre Studioalbum mit der neuen Sängerin Priscila Da Costa, die im vergangenen Jahr zur Truppe stieß. Schon beim Auftakt mit 'Amargura' beantwortet sie die Frage ihrer Eignung für den Posten am Mikro recht eindrucksvoll, denn ihre klare, aber doch dunkle, klagende Stimme ist wie geschaffen für elegischen Doom, und genau das spielt die reformierte Band aus Lissabon, die eine wechselvolle Geschichte hinter sich hat, im Jahre 2024. Jedenfalls ließen sich die Kompositionen teilweise durchaus in dieses Genre einordnen, doch auf der anderen Seite, wenn man aufmerksam zuhört, ist festzuhalten, dass diese Beschreibung die Band doch ein wenig zu sehr reduzieren und in eine Schublade stecken würde.
Läuft nämlich das zweite Stück "Elegia", dann sind da zwar noch immer die wuchtigen, schweren Doom-Riffs, doch hier und da bricht auch rockiges Flair durch; eine fluffige, Leadgitarre übernimmt das Heft. Priscilas so gefühlvoller wie eindringlicher portugiesischer Gesang lässt erkennen, dass hier auch die traditionelle melancholische Musik Portugals, Fado genannt, ihre Spuren hinterlassen hat. All das bringt einen besonderen, eigenen Reiz mit sich, nicht weil Portugal ein exotisches Land für Doom Metal wäre, mitnichten, sondern weil diese speziellen Vibes in der Genreschublade noch nicht allzu häufig aufgefunden wurden. Das folgende 'Pontas Soltas' unterstreicht das nochmals mit einem besonderen Schwerpunkt auf dem Gesang, einem schönen, getragenen Rhythmus und fein gesetzten Breaks.
All das lässt sich sehr erfreulich an, und ich wäre wirklich gewillt, die Platte noch ein bisschen höher einzuordnen, doch eine Sache stört mich dann doch ein wenig, und zwar vom Fleck weg. Das Album hat einen sehr stark komprimierten Sound und ist sehr laut abgemischt. Das ist dort besonders auffällig, wo in den instrumental lauten Passagen das Hinzutreten von Priscilas Gesang den Mix vollends in den übersteuerten Bereich drückt. Sehr schade, denn gerade solch emotionale, elegische, gefühlsbetonte Musik gewönne durch mehr Dynamik nochmals deutlich, denn erst der Kontrast der doomigen Wucht zu den leisen Tönen bringt die Dramatik ins Spiel. Ein weiterer, jedoch weniger schwer ins Gewicht fallender Kritikpunkt ist, dass sowohl Tempo als auch Grundstimmung über die Spieldauer von fünfzig Minuten doch recht gleichförmig bleiben, und dass auch innerhalb der einzelnen Songs, die allesamt zwischen sieben und zehn Minuten Spielzeit auf die Waage bringen, etwas mehr hätte variiert werden können. Das ist für Doom indes nicht ungewöhnlich, und die oben positiv erwähnten Facetten, gleichen das wieder aus.
Letztlich bleibt aber doch ein kreativ ansprechender Ansatz auf der Habenseite zu verbuchen, eine tolle Gesangsleistung von Priscila, und die zu alledem wundervoll passende portugiesische Sprache. Beim nächsten Mal vielleicht noch etwas mehr Dynamik im Sound und Dramatik in der Struktur, dann wird die Zielgruppe nochmal ordentlich wachsen. Aber auch so hat es die Doom-Gemeinde schon mit einer spannenden Band und einem interessanten Album zu tun.
- Note:
- 6.50
- Redakteur:
- Rüdiger Stehle