SOILWORK - A Whisp Of The Atlantic
Mehr über Soilwork
- Genre:
- Melodic Death Metal
- ∅-Note:
- 10.00
- Label:
- Nuclear Blast
- Release:
- 04.12.2020
- A Whisp Of The Atlantic
- The Nothingness And The Devil
- Feverish
- Desperado
- Death Diviner
Melodic-tödliche Speerspitze
Seit einigen Jahren ist es ja kein Side-Projekt sondern eine eigenständige, immens tolle Band, aber wohl ist THE NIGHT FLIGHT ORCHESTRA dafür verantwortlich, dass mir SOILWORK musikalisch wieder unheimlich gefällt. Jahrelang habe ich Björn Strid aus den Augen und Ohren verloren, doch im Zuge der "Skyline Whispers"-Veröffentlichung gab ich auch "The Ride Majestic" anschließend eine Chance und der Knoten war geplatzt. Nicht nur die 2015er Platte sondern vor allem "Verkligheten" liefen rauf und runter. Der harsche, melodische Death Metal traf auf die Catchiness, die Leichtigkeit und die locker flockige Herangehensweise, im Vorbeigehen Hits für die Ewigkeit zu schreiben, und vor dieser explosiv guten Mixtur kann ich nur den Hut ziehen. Vor wenigen Monaten schließlich teaserte die Helsingborg-Maschine dann 'The Nothingless And The Devil' an, ich war hin und weg und automatisch war das Verlangen ob der Größe kaum in Worte zu fassen, dass besagter Track mit weiteren Songs endlich veröffentlicht wird.
Man kann es drehen und wenden, wie man will, aber "A Whisp Of The Atlantic" ist die beste Melodic-Death-Metal-Veröffentlichung, die mir in diesem Jahr in die Finger fiel. Und ein Blick hinter die Kulisse beweist, dass in diesen fast 37 Minuten mehr steckt als bei einer gewöhnlichen 08/15-EP. Allein das Titelstück ist ein 16-einhalb-minütiges, progressives Melo-Death-Monster, ein kleines Epos, das sich langsam aber mächtig aufbaut, stellenweise mit sehr viel Gewalt und Vehemenz das Holz kleinkloppt, sich zwischenzeitlich zwar auch wohlklingende Ruhephasen gönnt, nur um dann anschließend mit noch mehr Nachdruck uns eindrucksvoll demonstriert, wo der Todesbleifrosch die Locken hat. Mid- und Up-Tempo wechseln sich hervorragend ab, der Sound ist mundig und es wird zu keiner Sekunde langweilig. Versprochen!
Qualitativ hochkarätig, jedoch mit einer geringeren Spielzeit geht es weiter. Der Keyboard-Beginn lässt aufhorchen, das verzerrte Riff setzt ein, Björn spuckt erst Gift und Galle, nur um sich anschließend in einen Jahrhundert-Refrain zu singen, der unter die Haut geht, auffängt, wenn man den Mut aufbringt, sich fallenzulassen, von der ersten bis zur letzten Sekunde berührt. Um Himmels Willen, hätte ich doch nicht erwartet, dass 'Feverish' dem unbezwingbaren EP-Anfangsdämon die Stirn bieten kann.
Man möchte SOILWORK schon beinah anflehen, folgend qualitativ etwas runterzufahren, da einen diese akustischen Eindrücke, dieser Bombast und diese Perfektion in Sachen Melodic Death Metal schon fast erschlagen könnte. Doch weit gefehlt, denn das sehr forsche und offensivstarke 'Desperado' drückt zwar deutlicher aufs Gaspedal, hat aber in puncto Catchiness einen nicht minder genialen Refrain zu bieten und macht nach rund fünf Minuten die Bühne frei für 'Death Diviner': Ein tanzbarer (!) Groover im mittleren Tempo, der aufgrund des vorherrschenden Klargesangs noch deutlicher zu Speeds AOR-Nebenspielplatz tendiert, zur Gesamtausrichtung der EP aber passt wie die Faust aufs Auge.
Und dann kommt das bereits angesprochene 'The Nothingless And The Devil' als Grande Finale dieser durch und durch superben EP. Dieser metallische Rocker, irgendwo zwischen THE NIGHT FLIGHT ORCHESTRA-Leichtfüßigkeit und der ARCH ENEMY-Gewalt umherwütend, ist schlichtweg der Süchtigmacher, der uns bewegt, die EP stets von Neuem anfangen zu wollen.
Kaum zu glauben, aber "A Whisp Of The Atlantic" lässt selbst "Moment", "Of Truth And Sacrifice" und "A Makeshift Conqueror" scheinbar mühelos hinter sich und man kann sich selbst nach dem fünften, sechsten Durchgang an dieser EP nicht satthören. Obwohl das Jahr 2020 ein recht gutes im Hinblick auf den Melodic Death war, greift SOILWORK hiermit nach den Sternen, erklimmt den Thron und hat das Kunstwerk geschafft, selbst den genialen Albumvorgänger noch einmal zu übertrumpfen. Wenn euch und mich das schon ins Staunen versetzt, dann schaut, in welcher Regelmäßigkeit der gute Speed sowohl mit SOILWORK als auch THE NIGHT FLIGHT ORCHESTRA auf Achse, im Studio oder im Songwriting-Prozess für die nächsten Gassenhauer ist. Einfach Wahnsinn, was auch für die vorliegende EP gilt.
- Note:
- 10.00
- Redakteur:
- Marcel Rapp