SOBER TRUTH - Laissez Faire, Lucifer!
Mehr über Sober Truth
- Genre:
- Metal
- ∅-Note:
- 9.00
- Label:
- A Chance For Metal Records
- Release:
- 10.09.2021
- Début Diable
- Distinctive
- Dizygotic Twins
- Imperfection
- Entre Les Chansons I
- DNA
- Planted Brains
- Rebirth
- Hope, Enjoy & Death
- Entre Les Chansons II
Wunderbare Entwicklung!
Ich finde es immer wieder schön, die Entwicklung einer Band von der Pike auf mitzuverfolgen. 2011 nahm ich zum ersten Mal Kenntnis von einer Formation namens SOBER TRUTH, die ihr "Outta Hell"-Album wiederveröffentlichte und mir mit ihrer recht spannenden Mischung aus Thrash, Groove, Progressive Rock und Metal ein Lächeln auf die Lippen zauberte. Und auch die letzten Alben "Locust Lunatic Asylum" und vor allem "Psychosis" ließen sich partout in keine Schublade stecken, beherbergten tolle Ideen, gekonnte Blicke über den Tellerrand hinaus und hielten selbst nach Wochen noch Momente der Überraschung bereit. Und Schritt für Schritt entwickelten sich die Siegburger weiter – ein großer Wiedererkennungswert, das Händchen für das Besondere und Musik mit Nachwirkung, die aber auch vom ersten Ton an wie ein Güterzug durch die Ohrmuscheln brettert. Ich hatte hohe Erwartungen an "Laissez Faire, Lucifer!", SOBER TRUTHs neuester Rundumanschlag.
Eine 50-minütige Fahrt durch die menschliche Psyche, durch die Abgründe des Inneren, in jeden noch so kaputten und verwobenen Winkel – 'Début Diable' eröffnet die Reise recht authentisch, finster und fast schon bedrohlich. So startet 'Laissez Faire, Lucifer!', ehe mit 'Distinctive' das erste Gewitter losgeht. Und damit das erste Ausrufezeichen, denn durch leichte Verzerrungen, den kräftigen Industrial-Einschlag und einer sehr intensiven Aura könnte der Rundling nicht besser beginnen. Mit 'Dizygotic Twins' folgt dann nach ruhigem Beginn in Form deutschsprachiger Lyrics eine faustdicke Überraschung, die aufhorchen lässt und dem Wahnsinn die Krone aufsetzt.
Habe ich diesen düsteren Paradestart erwartet? Nein! Bin ich trotzdem begeistert? Na, und ob! Denn wenn SOBER TRUTH etwas am besten kann, dann sind es Überraschungen, die wie kleine Blitzeinschläge meinen musikalischen Nährboden erreichen. So könnte man über sämtliche Songs einzelne Rezensionen verfassen, so facetten- und abenteuerreich ist das dunkle Dutzend geworden. Ob wir uns nun hundsgemeine Groover ('Limbus'), das allseits beliebte Drücken aufs Gaspedal ('Rebirth', ein recht heftiges Stück) oder die Kerne verdrehter Psyche ('Imperfection', 'Hope, Enjoy & Death') herauspicken, ist egal, denn beim Gros der Songs sagen intonierte Bilder weitaus mehr als tausend Worte. Passend dazu ein Artwork, das man – so simpel es auch gehalten wurde – gegen die Stirn drücken möchte, um so noch tiefer in 'Laissez Faire, Lucifer!' einzutauchen.
Drei Songs, die es mir am meisten angetan haben, möchte ich dennoch gesondert erwähnen: 'Entre Les Chansons I' lässt die Frühphasen der Band aufblitzen und zeigt uns in einem Song fast sämtliche Facetten SOBER TRUTHs, wohingegen es 'DNA' trotz vermehrter Vertracktheit auf dem Album aufgrund des Refrains gleich beim ersten Anlauf als Ohrwurm in die Gehörwände schafft und 'Planted Brains' gut und gerne als Schnittmenge des gesamten Albums genommen werden kann. Also dreht und wendet es, wie ihr wollt, aber SOBER TRUTH ist mehr als nur ein Geheimtipp, sondern hat sich binnen zehn Jährchen in eine der interessantesten, facettenreichsten und im Groove-Thrash-Sektor komplexesten Bands entwickelt, die ich kennenlernen durfte. Das Album wächst von Mal zu Mal, darum lasse ich zu diesem Zeitpunkt bei der Bewertung noch einen Rest Luft nach oben. Ein bisschen Steigerungspotential möchte ich den Siegburgern nicht verwehren. Und ich bin mir sicher: Ich werde auch künftig nicht enttäuscht!
- Note:
- 9.00
- Redakteur:
- Marcel Rapp