SIOEN - A Potion
Mehr über Sioen
- Genre:
- Sioen
- Label:
- Universal Music
- Release:
- 18.05.2007
- A Potion
- What I Fail To Understand
- I Didn't Last
- Ready For Yoir Love (High)
- Suicidal Sunset
- I Need A Drug
- No Conspiracy At All
- Communicate
- A Melody
- She Likes It Better
- So Lonely
- I Play A Song For You
Nanü? SIOEN. Da hab ich doch schon eins im Schrank ... "Ease Your Mind" - ach ja, feine Platte, emotional dünnwandig arrangiert. Abwechslungsreich. Belgisch eben. Es ist nicht zu verleugnen, dass in unserem kleinen Nachbarland seit Jahren Musik regelrecht zelebriert wird, der all die eigentlich gängigen Rock- und Pop-Regularien nicht das Wasser reichen können. Sei es wie es ist. Das hohe Niveau wird durch das hohe Maß des Austauschs innerhalb der Musikerschaft oder einfach durch die relative "Größe" Belgien bedingt. Andere sagen, der übermächtige Jacques Brel hat mit seiner gelebten Musikphilosophie eine ganze Generation beeinflusst. Grenzen gibt's nicht und wenn, werden sie eingerissen. Andererseits durchlief so ziemlich jeder bekannte Musiker Belgiens eine klassische Musikbildung – ein Vorsprung sondergleichen. In Belgien kennt den hauptberuflichen Jugendeinrichtungsleiter Frederic Sioen auch jedes halbwegs normale Kind.
Das nunmehr dritte gerade erschienene Album "A Potion" von SIOEN schließt stilistisch an die beiden Vorgänger fließend an. Das Piano des Meisters höchstselbst führt durch das gesamte Album. Die getragenen und als durchlebt empfundenen Stücke umnebeln ein lockeres Gerüst, was durch Sioens Klavierspiel gestellt wird. Die drei Mitinstrumentalisten bereichern mit gekonntem Einsatz diese Gebilde, die sich zwischen Melancholie und lauerndem Energieausstoß bewegen. Fetzen der Hallgitarre PINK FLOYDs, ein Verzerrstück, gekonnt aus einem Brian Eno-Song gelöst, ein Bass aus SONIC YOUTHs Monumenten herausgekratzt. 'Suicidal Sunset' weiß in BOHREN UND DER CLUB OF GORE-Manier bedrohlich und stark verdunkelt das Gehör zu umschmeicheln.
Was erst das aufmerksame Inhalieren des Dutzends Fabelhaftigkeiten verrät, ist die melancholische Gründelei des Kollektivs. Da fabuliert der Gute 'I Need A Drug' – und meint das auch so. Der Song allein ist großartig disharmonisch und verstörend - wie eben ein richtiger Trip. Die Auskopplung 'No Conspiracy At All' hat wahrlich höchste Weihen verdient, wenn ihr irgendwann in Eurer Lebensmitte jammervolle schwarzweiße Ich-Blick-zurück-und-wo-ist-meine-Jugend-Kurzfilme drehen solltet, dann erinnert Euch an dieses Stück.
Erst nachdem man SIOENs keineswegs kauzige Musik so richtig an sich herangelassen hat, ist man in der Lage, daraus wirklich gehaltvolle Augenblicke zu schöpfen. Ich jedenfalls habe einen Kloß im Hals. Aber einen, der nicht weh tut. Und ich spreche ausnahmslos von der gesamten Platte. Schön schaurig. Nie peinlich.
- Redakteur:
- Mathias Freiesleben