SKID ROW - Skid Row
Mehr über Skid Row
- Genre:
- Sleaze Rock
- Label:
- Atlantic
- Release:
- 24.01.1989
- Big Guns
- Sweet Little Sister
- Can't Stand The Heartache
- Piece Of Me
- 18 And Life
- Rattlesnake Shake
- Youth Gone Wild
- Here I Am
- Makin' A Mess
- I Remember You
- Midnight/Tornado
Skid Row
= the rundown area of a city where alcoholics and vagrants congregate (wikipedia)
SKID ROW
... haben mit ihrem gleichnamigen Album aus dem Jahre 1989 einen Klassiker des Sleazerock erschaffen: Elf Stücke zwischen 2:48 und 5:10 Minuten, elfmal arschtretenden Rock, herzzerreißende Soli, coole Attitüde, Gossen-Stolz und Gossen-Schmerz; elfmal krachende Drums, zerrende Gitarren, extremer Gesang und drahtiger Bass mit Funk im Arsch.
Diese Scheibe voller Leidenschaft kann nur Spucke ins Gesicht aller Angeber- und Haarspraybands dieser Zeit gewesen sein. Dave Sabo (guitar), Rachel Bolan (bass), Sebastian Bach (vocals), Rob Affuso (drums) und Scott Hill (guitar) hatten einen enormen Drive, und Michael Wagener (Double Trouble Productions) verpasste ihrem Sound die einzig angemessene Produktion: Schwarz und Weiß, mit gellenden Höhen und durchschlagenden Bässen - hart wie eine Backsteinmauer, kalt wie nasser Asphalt, dreckig wie eine Ghettoseitenstraße - verdammt kompakt, ohne Platz für akustische Spielereien - abgewrackt und schmucklos. Für damalige Verhältnisse überdurchschnittlich tight, und auch heute noch bestechend scharf im Klang.
Wummernde Riffs und sleazige Licks eröffnen das erste Stück 'Big Guns', und Sebastian Bach gibt von Anfang an alles, mit der Stimme eines gebrannten, gefallenen Engels: melodisch, kehlig und kreischend zugleich, mit angespannter Lungenmuskulatur und brennenden Stimmbändern - »... and I went down in flames!«
Mit peitschengleich vorantreibenden Drums und metallischen Gitarrenklängen geht es auch gleich weiter. Wie so einige Stücke vom Debüt "Skid Row" handelt auch 'Sweet Little Sister' von einer »Mona Lisa with a new tattoo«. SKID ROW, das bedeutet schweißspritzenden Hardrock und Gossenlyrik: »She's got her hands in the cookie jar, smiling like an alligator. Makin' headlines in the back of her car, tight lipped now but sink ships later.«
Bluesige Bassriffs und splitternd aufgebrochene E-Gitarrenlicks bestimmen das mit einer einfachen Mitsingmelodie daherkommende 'Can't Stand The Heartache', einer Art Heavy-Metal-Reminiszenz an die RAMONES.
Schummrig duster der Bass: funky. Aus der Ferne rostrot heranheulend: Gitarrenschwaden im Neonlicht. Geladene Stimmung, latente Agressivität, Verbitterung und Geilheit dominieren 'Piece Of Me'.
»Sleazin' in the city, lookin' for a fight. Got my heels and lookin' pretty on a Saturday night night night ...« Die Herausforderung spricht nicht nur aus der Stimme; das Schlagzeug rammt sie unter die Haut. Dies ist genau die Art von Song, für die sich AC/DC schon immer zu fein waren.
'18 And Life' ist nicht weniger als eine Hardrocküberballade: Die Geschichte eines auf sich allein gestellten aber auch rücksichtslosen jungen Mannes mit einem Knochenjob, der sowohl der Trunksucht als auch einer fatalen Leidenschaft für Knarren verfällt und, als er schließlich wieder einmal in besoffenem Zustand um sich ballert, einem Kind den Schädel wegpustet. Von der traurigen, halbakustischen Gitarreneinleitung schleppt sich das Stück durch hinter steinerner Maske trist vor sich hin blutende Strophen, sehnsüchtige Refrains, gnadenlos unterkühlte Bridges voller metallisch verzinkten Bluesfeelings bis hin zum bitteren Ende, wo es dann schlussendlich in den Halbakustikgitarren vom Anfang ertrinken darf. BON JOVI haben so einen guten Songs meines Wissens noch nicht schreiben können, dennoch bewiesen sie Größe und nahmen SKID ROW damals mit auf Tour.
'Rattlesnake Shake' erinnert an einen anderen großen Tourkollegen der Band: POISON zu "Look What The Cat Dragged In"-Zeiten. Der Song kommt mit seinem harten Beat und den primitiven doch wirksamen Riffs recht spartanisch rüber, klingt dreckig, fies und funky. Einmal mehr geht es um leichte Mädchen.
'Youth Gone Wild' ist die obligatorische Mitgrölhymne: Spannungsreich dank verzögernder Hookline im dann schon stadiontauglichen Refrain, kaugummiziehendes Gitarrensolo im Mittelteil, durchweg THE-CLASH-artige Wuchtdrums. Sleaziger Gesang zu einem Bass, der unter der Hand ein paar Funk-Anleihen nimmt (die er selbstverständlicherweise nie zurückzuzahlen gedenkt ...), und ein wadenbeißendes Tempo machen den Song zu einem durch und durch bösen Ohrwurm.
Bouncend folgt darauf das minimalistische 'Here I Am' mit seinen fast schon Sprechgesang zu nennenden Vocals und einigen simplen Riffs, die ins Ohr schneiden wie eine rostige Klinge. Für meine Begriffe ist das etwas zu platt und auch mit Abstand der schwächste Song des Albums.
Das Pulver scheint verschossen. Auch 'Makin' A Mess' vermag mich nicht richtig zu überzeugen: Hektisches Tempo, zwar ein Ohrwurm, aber wenig Substanz. Dafür haben SKID ROW hier so richtig tief in den Sleazetopf gegriffen: Glitschige Gniedelgitarren, schmierige Bassline, Prolodrums und Dicke-Hose-Lyrics.
Mit 'I Remember You' folgt dann aber noch ein etwas besinnlicheres Highlight. Das einzige annähernd ruhige Stück des Albums verbreitet trotz harter Gitarren und griffigen Drummings bei mir fast jedes Mal Küstenstimmung - rauh und böig zwar, zugleich aber doch irgendwie frisch, seelenöffnend und befreiend; eindringlich, sehnsüchtig, ehrlich, beständig, und nur zur Krönung noch mit einem gehörigen Schuss Pathos versehen - so und nicht anders hat eine Hardrockballade zu klingen.
'Midnight/Tornado' ist eine Mittelklasse-Hardrock-Lederjacke im JUDAS PRIEST-Stil, die mit einigen punkigen Glamrock-Nieten versehen wurde. Das Stück beendet die Scheibe mit einem kurzen heavy outro.
Repräsentative Anspieltipps: Big Guns, Can't Stand The Heartache, 18 And Life, Here I Am
- Redakteur:
- Eike Schmitz