SKORAYA POMOSHT - Svoimi Rukami
Mehr über Skoraya Pomosht
- Genre:
- Heavy Metal
- Label:
- Metalism Records
- Vremy Prozretn
- Padshie Angel
- Poslednie Shans
- Shag Na Eshafot
- Moy Dusha
- Izverzhenie
- Plamy Tneva
- Sosed
- Zhiv Ili Net (Sosed 2)
- Izgonte Besa
- Rock 'n' Roll Staier
- Bzytn Zhibnim
<p>Die Gezeiten treiben totgeglaubte Sounds aus der musikalischen Zwischenzeit an unsere metallischen Strände. Aber die Zeit geht auch in Russland weiter – es ist ein Re-release!</p>
Bevor wir uns mit der Musik beschäftigen, müssen wir bei dieser CD schon die erste Hürde nehmen: Das Cover ist ja ein ganz besonders hässliches Stück. Da die Band übersetzt "Erste Hilfe" heißt und der Albumtitel "Mit den Händen" soll das wohl die optische Umsetzung beider Begriffe sein, ist aber dann doch eher der berühmte Griff ins Klo.
Na ja, aber das wäre ja nicht das erste Mal, dass sich hinter einem furchtbaren Cover eine echte Perle verbirgt. Also, mal schnell die CD umgedreht. Oh, ein Bandfoto. Ebenfalls von ausgesuchter Grauenhaftigkeit. Ein Grauschleier liegt über dem Bild, als wollte man die damaligen realsozialistischen Umstände wiedergeben. Jeder, der früher das DDR-Fernsehen empfangen konnte, weiß was ich meine. Ich sag nur SECAM. Da war schwarz/weiß schöner. Entsprechend sehen auch die Musiker aus – der direkt nach der Geburt entführte Zwillingsschnauzer von Derek Smalls im Vordergrund führt zu einem sofortigen Star in beliebiger Farbe, während hinter der CD auf einem anderen Foto im Hintergrund eine Frisur verdächtig in Richtung O.J. Simpson’s "Nackte Kanone"-Autritt tendiert.
Puh, harter Tobak. Wollen wir mal ins Booklet schauen? Wirklich? Na gut, aber ganz vorsichtig... so... jetzt... gleich.... Aaaaaaaah! Eine Schülerband, wahlweise in Omas selbstgestricktem Pollunder oder Leopardenhose, die alle zusammen einen "bad hair day" haben. Meine Augen!
Okay, die Aufnahmen gehen zurück ins Jahr 1989, da sahen hier auch einige Gestalten aus als hätte George A. Romero an ihnen rumgedocktert. Also nichts wie weg mit dem Papierkram und die CD reingeschmissen. Mir schwant Fürchterliches... Doch zum Glück kommt es nicht ganz so dick.
Tatsächlich passen die fünf Russen gut in die Zeit Ende der Achziger, zumindest im Ostblock, da war sicherlich die Entwicklung etwas langsamer in Sachen Metal, weil der Eiserne Vorhang nicht allzu durchlässig war und die beiden T-Shirts von SLAYER und Jack Daniels bestimmt der ganze Stolz der Musiker waren. Deswegen müssen wir musikalisch noch ein wenig tiefer in die Mottenkiste greifen und gehen zurück bis Anfang der Achziger. Tatsächlich, da passt SKORAYA POMOSHT genau rein! Auch soundmäßig, daher eine Warnung an alle Klangfetischisten: Das Ding hier kann nur mit mehreren Stunden RUSH auf dem Kopfhörer aufgewogen werden.
Gleich der erste Song klingt nach leicht gelangweilten ACCEPT, und aus dem zweiten Track kann man schließen, dass eine frühe JUDAS PRIEST ihren Weg über dunkle Tapetrader-Kanäle bis vor den Ural gefunden hat. Der typische europäische Hard Rock/Metal von 1980 bis 1982 findet sich auf "Svoimi Rukami" wieder, sei es oben genannte Bands oder die New Wave of British Heavy Metal im Instrumentalstück (Nummer 6 – Namen gehen nicht, ist alles kyrillisch), eine typische Powerballade von epischer (Über)-Länge bis hin zu AC/DC, die sich mit SAXON im letzten Song des regulären Albums treffen, um ein kompositorisches Abfallprodukt mühsam zu einem gerade noch erträglichen Lied zu machen.
Der Re-release wurde noch mit vier Bonustracks aufgewertet, wobei die ersten beiden zu den Highlights des Albums gehören. In einem trifft der Newcastle-Sound auf L.A. Glam, und der zweite ist eine Neuauflage der AC/DC-SAXON Connection, aber mit besserem Ergebnis. Auch der Sound ist etwas besser, offensichtlich wurden die Songs später aufgenommen. Die beiden anderen dagegen stammen aus der Zeit vor diesem Album und haben einen fürchterlichen Garagen-Sound, also ganz authentisch NWoBHM-Zeit. Die hätten genau so auch auf Ebony-Records erscheinen können. Leider sind beide Songs nicht so toll.
Für den russischen Markt mag dieses Album eine lang verschollene und heiß geliebte Perle sein. Wenn man allerdings aus der Distanz von mehreren Tausend Kilometern weiter westlich und 20 Jahren die Aufnahmen bewertet, ist der Lack schnell ab und zum Vorschein kommt ein stark in die Jahre gekommenes zeitgeschichtliches Dokument, das für Sammler möglicherweise interessant sein kann, aber seine musikalische Daseinsberechtigung viele Jahre hinter sich gelassen hat. Trotzdem ein Teil, dass man wegen vier Songs mitnehmen kann, wenn man es günstig findet. Ich jedenfalls gucke mir jetzt noch mal die Bandfotos an.... Hi hi... guck mal, da... der hat auch noch ein Tiger-Hemd zur Leo-Hose... und Basketballstiefel... ein Leo-Tuch um das Handgelenk, da wird die Olga rollig... wenn Mama sieht, dass du den Ärmel deines Shits zerrissen hast... Stacheldraht als Bühnenabsperrung? Ihr seid ja doch Metal...
Anspieltipps: Titel 4, 7, 9 und 10. Wie immer die heißen.
- Redakteur:
- Frank Jaeger